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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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werde gegen Saladin kämpfen, wenn es Gottes Wille ist, aber ich werde keinesfalls an einem weiteren dermaßen unüberlegten Unternehmen teilnehmen.«
    Ehe de Ridefort zu einer Antwort ansetzen konnte griff d’Ibelin ein. »Wie Ihr meint. Dann kommt jetzt mit uns nach Akkon, wo Euer König wartet und wir alle Eure Rückkehr begrüßen werden.«
    De Ridefort und sein einstiger Gönner fochten ein kurzes, erbittertes Blickduell aus, dann nickte Tripolis steif, und die Edelleute von Outremer erhoben sich und verließen die Halle.
     Anfang Juni begann sich Guys Armee in der Oasenstadt Saffuriyya zu versammeln. Hier gab es ausreichend Wasser und Weideland, und Saladins Armee lagerte ganz in der Nähe. Doch trotz des Erfolges des Heerbanns und der Verstärkung durch Tripolis’ Truppen waren die Sarazenen den Christen zahlenmäßig noch immer weit überlegen. Während die Barone verzweifelt nach einer Lösung für dieses Problem suchten, tat de Ridefort etwas, was nach Ansicht seiner Anhänger schon längst überfällig gewesen war und was seine Gegner als einen weiteren Versuch werteten, sich vom Verdacht des Verrats  reinzuwaschen, der ihm seit seiner Flucht vom Schlachtfeld von Cresson anhaftete. Er beschlagnahmte eine große Geldsumme, die den Templern und Hospitalitern vor einigen Jahren von König Henry II. von England als Buße für seinen Mord an Thomas Beckett übergeben worden war. Das Geld hatte in den Schatztruhen der Orden aufbewahrt werden sollen, bis sich der König als zweiter Teil seiner Buße zu einer Pilgerfahrt in das Heilige Land aufmachte. De Ridefort gab einen großen Teil davon aus, um Söldner anzuheuern und sie einzukleiden - sinnigerweise in den Farben Englands.
    »Wird er nicht merken, dass das Geld fehlt?«, fragte Guy de Ridefort besorgt, nachdem dieser ihm eröffnet hatte, was er getan hatte.
    »Nur wenn er herkommt und danach sucht«, erwiderte de Ridefort trocken. »Und das ist angesichts der Antwort, die er dem Patriarchen’84 gegeben hat, äußerst unwahrscheinlich.«
    De Ridefort bezog sich auf den gescheiterten Versuch von Heraclius, des Moulins und seines eigenen Vorgängers Arnold de Toroga, die Monarchen Europas dazu zu bewegen, sich auf einen neuerlichen Kreuzzug in das Heilige Land zu begeben. Alle, auch Henry von England, hatten sich geweigert. Guy nickte, obwohl er kaum wusste, wovon de Ridefort sprach und eine noch weit unklarere Vorstellung davon hatte, worauf er sich soeben eingelassen hatte. Wie immer war er es zufrieden, die Last auf andere Schultern abwälzen zu können.
    In der Zwischenzeit verfolgte Saladin die Kriegsvorbereitungen seiner eigenen Armee mit weitaus größerem Interesse. Er wusste, dass er den Franken zahlenmäßig überlegen war, auch wenn er sich noch einen genaueren Überblick über das tatsächliche Kräfteverhältnis verschaffen musste. Ständig trafen neue muttawiyah ein; vor einigen Wochen war die Tiberias-Truppe zurückgekehrt, und am Vortag war Taqi ad-Din zu ihnen gestoßen, nachdem er noch schnell eine Waffenruhe mit Antiochia ausgehandelt hatte. Über diese jüngste Verstärkung freute sich Saladin besonders, denn Taqi ad-Din war das Musterbeispiel eines muslimischen Kriegers - furchtlos, kampferprobt und mit ausgezeichneten Umgangsformen - und seine disziplinierten, erstklassig ausgebildeten Soldaten bildeten den Maßstab, an dem sich alle anderen Männer messen lassen mussten.
    Aber es bestand auch Grund zur Sorge. Die Veränderung, die mit seinem Sohn Salim vor sich gegangen war, beunruhigte den Sultan, denn seit ihrer Zeit im Süden hatte er begonnen, sich unbewusst mehr und mehr auf den Jungen zu verlassen, und nun fehlte ihm diese Stütze. Außerdem war Numair al-Hassani mit seiner Abteilung noch nicht aus Tiberias zurückgekehrt, und mit der Intuition jahrelanger Herrschaft in einem von Krieg zerrütteten Land witterte Saladin hier sofort einen Zusammenhang. Aber da ihn so viele dringendere Probleme in Anspruch nahmen, fand er nicht die Zeit und Ruhe, um der Sache nachzugehen.
    Und dann hörte er in einer windigen Nacht Mitte Juni eine Stimme vor seinem Zelt, die mit seinem Leibwächter sprach. Einen Moment später betrat der Beduinenjunge das Zelt, entbot dem Sultan seinen Gruß und verneigte sich vor ihm. Trotz des Dämmerlichts schimmerten seine Augen noch blauer als sonst, und erst als er auf die Knie sank, sah Saladin, dass Tränen darin glänzten.
    »Bitte, Herr …« Bilal sah flehentlich zu ihm auf. »Es gibt da etwas, was ich

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