Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
Vom Netzwerk:
lief sie plötzlich mit pinkfarbenen Haaren und in einem hautengen Oberteil rum. Aber sie sah nicht nur anders aus, sie benahm sich auch ganz anders. Ich kann nicht behaupten, dass sie nicht nett gewesen wäre, denn das war sie, aber sie wirkte irgendwie distanziert, als wäre ich nur eine ganz entfernte Freundin. Es war absolut verrückt.
    In der Mittagspause setzten wir drei uns zusammen, wie wir das immer gemacht hatten, aber die Dynamik hatte sich verschoben. Es war offensichtlich, dass sich Ella und Miranda während der Sommerferien einige Male ohne mich getroffen hatten, auch wenn sie das nie konkret aussprachen. Während wir uns unterhielten, tat ich so, als würde mich das überhaupt nicht berühren, aber ich spürte, dass mein Gesicht heiß wurde, und mein Lächeln war aufgesetzt. Und wenn Ella auch nicht ganz so übertrieb wie Miranda, fiel mir auch bei ihrem Stil eine Veränderung auf. Es war, als hätten sie sich im Vorfeld abgesprochen, an der neuen Schule ihr Image zu verändern, sich aber nicht die Mühe gemacht, mich miteinzubeziehen. Ich gebe zu: Ich hatte immer geglaubt, ich stünde über diesem typischen Teenager-Quatsch, aber während der gesamten Mittagspause hatte ich einen Kloß im Hals. Meine Stimme wackelte, als es klingelte und ich »Bis später« sagte.

Nach der Schule
     
    Ich hab gehört, wir fahren dich heute nach Hause.«
    Es war Miranda in der achten Stunde. Sie hatte sich gerade an den Tisch direkt hinter mir gesetzt. Ich hatte ganz vergessen, dass Mom am Abend zuvor Mirandas Mutter angerufen und sie gefragt hatte, ob sie mich nach der Schule nach Hause fahren könne.
    »Ihr müsst das nicht«, sagte ich instinktiv und betont lässig. »Meine Mom kann mich abholen.«
    »Ich dachte, sie müsse Auggie abholen oder so was.«
    »Sie kann mich jetzt doch anschließend mitnehmen. Hat mir grade ne SMS geschickt. Kein Problem.«
    »Oh. Okay.«
    »Danke.«
    Von meiner Seite aus war das komplett gelogen, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie ich neben der neuen Miranda im Auto saß. Nach dem Unterricht ging ich auf einer Toilette in Deckung, um nicht draußen Mirandas Mutter in die Arme zu laufen. Eine halbe Stunde später verließ ich die Schule, lief drei Blöcke bis zur Bushaltestelle, sprang auf den M86 Richtung Central Park West und nahm dann die U-Bahn nach Hause.
    »Hallo, Süße!«, sagte Mom in dem Augenblick, als ich zur Haustür hereinkam. »Wie war dein erster Tag? Ich hab mich so langsam schon gefragt, wo ihr bleibt.«
    »Wir haben noch bei der Pizzeria angehalten.« Unglaublich, wie leicht einem eine Lüge über die Lippen rutschen kann.
    »Ist Miranda nicht bei dir?« Sie schien überrascht zu sein, dass Miranda nicht direkt hinter mir stand.
    »Sie ist gleich nach Hause gefahren. Wir haben viele Hausaufgaben.«
    »An eurem ersten Tag?«
    »Ja, an unserem ersten Tag!«, platzte ich heraus, was meine Mutter komplett überraschte. Aber bevor sie irgendetwas sagen konnte, fügte ich hinzu: »Es war okay in der Schule. Sie ist aber echt groß. Die anderen Schüler scheinen nett zu sein.« Ich wollte ihr genügend Informationen geben, damit sie nicht das Gefühl hatte, mich noch mehr fragen zu müssen. »Wie war Auggies erster Schultag?«
    Mom zögerte. Seit ich sie angeschnauzt hatte, waren ihre Augenbrauen weit hochgezogen. »Okay«, sagte sie langsam, als würde sie ausatmen.
    »Was meinst du mit okay?«, fragte ich. »War er gut oder schlecht?«
    »Er sagt, er wäre gut gewesen.«
    »Und warum glaubst du, dass er nicht gut war?«
    »Ich hab nicht gesagt, dass er nicht gut war! Mein Gott, Via, was ist denn los mit dir?«
    »Vergiss einfach, dass ich überhaupt gefragt habe«, entgegnete ich, stürmte dramatisch in Auggies Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu. Er saß vor seiner PlayStation und schaute nicht mal auf. Ich hasse es, wie diese Videospiele ihn zum Zombie machten.
    »Und, wie war’s in der Schule?«, fragte ich und schob Daisy beiseite, damit ich mich neben ihn aufs Bett setzen konnte.
    »Gut«, sagte er und schaute immer noch nicht von seinem Spiel auf.
    »Auggie, ich spreche mit dir!« Ich nahm ihm die PlayStation aus der Hand.
    »Hey!«, sagte er wütend.
    »Wie war’s in der Schule?«
    »Gut! Hab ich doch gesagt!«, rief er und riss mir die PlayStation wieder aus der Hand.
    »Waren die Leute nett zu dir?«
    »Ja!«
    »Keiner war gemein?«
    Er legte die PlayStation weg und schaute zu mir auf, als hätte ich gerade die dümmste Frage der Welt

Weitere Kostenlose Bücher