Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!
spät Kommenden stehen dicht gedrängt im Eingangsbereich. Selten hat man das Berner Münster voller gesehen.
«Es ist immer ein Schock, wenn ein Mensch stirbt, besonders wenn es ein junger ist», sagt Kofi Annan später in seinem Genfer Büro, «normalerweise gehen Eltern aber davon aus, dass ihre Kinder sie beerdigen, nicht umgekehrt.» Mathias´ früher Tod erinnere ihn an eine Tradition in seiner afrikanischen Heimat: «Man trauert dort einzig um den Tod von jungen Menschen, den Tod von älteren Menschen hingegen feiert man und dankt Gott dafür, dass er ihnen ein volles Leben geschenkt hat. Bei jedem, der mit über 70 Jahren stirbt, wird gefeiert. Nur bei jungen Menschen wird getrauert, dass sie nicht die Gelegenheit eines vollen Lebens hatten.»
Weise Worte. Es ist wohl kein Zufall, dass sich Kofi Annan und Adolf Ogi so gut verstehen. Beide haben tiefe Wurzeln, Kofi Annan in der Gartenlandschaft von Kumasi in Ghana, Adolf Ogi in den Kandersteger Bergen der Schweiz.
Beruflich hatte Mathias Ogi eine grosse Zukunft vor sich. Zu Beginn des Jahres 2007 tritt er nach einem Post-Graduate-Studium in London als Fürsprecher in den Rechtsdienst der Swiss Life Gruppe am Hauptsitz in Zürich ein. Kein Geringerer als der damalige operative Leiter und heutige Verwaltungsratspräsident des Versicherungsgrosskonzerns, Rolf Dörig, sagt auch heute noch: «Mathias Ogi hat aufgrund seiner hervorragenden Ausbildung und seiner sprachlichen Fähigkeiten sofort in verschiedenen länderübergreifenden Projekten mitgewirkt und wurde, auch zur Vorbereitung weiterer Karriereschritte, zum Sekretär der Geschäftsleitung des Marktes Schweiz ernannt.»
Dörig spricht im Weiteren von einer «offenen, ruhigen und gleichzeitig anpackenden Art» des Hoffnungsträgers: «Wir alle bedauern seinen viel zu frühen Tod ausserordentlich.»
Adolf Ogi braucht lange, bis er sich wieder einigermassen fassen kann. Michael Kleiner, Ogis Begleiter in den ersten Jahren seines UNO-Mandates als Kofi Annans Sonderberater für Sport im Dienste von Entwicklung und Frieden, erschrickt zutiefst, als er seinen früheren Chef nach dem Tod von Mathias in Genf erstmals wieder sieht. Kleiner hat für Adolf Ogi das Jahr des Sports vorbereitet und koordiniert. «Das ist nicht mehr Dölf gewesen.» Erst jetzt, in jüngerer Zeit, sei das alte, innere Feuer wieder aufgeflammt.
Es ist wohl kein Zufall, dass sich Kofi Annan und Adolf Ogi so gut verstehen. Beide haben tiefe Wurzeln: Annan in der Gartenlandschaft von Kumasi in Ghana, Ogi in den Kandersteger Bergen.
Während der Trauerarbeit gründet Adolf Ogi mit seiner Familie und Freunden den Verein «Freude herrscht». Kinder und Jugendliche, gesunde und kranke, sollen Freude an der Bewegung und an der Natur entwickeln können, bevorzugt natürlich in der Kandersteger Bergwelt.
Am 25. August 2011 kommt es auf dem Friedhof von Kandersteg zu einer schlichten, kleinen Zeremonie im allerengsten Familienkreis – auch Mathias’ Freundin Manu ist dabei. Gegen 18.00 Uhr wird Mathias Ogis Urne in ein neues Familiengrab umgebettet. Es ist kein Pfarrer dabei, nur noch ein Gemeindeangestellter, der die Umbettung durchführt. Trotz des schönen Sommerwetters zieht am Horizont bereits ein Gewitter auf. Es sei fast wie eine zweite Beerdigung gewesen, sagt Dölf Ogi, ein sehr bewegender Moment.
Doch es gibt auch wieder erfreuliche Stationen in Ogis Leben: Am 17. Dezember 2011 heiraten Caroline Ogi und Sylvain Stefanazzi in Sion standesamtlich – die Hoteldirektorin aus Fraubrunnen und der Küchenchef aus Crans-Montana. Die kirchliche Hochzeit ist etwas später geplant – in Kandersteg. Es sei sehr feierlich am ovalen Tisch im Saal der Burgergemeinde Sion zuund hergegangen, erinnert sich der Vater.
Seine eigene Familie, die Familien Ogi und Marti sowie seine Freunde haben ihm in der schweren Zeit nach Mathias’ Tod Halt gegeben. Ohne sie hätte er den Weg zurück ins eigene Leben nicht so gut geschafft, meint Ogi rückblickend.
Mit Swiss-Life-CEO Rolf Dörig am Parsenn-Derby in Davos. 2002
2007 Wer lacht hier über wen? Ogi mit SBB-Chef Benedikt Weibel.
2000 Trautes Gespräch mit Wissenschaftler Bertrand Piccard.
2012 Preisverleihung der Kulturstiftung «Pro Europa» in Bern: Die Preisträger Joe Ackermann (l.) und Dölf Ogi mit den Laudatorinnen Petra Roth (Oberbürgermeisterin Frankfurt a. M.) und Ruth Dreifuss (alt Bundesrätin).
Einer dieser Freunde, Bruno Marazzi, sagt es so: «Ja, ich habe Dölf zusammen mit
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