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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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der Furcht. Er hatte offen mit dem Gouverneur gesprochen… Konnte er sich wirklich dazu durchringen, dem Urteilsvermögen dieser Freunde von Wigner zu vertrauen, denen der Zufall eine solche Machtfülle in die Hände gespielt hatte?
    Und zudem würde durch diesen Sieg der Verzögerungstaktik die Wahrscheinlichkeit steigen, daß sie alle hilflos der aus der Vergangenheit nahenden Woge der Zeitverwerfung ausgeliefert waren.
    Parz realisierte, daß er keine Wahl hatte.
    »Ich werde Ihnen helfen, Gouverneur«, verkündete er. »Sagen Sie mir, womit wir anfangen müssen.«

4

    NACHDEM SIE IHRE BOTSCHAFT an Michael Poole abgesetzt hatte, kroch Miriam Berg noch immer mit Lichtgeschwindigkeit durch das Sonnensystem. Sie saß auf hartem englischen Rasen und wartete auf Shira, das Mädchen von Wigner.
    Berg hatte eine Zeitmaschine konstruiert und sie zu den Sternen gebracht. Aber die wenigen Tage seit ihrer Rückkehr durch das Wurmloch in ihre eigene Zeit waren die dramatischsten ihres bisherigen Lebens gewesen.
    Das Beiboot der Cauchy lag vor ihr in einem flachen, rostfarbenen Krater aus verbrannter Erde. Das Boot klaffte offen wie ein ausgeweidetes Tier, wobei Rauchschwaden aus seinem nachglühenden Innern entwichen; die peniblen Parallelschnitte in der Hülle wirkten fast chirurgisch in ihrer Präzision, und sie wußte, daß es den Freunden ein besonderes Vergnügen gewesen war, in der ihnen eigenen, unprätentiösen Weise die Triebwerke mit skalpellartigen Schweißbrennern in Schlacke zu verwandeln.
    Die – Ermordung – ihres Bootes durch die Freunde war natürlich ein angemessener Preis dafür gewesen, ihre Nachricht an Poole abzuschicken. Er würde etwas unternehmen; er würde sicher kommen… Bei der Formulierung ihres Verzweiflungsplanes hatte sie irgendwie nie daran gezweifelt, daß er nach all den Jahren noch am Leben war. Trotzdem spürte sie Gewissensbisse und Reue, als sie das Wrack des Bootes überflog; schließlich war damit ihre letzte Verbindung zur Cauchy abgeschnitten worden, zu den fünfzig Männern, Frauen und Freunden, mit denen sie ein Jahrhundert lang Lichtjahre und Jahrtausende überwunden hatte – und die jetzt auf der anderen Seite des Wurmlochs in der Zukunft gestrandet waren, die sie so verzweifelt zu erreichen versucht hatten, jene dunkle, unmenschliche Zukunft der Qax-Herrschaft.
    Wie paradox, dachte sie, durch das Wurmloch in ihre eigene Zeit zurückgekehrt zu sein und sich trotzdem wieder in die Zukunft zurückzusehnen.
    Sie lag rücklings im Gras und sah nach oben zu den lachsfarbenen Wolken, die das monströse Antlitz des Jupiter verzierten. Mit einer leichten Kopfdrehung konnte sie noch das Interface-Portal ausmachen – das Ende des Wurmloches, das beim Abflug der Cauchy in der Jupiter-Umlaufbahn zurückgeblieben war, und durch das dieses skurrile Erd-Schiff der Freunde von Wigner durch die Zeit herabgestürzt war. Das Portal, das sich auf seinem Parallelorbit langsam von dem Erd-Schiff entfernte, hob sich als daumennagelgroße, aquamarinblaue Kontur gegen die Flanke des Jupiter ab. Es wirkte friedlich – schön wie ein Schmuckstück. Die Flächen der Pyramide, die Anschlußstellen des Wurmlochs selbst, waren neblige, verschwommene Flecken aus blaugoldenem Licht, die ein wenig wie Fenster wirkten.
    Es war schwierig, sich die Schrecken vorzustellen, die nur einige Relativstunden entfernt auf der anderen Seite dieser Raumzeit-Verwerfung herrschten.
    Sie erzitterte und schlug die Arme um den Körper. Nachdem sie auf dem Erd-Schiff gelandet war, hatten die Freunde ihr eine von ihren leichten einteiligen Kombinationen gegeben; sie war sich schon sicher, daß das Kleidungsstück diesem Kunstklima angemessen war, aber, verdammt, sie fror einfach darin. Doch sie vermutete, daß sie selbst in der dicksten Verpackung genauso gefröstelt hätte; sie erkannte, daß nicht die Kälte ihr eigentliches Problem war, sondern der Wunsch, in die sichere Metallhülle zurückzukehren, die die Cauchy für sie geworden war. Immer wenn sie sich während ihres einhundert Jahre dauernden Fluges das Ende ihrer Reise vorgestellt hatte, hatte sie ein angenehmes Kribbeln bei dem Gedanken empfunden, zum erstenmal ein Schiff zu verlassen und in tiefen Zügen die frische, blaue Luft der Erde einzuatmen… sogar einer weit in der Zukunft liegenden Erde. Nun, die Erde war unerreichbar für sie; und so sicher wie nur irgend etwas hätte jeder eine solche Situation als unheimlich empfunden. Auf einem vierhundert Meter

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