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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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des Kongresses beherrscht wird, und nicht mir, einer Gottberührten?«
    »Ja.«
    Qing-jao brauchte einen Moment, um zu begreifen, daß Wang-mu gesprochen hatte und nicht Jane. Sie drehte sich zu ihrer geheimen Magd um und forderte sie auf zu erklären, was sie damit meinte.
    Wang-mu sah wie ein anderer Mensch aus; als sie sprach, war keine Schüchternheit in ihrer Stimme. »Wenn Demosthenes den Menschen von Weg berichtet, daß die Gottberührten nur Menschen mit einer genetischen Begabung, aber auch einem genetischen Defekt sind, besteht kein Grund mehr, daß sie über uns herrschen.«
    Zum ersten Mal kam Qing-jao in den Sinn, daß nicht jeder auf Weg der Ordnung, die die Götter begründet hatten, so zufrieden folgte wie sie. Zum ersten Mal begriff sie, daß sie mit ihrer Entschlossenheit, den Göttern zu dienen, vielleicht völlig allein dastand.
    »Was ist der Weg?« fragte Jane hinter ihr. »Zuerst die Götter, dann die Vorfahren, dann die Menschen, dann die Herrscher, dann man selbst.«
    »Wie kannst du es wagen, vom Weg zu sprechen, wo du doch versuchst, mich und meinen Vater und meine geheime Magd von ihm abzubringen?«
    »Stelle dir nur einen Augenblick lang vor: Was wäre, wenn alles, was ich dir gesagt habe, der Wahrheit entspräche?« sagte Jane. »Was wäre, wenn dein Leid von den Plänen böser Menschen herrührt, die dich ausbeuten und unterdrücken und die mit deiner Hilfe die ganze Menschheit ausbeuten und unterdrücken wollen? Denn genau das tust du, wenn du dem Kongreß hilfst. Das kann doch unmöglich sein, was die Götter wollen. Was wäre, wenn ich existiere, um dir einsichtig zu machen, daß der Kongreß das Mandat des Himmels verloren hat? Wenn die Götter von dir wollen, daß du dem Weg in seiner richtigen Reihenfolge dienst? Diene zuerst den Göttern, indem du die korrupten Herren des Kongresses, die das Mandat des Himmels verspielt haben, von der Macht entfernst. Dann diene deinen Vorfahren und deinem Vater, indem du ihre Erniedrigung durch die Hände der Folterer rächst, die euch mißgestaltet haben, um euch zu Sklaven zu machen. Dann diene dem Volk von Weg, indem du es von dem Aberglauben und den geistigen Qualen befreist, die es fesseln. Dann diene den neuen, aufgeklärten Herrschern, die den Kongreß ersetzen werden, indem du ihnen eine Welt voller überlegener Intelligenzen anbietest, die bereit sind, sie freiwillig und gern zu beraten. Und schließlich diene dir selbst, indem du die besten Wissenschaftler von Weg ein Heilmittel gegen dein Bedürfnis finden läßt, dein halbes Leben mit diesen sinnlosen Ritualen zu verschwenden.«
    Qing-jao lauschte Janes Ausführungen mit wachsendem Unbehagen. Sie klangen so plausibel. Wie konnte Qing-jao wissen, was die Götter wirklich wollten? Vielleicht hatten sie dieses Jane-Programm geschickt, um sie zu befreien. Vielleicht war der Kongreß so korrupt und gefährlich, wie Demosthenes behauptete, und vielleicht hatte er das Mandat des Himmels verloren.
    Doch schließlich wußte Qing-jao, daß es sich nur um die Lügen einer Verführerin handelte. Zum einen bestand kein Zweifel daran, daß die Stimme der Götter in ihr war. Hatte sie nicht diesen schrecklichen Drang verspürt, sich zu reinigen? Hatte sie nicht die Freuden erfolgreicher Verehrung gefühlt, wenn sie ihre Rituale abgeschlossen hatte? Ihre Beziehung zu den Göttern war die Sache in ihrem Leben, der sie sich am sichersten war; und jeder, der sie bestritt, der drohte, sie ihr zu nehmen, mußte nicht nur ihr Feind, sondern auch der des Himmels sein.
    »Ich werde meinen Bericht nur an die Gottberührten schicken«, sagte Qing-jao. »Wenn das gewöhnliche Volk gegen die Götter rebellieren will, kann ich nichts dagegen tun; doch ich werde ihm am besten dienen, indem ich die Gottberührten hier an der Macht halte, denn so kann die ganze Welt dem Willen der Götter folgen.«
    »Das alles ist bedeutungslos«, sagte Jane. »Selbst wenn die, zu denen die Götter sprechen, glauben sollten, was du glaubst, wirst du ohne meine Erlaubnis von dieser Welt niemals auch nur ein einziges Wort senden können.«
    »Es gibt Sternenschiffe«, sagte Qing-jao.
    »Es wird zwei Generationen dauern, bis sie deine Nachricht auf allen Welten verbreitet haben. Bis dahin wird der Sternenwege-Kongreß gestürzt worden sein.«
    Qing-jao mußte nun der Tatsache ins Auge sehen, der sie ausgewichen war: Solange Jane die Verkürzer kontrollierte, konnte sie die von Weg ausgehende Kommunikation so gründlich unterbrechen,

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