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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ihre bloßen Füße kaum ins Gras einsanken.
    Bald verließen sie den Wirkungsbereich dessen, das dieser Scheibe aus Erde ihre Schwerkraft verlieh; der Boden vor ihnen schien anzusteigen, als ob sie an der Innenseite einer flachen Schüssel emporkletterten, und die Luft begann dünner zu werden. Knapp zehn Meter vor der Abbruchkante mußten sie stehenbleiben; Bergs Lungen schmerzten schier vor Atemnot, und außerdem war es noch etwas kälter geworden.
    Von der Begrenzung der Welt baumelten Grasbüschel in die Leere hinab und wurden von Jupiter mit purpurnem Licht besprenkelt.
    »Shira, ich glaube, daß wir hier von grundsätzlich verschiedenen Interpretationen ausgehen müssen«, sagte Berg leicht außer Atem. »Du hast mich gefragt, warum ich euer Vertrauen mißbraucht habe. Ich verstehe beim besten Willen nicht, von welcher Relevanz eine derartige Frage sein soll. Was hättet ihr in Anbetracht der Situation denn von mir erwartet?«
    Das Mädchen sagte nichts.
    »Betrachte es mal von meinem Standpunkt«, fuhr Berg fort. »Fünfzehnhundert Jahre nach meinem Abflug mit der Cauchy näherte ich mich wieder dem Sonnensystem…«
    Als die Jahre vergingen, hatte die fünfzigköpfige Besatzung der Cauchy ernüchtert zur Kenntnis nehmen müssen, daß die Welten, die sie zurückgelassen hatten, viel schneller alterten als sie selbst; die Besatzung wurde durch eine ständig wachsende Raumzeit von ihrer Heimat getrennt.
    Sie wurden zu Schiffbrüchigen in der Zukunft.
    … Aber sie hatten das Wurmloch-Portal bei sich. Und sie wußten, daß sie nur wenige Flugstunden durch das Wurmloch von ihrer Ursprungszeit trennten. Es war eine beruhigende Vorstellung, daß die Welten, die sie auf der anderen Seite der Raum-Zeit-Brücke zurückgelassen hatten, noch immer wie durch eine Nabelschnur aus gestreckter Raumzeit mit der Cauchy verbunden waren, und daß das Leben dort genauso schnell verging wie für die Besatzung der Cauchy, auf deren Rückkehr aus der Zukunft man geduldig wartete.
    Schließlich kehrte die Cauchy nach einem Relativjahrhundert wieder in die Jupiterumlaufbahn zurück. Mittlerweile waren auf der Erde fünfzehn Jahrhunderte vergangen. Doch nach wie vor waren sie über ihr Wurmloch-Portal mit der Vergangenheit verbunden, mit Freunden und Welten, die nicht älter geworden waren als sie selbst.
    »Ich weiß nicht genau, was ich eigentlich erwartet hatte, als wir uns Sol näherten«, räumte Berg ein. »Wir hatten sowohl vor als auch während des Fluges Hunderte von Szenarien durchgespielt, aber wie wir wußten, war das alles nur Spekulation; ich glaube, im Innern hatte ich irgendwelche Vorstellungen von radioaktiv kontaminierten Wüsten, Steinäxten und Göttern in überlichtschnellen Streitwagen.
    Aber ich hätte niemals das erwartet, was wir schließlich vorgefunden haben. Eine Erde unter der Knute von Super-Aliens hatte noch niemand erlebt… und denk nur an das, was uns schon vor Erreichen der Pluto-Bahn abgefangen hatte.« Sie schüttelte den Kopf bei dieser Erinnerung. »Ein Erdbrocken, der irgendwann aus England herausgerissen und in den Weltraum geschleudert wurde, mit ein paar Dutzend knochigen Menschen, die sich verzweifelt an ihm festhielten.«
    Sie erinnerte sich, wie sie sich als Gesandte in einem Ein-Mann-Rettungsboot aus der stählernen Sicherheit der Cauchy in den Raum um Jupiter begeben und vorsichtig dem Erd-Schiff genähert hatte; sie hatte kaum ihren Augen getraut, als ihr Boot Kurs auf einen Landstrich nahm, der aus einem terranischen Reiseprospekt hätte stammen können und als Fremdkörper vor dem samtenen Hintergrund des Alls hing. Dann hatte sie bei der Landung die Schleuse des Bootes beschädigt und den Fuß auf Gras gesetzt, das unter den groben Sohlen ihrer Schuhe raschelte…
    Für einige kurze, glorreiche Minuten hatten die Freunde sie wie ein Wunder umstanden.
    Dann war Shira gekommen – sie referierte fünfzehn Jahrhunderte katastrophaler Menschheitsgeschichte in ebenso vielen Minuten – und setzte ihr die Intentionen der Freunde auseinander.
    Einige Stunden nach der Landung mußte sich Berg mit den anderen ins Gras legen, als das Erd-Schiff in den Gravitationsschlauch des Wurmlochs stürzte. Berg erschauerte bei der Erinnerung an die heulende Strahlung, die das zerbrechliche Gefährt umtost hatte und an die gespenstischen, mysteriösen Effekte bei der Reise durch die Zeit.
    Man hatte ihr nicht erlaubt, eine Nachricht an die Cauchy zu senden. Vielleicht befand sich die Besatzung der Cauchy

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