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Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott

Titel: Wunderbare Fahrten und Abenteuer der kleinen Dott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Ramsay
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Geschöpfe!« — Und nachdem er die Kinder abgesetzt hatte, flog er mit den
Krähen zur Nahrungssuche in den nahen Wald.
    Schon legte sich die Dämmerung über das
Kirchlein und die Gräber, und aus dem Walde klangen die Abendlieder der Vögel.
    »Wir können hier zur Nacht essen«,
meinte Dott. Cornix hatte ihr ein Brötchen gebracht, als er am Morgen in
Breslau zu ihr in den Glockenstuhl zurückgekehrt war. Das teilte Dott nun in
zwei Teile, die sie auf zwei frische Ahornblätter legte. Da begann auch Klaus
in seinem Beutel nach den Resten seiner Vorräte zu suchen, um sie Dott zu
übergeben — einen Brocken Brot und ein Endchen Speck. Auch diese Gaben wurden
von der Kleinen verteilt, und dann machten die Kinder sich mit Heißhunger ans
Essen.
    Aber die Freude an dem gemeinsamen Mahl
wollte sich nicht einstellen. Wie oft hatte Dott sich bei ihren einsamen
Mahlzeiten diese Stunde vorgestellt! Und nun saßen sie sich so schweigend
gegenüber, als sei ihnen die Zunge im Munde festgefroren. Die Kleine war dem
Weinen nahe vor Enttäuschung!
    »Wenn du schon die Geige verloren hast,
Klaus, warum willst du dann nicht wenigstens dein altes Gesicht wieder haben?«
fragte sie zaghaft.
    »Es gibt keine Erlösung für mich ohne
die Geige!« sagte nun der Junge so leise, daß sie es kaum verstehen konnte.
    »Vielleicht klingt deine Geige jetzt wieder! Versuche doch einmal, auf ihr zu spielen«, rief die Kleine, und Tränen
des Zornes traten ihr in die Augen, weil sie überhaupt nicht von der Stelle
kamen. Da aber wandte der Junge ihr sein Gesicht zu und schaute mit so
verzweifelten Augen zu ihr hinüber, daß es ihr bange zumute wurde. Und mit
einem Male verstand sie, warum es keinen Ausweg für ihn gab. Wenn jemand so
aussah wie Klaus, dann konnte er ganz sicher keine neue Enttäuschung mehr
ertragen.
    »Dann brauchen wir nicht eher den Nöck
zu fragen«, rief sie schnell, »bis du es selbst willst.« Und um ihn auf andere
Gedanken zu bringen, setzte sie gleich hinzu: »Wir können uns ganz gut hier in
das Moos legen und ein wenig schlafen, bis Cornix zurückkommt. Es wird ja auch
schon ganz dunkel.«
    Die Kinder sahen sich um. In tiefem
Frieden lag die Kirche vor ihnen. Es war ein sehr altes Gotteshaus. Sie hatten
noch nie solch eine Kirche gesehen. Sie war ganz aus Holz, eine echte
Schrotkirche, wie sie überall da gebaut wurden, wo im Osten neben den Deutschen
auch die Polen beheimatet sind. In der Mitte war eine hölzerne Kuppel. Die
Dächer aus Holzschindeln begannen ganz dicht über der Erde und stiegen steil
empor. Und rund um das Hauptgebäude waren kleine Kapellen wie Blockhäuser
angebaut. Es war die Kirche von Rosenberg, in der vor langer Zeit ein alter
Pfarrer in jedem Jahr eine Adventsandacht für die Tiere gehalten hatte.
    Aber auch der Friedhof hatte ein
besonderes Aussehen. Hohe Waldbäume wuchsen darin, und die Grabhügel standen
nicht in Reih und Glied an gepflegten Wegen, sondern verstreut mitten im Gras.
Gleich dahinter begann der Wald.
    Die Kleine seufzte. Es war viel
schwerer, dem Jungen zu helfen, als sie gedacht hatte. Wenn sie mit dem
Krähenfürsten darüber reden könnte, dann würde ihr vielleicht ein Ausweg
einfallen. Sie war ganz betrübt, daß ihr guter Freund Cornix gerade jetzt nicht
neben ihr war!
    »Wir würden die Geschichte mit der
Geige ganz von vom überdenken«, sagte sich Dott. Als sie sich vorstellte, daß
Cornix neben ihr säße, wußte sie mit einem Mal, wie das Gespräch mit ihm
verlaufen würde. »Ach, Cornix«, würde sie sagen, »das ist wirklich eine
schwierige Sache mit Klaus! Weißt du noch, wie ich ihn zum ersten Male sah, in
Berlin, am Ufer der Spree, als er auf seiner stummen Geige spielte? Da hat er
genauso finster ausgesehen wie jetzt, Cornix!« — »Ja, da hatte er ja auch
gerade erkannt, welchen Preis er dem Nöck für seine Tarnkappe bezahlt hatte!«
würde Cornix sagen, und dabei würde er sicher in sich hineinlachen. »Aber darum
habe ich dich ja auch damals zu ihm gebracht, damit du ihm helfen solltest!« — »Ja,
Cornix«, würde sie antworten, »aber du weißt auch, daß er vor mir davonlaufen
wollte, weil er dachte, ich könnte mich vor ihm grauen, wenn er die Tarnkappe
abnehmen würde!« — »Aber dann hat er vor dir die Tarnkappe vom Kopf gerissen«,
würde Cornix wieder lachen, »nur um herauszubekommen, ob du so sein Spiel hören
könntest!« — »Ach, Cornix«, würde sie dann antworten, »das war das einzige Mal,
daß ich sein Geigenspiel hören

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