Wut
letzter Beischläfer der verstorbenen Laura Klein, der Sohn des reichen Bauunternehmers und bete noir der Gewerkschaften Michael Medford war, von dessen Firmen eine mit dem Umbau des Spassky Grain Building in eine Mischung aus Luxus-Lofts und Townhouse-Stil-Residenzen beauftragt war, und daß Keith, der die Eröffnungsparty für das Projekt planen sollte, einen Satz Schlüssel besaß, stand fest, daß die Killer einen nicht wieder gutzumachenden Fehler begangen hatten. Die meisten Mörder waren dumm, und selbst ein Leben mit Privilegien bewahrte niemanden vor Torheit. Sogar die teuersten Schulen brachten ungebildete Tölpel hervor, und Marsalis, Andriessen und Medford waren halbgebildete, arrogante junge Dummköpfe. Und Mörder. Club, mit den zusammengetragenen Fakten konfrontiert, legte als erster ein Geständnis ab. Seine Kumpels brachen wenige Stunden später zusammen. Jack Rhinehart wurde mitten in Queens beerdigt, fünfunddreißig Autominuten von dem Bungalow, den er für seine Mutter und seine unverheiratete Schwester in Douglaston gekauft hatte. »Ein Haus mit Aussicht«, hatte er gescherzt. »Wenn ihr ans Ende des Gartens geht und euch ganz nach links rüberbeugt, könnt ihr gerade noch - was hören? Ein Flüstern , das Flüstern des Long Island Sound.« Jetzt würde seine eigene Aussicht auf ewig die Stadt in all ihrer Häßlichkeit sein. Neela und Solanka ließen sich von einem Taxi hinausfahren. Der Friedhof war eng, baumlos, trostlos, feucht. Fotografen schlichen um die kleine Gruppe der Trauergäste herum wie der Schmutz, der sich am Rand eines dunklen Teiches sammelt. Solanka hatte irgendwie vergessen, daß sich die Medien für Jacks Beerdigung interessieren würden. Sobald die Geständnisse gemacht worden und die Story des S&M-Clubs zum Gesellschaftsskandal des Sommers geworden waren, verlor Professor Solanka das Interesse an der öffentlichen Dimension des Ereignisses. Er trauerte um seinen Freund Jack Rhinehart, den großen, tapferen Journalisten, der sich von Glanz und Reichtum hatte korrumpieren lassen. Von dem verführt werden, was man verabscheute, war ein schweres Schicksal. Die Frau, die man liebte, an seinen besten Freund zu verlieren, war vielleicht sogar noch schwerer. Solanka war Jack kein treuer Freund gewesen, aber es war Jacks Schicksal gewesen, betrogen zu werden. Seine geheimen sexuellen Neigungen, mit denen er Neela Mahendra niemals belästigt hatte, die aber bedeuteten, daß nicht einmal Neela auf die Dauer genug für ihn war, hatten ihn in schlechte Gesellschaft gebracht. Er hatte sich Männern gegenüber loyal verhalten, die seine Loyalität nicht verdienten, hatte sich eingeredet, sie seien unschuldig - und welche Mühe mußte das einen eingefleischten Aufklärer und Enthüller gekostet haben, wieviel selbsttäuscherische Energie mußte er darauf verwendet haben! Er hatte sie sogar in Schutz genommen und wurde von ihnen zum Lohn dafür bei einem ungeschickten Versuch, einen Sündenbock zu präsentieren, auf dem Altar ihres unüberwindlichen, krankhaft selbstsüchtigen Stolzes geopfert.
Eine Gospelsängerin war engagiert worden, um zum Abschied ein Medley von Spirituals und jüngeren Songs zu singen: Fix Me, Jesus wurde gefolgt von Puff Daddys Tribut an Notorious B. I. G. , Every Breath You Take (I’ll Be Missing You), dann kam Rock My Soul (In the Bosom of Abraham). Regen drohte, ließ aber auf sich warten. Die Luft war feucht, als sei sie voller Tränen. Jacks Mutter und Schwester waren da; und Bronislawa Rhinehart, die Ex-Gattin, die in ihrem kurzen schwarzen Kleid und hochmodernen Schleier zugleich melancholisch und sexy wirkte. Solanka nickte Bronnie zu, obwohl er mit ihr nie ein Gespräch hatte führen können, und murmelte leere Worte für die Hinterbliebenen. Die Rhinehart-Frauen wirkten nicht traurig; sie wirkten zornig. »Der Jack, den ich kenne«, sagte Jacks Mutter kurz, »hätte diese weißen Boys in neun Sekunden durchschaut.« »Der Jack, den ich kenne«, ergänzte seine Schwester, »hat keine Peitschen oder Ketten gebraucht, um Spaß zu haben.« Sie waren dem Mann, den sie liebten, böse wegen des Skandals, aber mehr noch, weil er sich diesen Verletzungen ausgesetzt hatte, als hätte er das getan, um ihnen weh zu tun, um sie mit dem lebenslangen Schmerz ihres Verlustes allein zu lassen. »Der Jack, den ich kenne«, sagte Solanka, »war ein sehr guter Mann, und wenn er jetzt überhaupt irgendwo ist, würde ich sagen, daß er glücklich ist, von seinen Fehlern
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