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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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oder in der Pizzeria zufällig irgendwelche Freunde treffe. Und das ist okay. Ich werde immer die Schwester eines Jungen mit einem Geburtsfehler sein: Das ist nicht das Problem. Ich will bloß nicht immer darauf reduziert werden.
    Das Beste an der High School ist, dass mich hier kaum jemand kennt. Außer natürlich Miranda und Ella. Und die wissen, dass sie nicht rumlaufen und darüber reden sollen.
    Miranda, Ella und ich kennen uns seit der ersten Klasse. Es ist so schön, dass wir einander nie irgendwas erklären müssen. Als ich die Entscheidung traf, dass sie mich Olivia nennen sollten, verstanden sie das, ohne dass ich es erklären musste.
    Sie kennen August, seit er ein Baby war. Als wir kleiner waren, haben wir am liebsten Auggie-Verkleiden gespielt, haben ihn mit Federboas und großen Hüten und Hannah-Montana-Perücken behängt. Er hat das geliebt, und wir fanden ihn auf seine Weise unheimlich süß. Ella sagte, er erinnere sie an E. T. Sie meinte das natürlich nicht böse (obwohl es vielleicht doch ein kleines bisschen böse war). Es gibt ja tatsächlich eine Szene in dem Film, in der Drew Barrymore E. T. eine blonde Perücke aufsetzt. Und genau so sah Auggie in unserer Miley-Cyrus-Phase aus.
    Während der Middle School bildeten Miranda, Ella und ich unsere eigene kleine Clique. Wir standen irgendwo zwischen den total Beliebten und denen, die einigermaßen akzeptiert wurden: Wir waren keine Streber, keine Sport-Asse, nicht reich, keine Drogies, nicht fies, nicht mega-brav, nicht besonders fett, nicht besonders flach vorne rum. Ich weiß nicht, ob wir drei uns gefunden haben, weil wir uns in so vieler Hinsicht ähnlich sind, oder ob wir uns so ähnlich geworden sind, weil wir uns gefunden haben. Wir waren überglücklich, als wir es alle drei an die Faulkner High geschafft hatten. Es war so unwahrscheinlich, dass wir alle drei angenommen werden würden, zumal so gut wie kein anderer von unserer Schule es geschafft hatte. Ich weiß noch, wie wir an dem Tag, an dem wir unser Aufnahmeschreiben bekamen, in unsere Telefone gekreischt haben.
    Deshalb verstehe ich auch nicht, was in letzter Zeit mit uns los ist, jetzt, wo wir tatsächlich auf der High School sind. Es ist überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Major Tom
     
    Von uns dreien ist Miranda immer am nettesten zu August gewesen. Sie hat ihn umarmt und mit ihm gespielt – lange noch, nachdem Ella und ich schon angefangen hatten, uns mit anderen Sachen zu beschäftigen. Selbst als wir älter wurden, versuchte Miranda immer, August in unsere Gespräche miteinzubeziehen, fragte ihn, wie es ihm geht, redete mit ihm über Avatar oder Star Wars oder Bone oder irgendwas, von dem sie wusste, dass er es mochte. Miranda war es, die ihm den Astronautenhelm schenkte, den er mit sechs oder sieben praktisch den ganzen Tag trug. Sie nannte ihn damals immer Major Tom, und dann sangen sie miteinander »Space Oddity« von David Bowie. Das war so ihr gemeinsames kleines Ding. Sie kannten den gesamten Text und ließen ihn über den iPod laufen und sangen ihn laut mit.
    Da Miranda uns immer sofort angerufen hatte, wenn sie aus dem Sommer-Camp nach Hause gekommen war, war ich etwas erstaunt, als ich dieses Jahr nichts von ihr hörte. Ich schrieb ihr sogar eine SMS, aber sie antwortete nicht. Ich vermutete, dass sie vielleicht diesmal länger im Camp geblieben war, jetzt, wo sie selbst Betreuerin war. Vielleicht hatte sie einen süßen Typen kennengelernt.
    Dann aber stellte ich auf ihrer Facebook-Pinnwand fest, dass sie tatsächlich bereits seit vollen zwei Wochen wieder zu Hause war, also schickte ich ihr eine IM und wir chatteten online ein wenig, aber sie nannte mir keinen Grund, weswegen sie mich nicht angerufen hatte, und das fand ich schon ziemlich bizarr. Miranda war schon immer ein bisschen unzuverlässig gewesen, also schob ich es einfach darauf. Wir verabredeten, uns später noch zu treffen, dann musste ich aber absagen, weil wir übers Wochenende Tata und Poppa besuchen fuhren.
    Und so sah ich sowohl Miranda als auch Ella erst an unserem ersten Schultag wieder. Und, das muss ich zugeben, ich war geschockt. Miranda sah so anders aus: Sie hatte sich die Haare zu so einem hippen Bob geschnitten und leuchtend pink gefärbt, und sie trug ein gestreiftes Tube-Top, dass (erstens) völlig unangemessen für die Schule war und (zweitens) überhaupt nicht ihrem typischen Stil entsprach. Miranda war immer total prüde gewesen, was Klamotten betrifft, und nun

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