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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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geometrischen Mittelpunktes des Augapfels. Ihr schmaler Körper hatte sich zu einer embryonalen Haltung verkrümmt, und die Augen waren halb geschlossen. Als Parz sie betrachtete, fühlte er sich plötzlich verwundbar in seiner Kammer, in dieser schlecht sitzenden und ziemlich abgetragenen Kutte von Michael Poole. Die entoptische Flüssigkeit war abgesaugt und der Augapfel mit atembarer Luft geflutet worden, so daß die beiden dort überleben konnten; und er hatte den Schutzanzug abgelegt, um Shira gegenüber nicht im Vorteil zu sein.
    Angst ließ ihn in einem plötzlichen Kälteschauer erzittern, und er fühlte sich nackt.
    Er suchte nach Worten.
    »Du brauchst vor der Zukunft keine Angst zu haben, mein Liebes. Michael Poole hat sein Bestes gegeben, um uns vor dem Schicksal zu bewahren, das er für sich selbst gewählt hat. Wir haben für viele Stunden Luft in dieser Kammer, und Poole hat uns Heizelemente sowie Wasser- und Nahrungsmittelrationen mitgegeben. Wir werden wohl überleben können, bis wir von einem Schiff aus dieser Epoche aufgelesen werden. Und ich habe allen Grund zu der Annahme, daß du bald wieder bei deinen Leuten auf dem Erd-Schiff sein wirst.«
    Sie wandte ihm den Kopf zu; die wasserblauen Augen schienen verschwommen, als ob sie geweint hätte. »Schöner Trost von einem Diener der Qax, Jasoft Parz.«
    Er zuckte zusammen. »Ich kann dir das nicht verübeln«, meinte er geduldig. »Aber mit diesen Etiketten arbeiten wir jetzt nicht mehr, Shira. Wir befinden uns hier, du und ich, in diesem antiken Zeitabschnitt; und hier werden wir, nach der Zerstörung des Interface, auch den Rest unseres Lebens verbringen. Du mußt das endlich zur Kenntnis nehmen und nach vorne blicken…«
    »Ich nehme nur zur Kenntnis, daß ich gefangen bin«, erwiderte sie. »Sonst wenig.«
    »Gefangen in der Vergangenheit? So solltest du das nicht sehen. Wir sind in einen anderen Zeitabschnitt verpflanzt worden – in vielerlei Hinsicht eine bessere Ära, ein Goldenes Zeitalter der Menschheitsgeschichte. Bedenke, Shira; die Menschen dieser Epoche sind im Aufbruch und beginnen gerade erst, die Potentialitäten des Universums, in dem sie eingebettet sind, und die Ressourcen ihrer eigenen Existenz zu erforschen. Sie haben viele Übel, gesellschaftliche und pysiologische, in den Griff bekommen – Hunger, Krankheit, vorzeitigen Tod, den, dank der Qax, unsere verlorenen Zeitgenossen wieder erleiden. Es gibt hier viele Projekte für dich zu…«
    »Du verstehst nicht«, erwiderte sie schroff. »Ich meine nicht nur, in der Vergangenheit gefangen. Ich meine, in der Zukunft gefangen. Dank der Zerstörung des Projekts durch die wahnsinnige Arroganz von Michael Poole bin ich auf dieser isolierten, dem Untergang geweihten Zeitlinie gefangen.«
    »Aha. Deine Vision der global optimierten Ereignisketten…«
    »Erzähl mir nichts von Visionen, Kollaborateur.« Ihre Worte kamen in einem neutralen, geschäftsmäßigen Ton, und waren deshalb um so treffender. »Welche Visionen haben denn dich aufrechterhalten?«
    Er spürte, wie die Wangenmuskeln zuckten. »Schau, Shira, ich will dir helfen. Wenn du mich beleidigen willst, dann ist das in Ordnung. Aber früher oder später wirst du die Tatsache akzeptieren müssen, daß du, genauso wie ich, hier gefangen bist. In der Vergangenheit.«
    In einer anmutig wirkenden Bewegung drehte sie den Kopf wieder weg und ließ ihn auf die Knie sinken; ihr Körper schüttelte sich. »Nein«, entgegnete sie.
    Er fühlte sich allmählich etwas gereizt. »Was meinst du mit ›Nein‹? Wenn das verdammte Interface erst einmal gesperrt ist, wird es für dich keinen Weg mehr zurück in die Zukunft geben.«
    Jetzt lächelte sie unerwartet. »Keinen schnellen zumindest. Ja, das akzeptiere ich. Aber es gibt noch einen anderen Weg zurück. Den längeren Weg.«
    Er runzelte die Stirn.
    »Ich meine, sich hier einer AntiSenescence-Behandlung zu unterziehen«, fuhr sie fort. »Falls ich sie angeboten bekomme oder sie mir kaufen kann. Und dann…«
    »…und dann mußt du nur noch fünfzehn Jahrhunderte – fünfzig Generationen – auf das Wiederaufkommen der Singularitätentechnologie warten. Damit ihr wieder von vorne anfangen könnt. Meinst du das damit?«
    Sie behielt ihr Lächeln bei.
    »Wie kannst du nur in solchen Zeiträumen denken?« insistierte er. »Du hast doch Michael Poole kennengelernt; nach einer Lebensdauer von zwei Jahrhunderten war sein Kopf bereits so mit Gedankenmüll und Erfahrungsschichten angefüllt,

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