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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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breiten Stück Land gestrandet zu sein – und weit und breit weder ein Schutzschirm noch irgendeine feste Hülle in Sicht – ein Klumpen, der aus der Erde gekratzt und zurück durch die Zeit in eine Umlaufbahn um Jupiter geschleudert worden war.
    Sie entschied sich, daß eine gesunde Dosis Angst in einem solchen Augenblick genau das richtige Mittel war.
    Dann hörte sie Schritte, die sich leise raschelnd durch das Gras bewegten.
    »Miriam Berg.«
    Berg stützte sich auf die Ellbogen. »Shira. Ich habe auf dich gewartet.«
    Das Mädchen aus der Zukunft klang enttäuscht. »Ich habe dir vertraut, Miriam. Ich habe dir auf unserem Schiff völlige Bewegungsfreiheit gegeben. Warum hast du diese Nachricht gesendet?«
    Berg schielte zu Shira hoch. Die Freundin war groß – etwa Bergs Größe, ungefähr einsachtzig – aber damit hörte die Ähnlichkeit auch schon auf. Berg hatte sich im physikalischen Alter von Vierzig einer AS-Konservierung unterzogen – in einem Alter, in dem sie sich am wohlsten gefühlt hatte. Ihr Körper war drahtig, kräftig und gut proportioniert; und ihr gefiel der Gedanke, daß die Falten um den Mund und die braunen Augen sie erfahren, humorvoll und ganz und gar menschlich wirken ließen. Und die graumelierte Kurzhaarfrisur war nichts, dessen sie sich hätte schämen müssen. Shira hingegen war ungefähr fünfundzwanzig. Echte fünfundzwanzig, die wegen der Konfiszierung der AS-Technologie durch die Qax bald Geschichte sein würden. Das Mädchen hatte ein fein geschnittenes Gesicht und einen derart dünnen Körper, daß er schon fast mager wirkte. Berg konnte sich einfach nicht an Shiras kahlrasierten Kopf gewöhnen und mußte sich dazu zwingen, nicht ständig auf die klaren Konturen ihres Schädels zu starren. Die Haut des Mädchens war blaßgelb, die dunkel umrandeten Augen blau, groß und offenbar ohne Lider; durch die vorstehenden Zähne und hohen Wangenknochen sah ihr Gesicht irgendwie wie ein Totenkopf aus – hatte aber dennoch einen gewissen Reiz. Shira entsprach genau dem Bild, das sich Berg von terranischen Stadtbewohnern einige Jahrhunderte vor ihrer Zeit gemacht hatte: grundsätzlich von schlechter Gesundheit, weil sie in einer Welt überleben mußten, die zu rauh für Menschen war.
    Berg hätte schwören können, daß sie sogar Plomben und gelbe Zähne in Shiras Kiefer entdeckt hatte. Konnte es sein, daß nach all diesen Jahrhunderten die Menschen wieder von Zahnfäule geplagt wurden?
    Welch ein brutales Zeugnis hatten sich die Besatzungstruppen der Qax damit ausgestellt, überlegte Berg bitter. Shira wirkte wie ein Wesen aus Bergs Vergangenheit, nicht aus ihrer Zukunft. Und jetzt, wo Berg nicht mehr auf die medizinischen Einrichtungen der Cauchy zurückgreifen konnte – ganz zu schweigen von der AS-Technologie – würde auch sie ohne Zweifel bald von den Krankheiten heimgesucht werden, die eigentlich schon lange besiegt waren. Mein Gott, dachte sie; ich werde wieder anfangen zu altern.
    Sie seufzte. Schließlich befand sie sich dicht bei ihrer eigenen Zeit; vielleicht konnte sie – unwahrscheinlich, wie es im Moment auch schien – wieder zurückkehren. Wenn Poole es schaffte…
    »Shira«, sagte sie schwer, »ich möchte dich nicht verletzen. Ich hasse es, dich zu verletzen. Klar? Aber als ich erfuhr, daß ihr nicht vorhattet, mit den Menschen dieser Zeit – meiner Zeit – Kontakt aufzunehmen und sie über die Qax zu informieren… in diesem Moment mußte ich euch natürlich zuwiderhandeln.«
    Shira wirkte unbeeindruckt; sie wandte ihr kleines, schönes Gesicht dem Wrack des Bootes zu. »Du verstehst, warum wir dein Schiff zerstören mußten.«
    »Nein, ich verstehe nicht, daß ihr das tun mußtet. Aber ich hatte erwartet, daß ihr es tut. Es ist mir auch egal. Ich habe mein Ziel erreicht; ich habe meine Nachricht gesendet, obwohl ihr alle dagegen wart.« Berg lächelte. »Ich bin schon zufrieden mit mir, wie ich ein Funkgerät zusammengebastelt habe. Ich war nämlich nie eine ausgesprochene Technikerin, mußt du wissen…«
    »Du warst Physikerin«, fiel Shira ihr ins Wort. »Es steht in den Geschichtsbüchern.«
    Berg erschauerte. Sie fühlte sich in der falschen Zeit. »Ich bin Physikerin«, insistierte sie. Sie erhob sich steif und wischte ein paar Gräser vom Rücken ab. »Können wir ein Stück gehen?« fragte sie. »Dieser Ort deprimiert mich.«
    Berg entschied sich dafür, den Rand des Erd-Schiffes anzusteuern; Shira nahm schweigend neben ihr Gleichschritt auf, wobei

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