Wurzeln
langgeschwänzter Affen mit Steinen zu bewerfen, die allerdings manchen Stein zurückwarfen, bevor sie sich laut schimpfend zu ihren Kumpanen auf den obersten Ästen der Bäume gesellten. Und jeden Tag rangen die Knaben miteinander, knurrend und grunzend, ächzend, sich windend, aufspringend, einander packend und jeder besessen von dem Wunsch, eines Tages zu den Meisterringern von Juffure zu gehören und beim Erntefest gegen Ringer anderer Dörfer antreten zu dürfen.
Vorüberkommende Erwachsene taten stets, als sähen und hörten sie nicht, wie Kunta und Sitafa und der übrige kafo wie die Löwen brüllten, wie Elefanten trompeteten, wie wilde Schweine grunzten oder wie die Mädchen kochten, ihre Puppen bemutterten und Mais stampften – künftige Mütter und Ehefrauen. Doch wie sehr sie auch von ihrem Spiel beansprucht waren, die Kinder unterließen niemals, den Erwachsenen den schuldigen Respekt zu erweisen, wie sie es von den Eltern gelernt hatten. Sie schauten ihnen höflich in die Augen und fragten: »Kerabe?« (Hast du Frieden?), worauf die Erwachsenen antworteten: »Kera dorong.« (Nur Friede.) Streckte ein Erwachsener zum Gruß die Hand hin, ergriffen alle Kinder nacheinander mit beiden Händen diese Hand und standen dann mit den Handflächen vor der Brust an Ort und Stelle, bis der Erwachsene gegangen war.
Kunta wurde daheim so streng erzogen, daß er glaubte, überhaupt nichts tun zu können, was bei seiner Mutter nicht gereiztes Schnippen mit den Fingern auslöste, wenn nicht gar eine kräftige Tracht Prügel. Beim Essen fing er Kopfnüsse ein, wenn er irgendwo anders hinsah als auf seine Mahlzeit, und wenn er von seinen aufreibenden Spielen auch nur eine Spur Dreck mit in die Hütte brachte, griff sie zu dem kratzigen Schwamm aus getrockneten Stengeln und der selbstgemachten Seife, und dann kam es Kunta vor, als wolle sie ihm die Pelle abziehen.
Starrte er seinen Vater an oder seine Mutter oder überhaupt einen Erwachsenen, trug ihm das mit Sicherheit Klapse ein; ebenso wenn er sich etwa unterstand, sich in das Gespräch der Erwachsenen einzumischen. Das war ein besonders schwerer Verstoß. Daß er je etwas anderes gesagt hätte als die Wahrheit, war schier undenkbar; er hatte keinen Anlaß zu lügen, tat es mithin auch niemals.
Seine Mutter war dieser Meinung zwar offenbar nicht, doch mühte Kunta sich aufrichtig, ein guter Junge zu sein, und praktizierte bald an den anderen Kindern, was er daheim lernte. Kam es zu Meinungsverschiedenheiten, und dazu kam es oft, und steigerten die sich zu scharfen Wortwechseln und mißbilligendem Fingerschnalzen, dann wandte Kunta sich stets ab und ging schweigend weg, womit er Würde und Selbstbeherrschung zeigte, Eigenschaften, auf welche die Mandinkas besonders stolz waren, wie seine Mutter ihn gelehrt hatte.
Fast jeden Abend bekam Kunta Schläge dafür, daß er seinem kleinen Bruder irgendwas angetan hatte – meist machte er ihm Angst, indem er fürchterlich knurrte, oder er kam auf allen vieren daher wie ein Pavian, rollte die Augen und trommelte mit den »Vorderbeinen« auf den Boden. »Ich hole den toubob !« drohte dann Binta, wenn er ihre Geduld auf die Probe stellte, und damit konnte sie Kunta in der Tat Angst machen, denn Großmutter Yaisa hatte ihm oft und oft von den behaarten, rotgesichtigen, sonderbar aussehenden weißen Männern erzählt, die mit großen Booten auf Menschenfang fuhren.
Kapitel 8
Kunta und seine Kameraden waren am Ende eines langen, mit Herumtollen und Spielen ausgefüllten Tages zwar müde und hungrig, doch kletterten sie miteinander um die Wette auf die höchsten Bäume, um die Sonne rot am Horizont untergehen zu sehen. »Morgen ist sie noch schöner!« riefen sie dabei. Und die Erwachsenen beeilten sich mit dem Abendessen, um bei sinkender Nacht die aufsteigende Mondsichel, dieses Symbol Allahs, mit Händeklatschen, Beifallsrufen und Trommeln zu begrüßen.
Verdeckten aber Wolken den neuen Mond, zerstreuten die Menschen sich ängstlich und verschreckt, und die Männer versammelten sich zum Gebet, denn daß der neue Mond sich nicht zeigen wollte, bedeutete, daß die himmlischen Geister den Menschen von Juffure zürnten. Nach dem Gebet führten die Männer ihre furchtsamen Angehörigen zum Affenbrotbaum, wo schon der jaliba hockte und an seinem kleinen Feuer das Ziegenfell der sprechenden Trommel aufs äußerste spannte.
Kunta rieb die vom Qualm gereizten Augen und erinnerte sich, wie die Trommeln, die aus verschiedenen
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