Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
weichen Herzen der Arche errichtet – dem sichersten Ort im Fall eines Angriffs. Und zur Hülle brachte man Hochleistungs-Laser, um sie als Waffen einzusetzen?
Die Holismus-Arche rüstete sich für den Kampf.
Rodi bekam hämmernde Kopfschmerzen und spürte einen metallischen Geschmack im Mund.
Thet flog durch die Kammer auf ihn zu. Sie hatte ein Kleiderbündel im Schlepptau.
Rodi stieß sich von der Wand ab und packte sie am Arm.
»Der Philosoph ist zurückgekehrt«, sagte Thet grinsend. Ihre Augen funkelten, und das Gesicht war gerötet.
Sie hatte auch einen Auswuchs am Ansatz der Wirbelsäule.
»Thet… Was geht hier vor?«
»Ich gehe zur Einigkeits-Arche. Als Schlacht-Kapitän. Ist das nicht phantastisch?«
»Ein Kampf? Gegen wen?«
»Die Xeelee. Gegen wen denn sonst? Was glaubst du wohl, weshalb wir diese weite Reise unternommen haben?«
Rodi verstärkte den Griff um ihren Oberarm. »Wir sind im Namen der Integralität gekommen. Weißt du noch? Wir sind gekommen, um den Krieg zu beenden und nicht, um Krieg zu führen.«
Sie lachte ihm ins Gesicht. »Das war gestern, Rodi. Aber heute ist ein andrer Tag. Und weißt du auch, wem wir das zu verdanken haben? Dir. Eine Ironie sondergleichen.« Mit Fingern wie Stahl zwang sie seine Hand auf und stieß sich ab.
»Wo ist Gren?«
»Im Lazarett«, rief sie. »Und, Rodi… das ist auch deine Schuld.«
Rodi hing für eine Weile an der Wand. Dann begab er sich ins provisorische Lazarett.
* * *
Gren war mit anderen Patienten zusammengepfercht. Sein Hals war dick bandagiert.
Rodi berührte das eingefallene Gesicht. Gren schlug die Augen auf und legte das Gesicht in Falten, als er Rodi erkannte. Er flüsterte: »Unser Erzfeind, / Der nun triumphiert und im Überschwang des Siegs / Durch sein Regiment die Tyrannei des Himmels ausübt.« Er verzog das Gesicht. »Du musst zugeben, dass das ein toller Plan war. Über hunderttausend Jahre, sogar unter der Folter der Xeelee, haben die Menschen diese Worte in Tausenden von Versfragmenten verborgen und eine epische List ersonnen…«
»Bitte«, sagte Rodi. Er fühlte sich hundeelend. »Ich verstehe kein Wort.«
Gren regte sich. »Es tut mir leid, Rodi. Die Wahrheit ist, dass die Integralität eine Farce ist, eine epische Täuschung, die Jahrtausende überspannt. Unsre Mission war eine Lüge, die es uns ermöglichte, mit dieser gewaltigen Armada ins Gebiet der Xeelee vorzustoßen. Generationen von Besatzungen haben ihren Auftrag ausgeführt, ohne den eigentlichen Zweck zu kennen.
Die rekonstruierte Poesie war der Schlüssel, musst du wissen. Als wir diese Worte hörten, wurde irgendetwas in uns gezündet – etwas, das im genetischen Code verankert ist, der uns ausmacht. Plötzlich wucherten Tumore…«
Rodi tastete seinen Nacken ab. Da war nichts.
»Du hast Glück gehabt«, flüsterte Gren. »Es bricht nicht bei jedem aus. Etwa ein Zehntel von uns ist nicht betroffen. Vielleicht zwei Drittel sind – programmiert worden. Wie Thet. Und der Rest von uns liegt im Sterben.«
Rodi wandte sich ab.
»Nein, Rodi«, sagte Gren. »Hör noch den Rest. Die Tumore bestehen aus Nervengewebe. Sie enthalten Informationen… es ist wie ein falsches Gedächtnis. Und wie ein Zwang. Ich ging zu einer Wand und berührte bestimmte Kacheln. Sie klappten um und enthüllten Schaltflächen – und ich wusste, wie man die in die Hülle integrierten Waffen bedient… Die Exaltation ist eine Täuschung, und die Botschaft der Integralität sollte einer Kampfflotte den Durchbruch zum Ring ermöglichen.
Dein Lied wird von der Holismus-Arche über geschützte Verschränkungs-Verbindungen verbreitet. Die Exaltation ist noch nicht völlig infiziert. Doch… am Ende…« Seine wässrigen Augen schlossen sich mit flatternden Lidern.
Rodi schüttelte sich vor Entsetzen. »Gren… sag mir, was zu tun ist. Wir müssen diesem Wahnsinn Einhalt gebieten…«
Gren öffnete den Mund, und ein Speichelfaden spannte sich zwischen den Lippen.
* * *
Die Holismus-Arche hatte sich bis zur Unkenntlichkeit verändert. Rodi sah, wie Waffenbehälter durch die Wände brachen, an denen noch die frommen Inschriften der Integralität prangten.
Er spielte mit dem Gedanken, seine Eltern zu suchen. Er stellte sich vor, wie sie ihn mit Tumoren im Nacken und leerem Gesicht begrüßten.
Er schauderte und flog zu den Gleiter-Hangars. Es stand nicht in seiner Macht, hier den Gang der Ereignisse zu beeinflussen. Wenn er sich aber aufs Schlachtfeld begab, würde er
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