Xenozid
viere von uns strecken und auf den Tod warten.«
»Nicht unbedingt«, sagte Bürgermeister Kovano. »Es ist möglich – eher wahrscheinlich –, daß die menschliche Bevölkerung des Planeten verloren ist. Doch wir können zumindest zu verhindern versuchen, daß die Kolonistenschiffe der Pequeninos die Descolada auf andere menschliche Welten tragen. Es scheint zwei Möglichkeiten zu geben – die biologische und die theologische.«
»Wir sind dem Ziel so nahe«, sagte Mutter. »In ein paar Monaten oder sogar Wochen werden Ela und ich einen Ersatz für die Descolada gefunden haben.«
»Das behaupten Sie«, sagte Kovano und wandte sich an Ela. »Und was sagen Sie ?«
Quim hätte fast laut aufgestöhnt. Ela wird sagen, daß sich Mutter irrt, daß es keine biologische Lösung gibt, und dann wird Mutter sagen, daß sie mich umbringen will, indem sie mich auf diese Mission schickt. Das hat der Familie gerade noch gefehlt – Ela und Mutter in einem offenen Krieg. Dank des Menschenfreunds Kovano Zeljezo.
Doch Ela antwortete nicht, wie Quim es befürchtet hatte. »Wir haben ihn fast fertiggestellt. Es ist die einzige Variante, die wir nicht schon vergeblich ausprobiert haben, doch wir stehen auf der Schwelle, ein Muster für einen Descolada-Virus auszuarbeiten, der den Lebenszyklus der eingeborenen Spezies aufrechterhält, aber unfähig ist, sich anzupassen und jede neue Spezies zu vernichten.«
»Du sprichst von einer Lobotomie für eine ganze Rasse«, sagte Quara verbittert. »Wir würde es dir gefallen, wenn jemand eine Möglichkeit fände, alle Menschen am Leben zu halten und ihnen gleichzeitig das Großhirn zu entfernen?«
Natürlich nahm Grego den Fehdehandschuh auf. »Wenn diese Viren ein Gedicht schreiben oder ein Theorem entwickeln können, kaufe ich euch diesen sentimentalen Scheißdreck ab, daß wir sie am Leben halten sollten.«
»Nur, weil wir sie nicht lesen können, heißt es noch lange nicht, daß sie keine Gedichte haben.«
»Fechai as bocas!« rief Kovano.
Augenblicklich verstummten sie.
»Nossa Senhora«, sagte er. »Vielleicht will Gott Lusitania vernichten, weil das die einzige Möglichkeit ist, euch beiden das Maul zu stopfen.«
Bischof Peregrino räusperte sich.
»Vielleicht auch nicht«, sagte Kovano. »Es liegt mir fern, über Gottes Motive zu spekulieren.«
Der Bischof lachte, was den anderen ermöglichte, es ihm gleichzutun. Die Spannung brach – wie eine Welle des Meeres, die einen Augenblick lang verschwunden war, aber gleich zurückkommen würde.
»Also ist der Anti-Virus fast fertig?« fragte Kovano.
»Nein – oder doch, ja, der Ersatz- Virus ist fast vollständig entworfen«, erwiderte Ela. »Aber es gibt noch zwei Probleme. Das erste ist die Anwendung. Wir müssen eine Möglichkeit finden, daß der neue Virus den alten angreift und ersetzt. Diese Möglichkeit ist… noch in weiter Ferne.«
»Noch in weiter Ferne, oder haben Sie nicht die geringste Ahnung, wie Sie es anstellen sollen?« Kovano war kein Narr und hatte offensichtlich schon mit Wissenschaftlern zu tun gehabt.
»Irgendwo dazwischen«, sagte Ela.
Mutter verlagerte ihr Gewicht auf dem Stuhl deutlich von Ela fort. Meine arme Schwester Ela, dachte Miro. Vielleicht spricht sie in den nächsten paar Jahren nicht mit dir.
»Und das andere Problem?«
»Es ist eine Sache, den Ersatz-Virus zu entwerfen. Eine andere, ihn herzustellen.«
»Das sind bloße Details«, sagte Mutter.
»Du irrst dich, Mutter, und du weißt es«, sagte Ela. »Ich kann graphisch darstellen, wie der neue Virus aussehen soll. Doch selbst wenn wir bei zehn Grad über dem absoluten Gefrierpunkt arbeiten, können wir den Descolada-Virus nicht ausreichend genau aufschneiden und wieder zusammensetzen. Entweder stirbt er, weil wir zuviel herausgenommen haben, oder er repariert sich augenblicklich wieder, wenn wir ihn wieder auf normale Temperaturen bringen, weil wir nicht genug herausgenommen haben.«
»Technische Probleme.«
»Technische Probleme«, sagte Ela scharf. »Als wolle man einen Verkürzer ohne eine philotische Verbindung bauen.«
»Also schließen wir daraus…«
»Wir schließen gar nichts«, sagte Mutter.
»Wir schließen daraus«, fuhr Kovano fort, »daß unsere Xenobiologen in scharfem Widerspruch über die Möglichkeit stehen, den Descolada-Virus überhaupt zu zähmen. Das führt uns zu dem anderen Lösungsversuch – wir müssen die Pequeninos überreden, ihre Kolonien nur auf unbewohnten Welten zu errichten, wo sie ihr
Weitere Kostenlose Bücher