Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!
integriert werden. Und nicht nur das: Das erste Tor in jeder Halbzeit zählt nur, wenn es von einem Mädchen erzielt wird. Jede Nacht fallen in dieser Zeit in Medellín ein Dutzend Menschen Verbrechen zum Opfer. Ständig bewachen den Untergeneralsekretär der UNO sieben bis acht Polizisten. Zwei Jahre später spricht der Bürgermeister von Medellín Adolf Ogi in Davos beim WEF auf das Projekt an: Dank ihm sei es in der Stadt ruhiger geworden.
Der «Special Envoy» macht im Hintergrund aktiv Kricket-Diplomatie, in Anlehnung an die Ping-Pong-Diplomatie Anfang der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts. Damals bricht die amerikanische Tischtennis-Mannschaft während eines Besuchs bei Chinas Ministerpräsident Zhou Enlai das diplomatische Eis – mitten im Vietnamkrieg.
Adolf Ogi hilft, 2005 die indische Kricket-Nationalmannschaft nach Pakistan zu bringen. Auf der Ehrentribüne sitzen während des historischen Länderspiels zwischen Indien und Pakistan die Präsidenten der beiden verfeindeten Atommächte nebeneinander: Manmohan Singh und Pervez Musharraf. Kofi Annan nimmt seinen «Special Envoy» beim WEF 2006 in Davos mit zu einem Gespräch mit dem pakistanischen Präsidenten. Musharaff bedankt sich bei Ogi ausdrücklich für die erfolgreiche Kricket-Diplomatie: «Herzlichen Dank für das, was Sie getan haben! Es hat etwas ausgelöst und in Bewegung gebracht.»
Ende Februar/Anfang März 2007 organisiert der «Special Envoy» im afrikanischen Staat Liberia «Play for Peace». Einst verfeindete Kindersoldaten spielen Fussball miteinander. Adolf Ogi hält in seiner Bilanz der Reise fest:
«Die traumatisierten Kinder und Jugendlichen: Eine ganze Generation scheint verloren! Ohne Schulbildung, ohne Hoffnung, im Krieg aufgewachsen, als Kindersoldaten missbraucht, prostituiert, vergewaltigt, geschlagen, ihrer Kindheit und Jugend beraubt!»
Das Internationale Olympische Komitee spendet Bälle, Tore und Trikots. Blauhelme der UNO-Friedensmission in Liberia sorgen für die Sicherheit des Turniers. Die liberianische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf macht den Kick-off. Das Bild geht um die Welt. Die energische Dame hat die Zügel nach zehn Jahren Bürgerkrieg energisch in die Hände genommen. Die Integration der traumatisierten Kindersoldaten in die Nachkriegs-Gesellschaft des geschundenen Landes ist eines ihrer wichtigsten Anliegen.
2011 erhält die vierfache Mutter und achtfache Grossmutter den Friedensnobelpreis, zusammen mit zwei anderen starken Frauen, ihrer Landsfrau Leymah Roberta Gbowee und der jemenitischen Bürgerrechtlerin Tawakkul Karman.
Im Anhang zu Ogis jährlichen Rechenschaftsberichten an den UNO-Generalsekretär ist jeweils auch minutiös die Reisetätigkeit dokumentiert. Die Einträge lesen sich wie Logbücher eines Langstreckenpiloten. Auszüge aus dem Rechenschaftsbericht von 2007, dem letzten Amtsjahr Ogis als Untergeneralsekretär:
Ohne Schulbildung, ohne Hoffnung, als Kindersoldaten missbraucht, prostituiert, geschlagen, ihrer Kindheit und Jugend beraubt.
28. Februar–3. März: Monrovia, Liberia, Start der Aktion «Sport and Peace»
26.–28. April: Peking, China, Rede in der Generalversammlung der Internationalen Sportverbände (General Association of International Sports Federations/GAISF)
16.–17. Mai: New York, USA, Treffen der «Group of Friends on Sport for Development and Peace»
30. Juni: Bochum, Deutschland. Internationale Konferenz «Herausforderung Zukunft», Teilnahme an Roundtable-Gespräch
2.–4. September: Sharm El Sheikh, Ägypten, Internationales Jugendforum, Keynote-Speech, Hauptredner
2.–4. Oktober: Shanghai, China, Special Olympics, Sommerspiele, Meetings mit Staatspräsident Hu Jintao und Aussenminister Yang Jiechi
25.–27. Oktober: Peking, China, 7. Weltkonferenz für Sport und Umwelt, Eröffnungsrede
30. Oktober–1. November: New York, USA, 62. Generalversammlung, Traktandum 45, «Sport for Peace and Development»
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem «Annual Report to the United Nations Secretary-General 2007» by Mr. Adolf Ogi.
Besonders in Erinnerung bleibt das Jahr 2005, das UNO-Jahr des Sports. Der «Special Envoy» treibt es voran und proklamiert es. Es muss natürlich ein besonderes Jahr des Sports und der Sporterziehung werden. Ogi will es zusammen mit dem weltweit bekanntesten Schweizer Sportler einläuten, mit dem Tennisstar Roger Federer. Ende Oktober 2004 reift die Idee. Für die Swiss Indoors in Basel muss Federer verletzungsbedingt
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