Wunder
finde, es sollte eine Regel geben, dass jeder Mensch auf der Welt wenigstens einmal in seinem Leben Standing Ovations bekommen muss.
Schließlich, nach ich weiß nicht wie vielen Minuten, trat die Reihe der Schauspieler auf der Bühne zurück, und der Vorhang schloss sich vor ihnen. Der Applaus hörte auf, und die Lichter gingen an, und das Publikum begann aufzubrechen.
Mom und Dad und ich bahnten uns den Weg hinter die Bühne. Die Leute umringten die Darsteller, gratulierten ihnen und klopften ihnen auf den Rücken. Wir sahen Via und Justin im Mittelpunkt der Menge, wie sie alle anlächelten, lachten und redeten.
»Via!«, rief Dad und winkte, während er sich durch die Menge drängte. Als er dicht genug bei ihr war, umarmte er sie und hob sie ein Stück vom Boden hoch. »Du warst fantastisch, mein Schatz!«
»Oh mein Gott, Via!« Mom schrie förmlich vor Begeisterung. »Oh mein Gott, oh mein Gott!« Sie drückte Via so fest, dass ich glaubte, sie würde ersticken, aber Via lachte nur.
»Du warst brillant!«, sagte Dad.
»Brillant!«, sagte Mom, und dabei schien sie den Kopf gleichzeitig zu schütteln und zu nicken.
»Und du, Justin«, sagte Dad, schüttelte Justins Hand und umarmte ihn dabei zugleich, »du warst fantastisch!«
»Fantastisch!«, wiederholte Mom. Sie war so aufgewühlt, dass sie kaum reden konnte.
»So ein Schock, dich da oben zu sehen, Via!«, sagte Dad.
»Mom hat dich am Anfang gar nicht erkannt!«, sagte ich.
»Ich hab dich nicht erkannt!«, sagte Mom mit der Hand vor dem Mund.
»Miranda ist ganz kurz vor der Aufführung schlecht geworden«, sagte Via völlig außer Atem. »Es war nicht mal Zeit genug für eine Ankündigung.« Ich muss zugeben, sie sah ein bisschen merkwürdig aus, weil sie die ganze Schminke im Gesicht hatte und ich sie noch nie zuvor so gesehen hatte.
»Und du bist da in allerletzter Minute eingesprungen?«, sagte Dad. »Wow.«
»Sie war grandios, oder?«, fragte Justin, der seinen Arm um Via gelegt hatte.
»Im ganzen Saal ist kein Auge trocken geblieben«, sagte Dad.
»Geht’s Miranda wieder gut?«, fragte ich, aber niemand hörte mich.
In diesem Moment kam ein Mann, den ich für den Lehrer hielt, zu Justin und Via herüber und klatschte in die Hände.
»Bravo, bravo! Olivia und Justin!« Er küsste Via auf beide Wangen.
»Ich hab ein paar Sätze verhauen«, sagte Via und schüttelte den Kopf.
»Aber du bist durchgekommen«, sagte der Mann und lächelte von einem Ohr zum anderen.
»Mr. Davenport, das sind meine Eltern«, sagte Via.
»Sie müssen so stolz auf ihr Mädchen sein!«, sagte er und schüttelte ihre Hände mit beiden Händen.
»Sind wir!«
»Und das ist mein kleiner Bruder August«, sagte Via.
Er sah aus, als wolle er etwas sagen, aber plötzlich erstarrte er, als er mich anschaute.
»Mr. D.«, sagte Justin und nahm ihn beim Arm, »ich möchte ihnen meine Mom vorstellen.«
Via wollte etwas zu mir sagen, aber dann kam jemand anderer herüber und fing an, mit ihr zu reden, und bevor ich wusste, was los war, stand ich allein in der Menge. Ich meine, ich wusste, wo Mom und Dad waren, aber es standen so viele Menschen um uns herum, und dauernd stieß jemand gegen mich, drehte mich ein Stück herum oder starrte kurz zu mir herüber, sodass ich mich nicht besonders gut fühlte. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass mir heiß war oder so, aber irgendwie wurde mir schwindlig. Die Gesichter der Leute verschwammen vor meinen Augen. Und ihre Stimmen waren so laut, dass sie meinen Ohren beinahe wehtaten. Ich versuchte, an meinen Lobot-Ohren die Lautstärke herunterzudrehen, aber ich kam durcheinander und stellte sie zuerst lauter, was mir einen totalen Schrecken einjagte. Und dann schaute ich auf und konnte Mom und Dad und Via nirgends sehen.
»Via?«, rief ich aus. Ich fing an, mich durch die Menge zu drängen, um Mom zu finden. »Mommy!« Ich konnte wirklich nichts sehen, außer den Bäuchen irgendwelcher Leute und Krawatten überall um mich herum. »Mommy!«
Plötzlich tippte mir jemand von hinten auf die Schulter.
»Wen haben wir denn da!«, sagte eine vertraute Stimme, und dann umarmte mich jemand fest. Zuerst dachte ich, es wäre Via, aber als ich mich umdrehte, war ich total überrascht. »Hey, Major Tom!«, sagte sie.
»Miranda!«, antwortete ich und umarmte sie, so fest ich nur konnte.
7
Miranda
I forgot that I might see
So many beautiful things
I forgot that I might need
To find out what life could
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