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Wunder

Wunder

Titel: Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R.J. Palacio
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Ella an, um mich mit ihr zu verabreden. Ich weiß nicht, warum ich nicht Via anrief. Ich nehme an, ich hatte einfach keine Lust, mit ihr über bestimmte Sachen zu reden. Sie hätte mich nach meinen Eltern gefragt und nach der Zeit im Camp. Ella hat mich nie wirklich gefragt. In der Hinsicht ist es einfacher, mit ihr befreundet zu sein. Sie ist kein ernster Mensch wie Via. Mit ihr hat man Spaß. Sie fand es cool, als ich mir das Haar pink färbte. Und sie wollte alles wissen über diese nächtlichen Ausflüge durch den Wald.

Schule
     
    Ich habe Via in diesem Jahr in der Schule kaum gesehen, und wenn, war es irgendwie krampfig. Ich hatte das Gefühl, als würde sie mich beurteilen. Ich wusste, dass ihr mein neuer Look nicht gefiel. Ich wusste, dass sie meinen Freundeskreis nicht mochte. Ich mochte ihren auch nicht besonders. Wir haben uns nie wirklich gestritten: Wir sind einfach auseinandergedriftet.
    Ella und ich haben hinter ihrem Rücken über sie gelästert: Sie ist so verklemmt, sie ist so dies , sie ist so das . Wir wussten, dass wir gemein waren, aber es war leichter, sie abblitzen zu lassen, wenn man so tat, als hätte sie uns irgendwas getan. In Wahrheit hatte sie sich überhaupt nicht verändert. Aber wir. Wir waren zu anderen Leuten geworden, und sie war immer noch der Mensch, der sie immer gewesen war. Das regte mich tierisch auf, und ich wusste nicht, warum.
    Hin und wieder schaute ich, wo sie beim Mittagessen saß, oder sah mir die Wahlfächer-Listen an, um herauszufinden, wo sie sich eingetragen hatte. Aber abgesehen von dem einen oder anderen Zunicken auf den Fluren und einem gelegentlichen »Hallo« sprachen wir nie wirklich miteinander.
    Justin fiel mir erst nach etwa der Hälfte des Schuljahrs auf. Vorher hatte ich ihn überhaupt nicht bemerkt, höchstens als den dürren, halbwegs niedlichen Typen mit der dicken Brille und dem längeren Haar, der ständig eine Geige mit sich herumschleppte. Dann sah ich ihn eines Tages vor der Schule, wie er seine Arme um Via gelegt hatte. »Via hat also einen Freund!«, sagte ich gehässig zu Ella. Ich weiß nicht, warum es mich überraschte, dass sie einen Freund hat. Von uns dreien ist sie schließlich immer die Hübscheste gewesen: Ganz blaue Augen hat sie, und langes, welliges Haar. Aber sie hat sich einfach nie so verhalten, als würde sie sich auch nur im Geringsten für Jungs interessieren. Sie tat immer so, als wäre sie zu klug für diesen Kram.
    Ich hatte auch einen Freund: einen Typen namens Zack. Als ich ihm sagte, dass ich den Theater-Kurs machen würde, schüttelte er den Kopf und sagte: »Pass bloß auf, dass du nicht zu so nem Drama-Nerd wirst.« Nicht gerade der sympathischste Typ auf Erden, aber echt süß. Ziemlich weit oben auf der Skala. Sportskanone.
    Ich hatte anfänglich gar nicht vor, Theater zu nehmen. Dann sah ich Vias Namen auf dem Anmeldebogen und schrieb meinen einfach dazu. Ich weiß nicht mal, wieso. Wir schafften es, uns die meiste Zeit des Halbjahres über zu umgehen, als wenn wir uns überhaupt nicht kennen würden. Dann kam ich eines Tages etwas früher zum Theater-Kurs, und Davenport schickte mich los, um das Textbuch für das Stück zu kopieren, das er mit uns als Frühjahrs-Aufführung machen wollte: Der Elefantenmensch . Ich hatte schon mal davon gehört, wusste aber nicht genau, worum es ging, also fing ich an, die Seiten durchzublättern, während ich darauf wartete, dass der Kopierer frei wurde. Es ging um einen Mann, der vor mehr als hundert Jahren lebte, John Merrick hieß und furchtbar entstellt war.
    »Wir können dieses Stück nicht machen, Mr. D.«, sagte ich zu ihm, als ich zum Unterrichtsraum zurückkam, und ich sagte ihm auch, warum: Mein kleiner Bruder hätte einen Geburtsfehler und ein deformiertes Gesicht und dieses Stück würde der Realität einfach zu nahe kommen. Er schien verärgert zu sein und machte keinen besonders mitfühlenden Eindruck, aber ich sagte ihm, dass meine Eltern sich wohl ziemlich mit der Schule anlegen würden, wenn das Stück aufgeführt würde. Na, jedenfalls entschied er sich schließlich für Unsere kleine Stadt .
    Ich glaube, dass ich mich für die Rolle der Emily Gibbs beworben habe, weil ich wusste, dass auch Via sie würde spielen wollen. Es kam mir nie in den Sinn, dass ich sie ausstechen und die Rolle tatsächlich bekommen würde.

Was ich am meisten vermisse
     
    Was ich mit am meisten an Vias Freundschaft vermisse, ist ihre Familie. Ich liebe ihre Mom und ihren Dad. Sie

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