Xenozid
ist. Es hat mit einer außer Kontrolle geratenen Bürokratie und einem Militär zu tun, das…«
»Hör mir zu!« sagte Miro. »Du hast gesagt, du wolltest meine Geschichten hören, also höre dir auch diese Geschichte an: Es spielt keine Rolle, was für Gründe sie haben. Es spielt keine Rolle, ob sie ein Haufen mörderischer Tiere sind. Das ist mit egal. Wichtig ist nur – sollten sie Lusitania in die Luft jagen?«
»Was für ein Mensch bist du nur?« fragte Valentine. Er konnte sowohl Ehrfurcht als auch Abscheu in ihrer Stimme hören.
»Du bist die Moralphilosophin«, sagte Miro. »Du mußt es mir sagen. Erwartet man von uns, daß wir die Pequeninos so sehr lieben, daß wir zulassen, daß der Virus, den sie in sich tragen, die ganze Menschheit vernichtet?«
»Natürlich nicht. Wir müssen einfach eine Möglichkeit finden, die Descolada zu neutralisieren.«
»Und wenn wir das nicht können?«
»Dann stellen wir Lusitania unter Quarantäne. Selbst, wenn alle Menschen auf dem Planeten sterben – deine Familie und meine – müssen wir die Pequeninos nicht auslöschen.«
»Wirklich?« fragte Miro. »Was ist mit der Schwarmkönigin?«
»Ender hat mir gesagt, daß sie sich wiederhergestellt hat, aber…«
»Sie enthält eine vollständige Industriegesellschaft in sich. Sie wird Sternenschiffe bauen und den Planeten verlassen.«
»Sie wird die Descolada nicht mitnehmen!«
»Sie hat keine Wahl. Die Descolada ist bereits in ihr. Sie ist in mir .«
Damit hatte er sie endlich geschafft. Er sah sie in ihren Augen – die Furcht.
»Sie wird auch in dir sein. Selbst wenn du in dein Schiff zurückläufst und mich abschottest und nicht infiziert worden bist, wird die Descolada in dich und deinen Mann und deine Kinder eindringen, sobald du auf Lusitania landest. Sie müssen die Chemikalien tagtäglich in ihre Nahrung und ihr Wasser geben, ihr Leben lang. Und sie können Lusitania nie wieder verlassen, oder sie werden den Tod und die Vernichtung mit sich nehmen.«
»Wir wußten wohl, daß diese Möglichkeit bestand«, sagte Valentine.
»Als ihr abgeflogen seid, war es nur eine Möglichkeit. Wir glaubten, die Descolada würde bald unter Kontrolle sein. Jetzt sind sie sich nicht mehr sicher, ob sie überhaupt je unter Kontrolle zu bekommen ist. Und das bedeutet, daß ihr Lusitania nie wieder verlassen könnt, sobald ihr erst einmal gelandet seid.«
»Hoffentlich gefällt uns das Wetter.«
Miro betrachtete ihr Gesicht, versuchte zu ergründen, wie sie die Informationen verarbeitete, die er ihr gegeben hatte. Die ursprüngliche Furcht war verschwunden. Sie war wieder sie selbst – und dachte nach. »Weißt du, was ich glaube?« sagte Miro. »Ich glaube, ganz gleich, wie schrecklich der Kongreß ist, ganz gleich, wie böse seine Pläne auch sein mögen, diese Flotte könnte die Rettung der Menschheit sein.«
Valentine suchte nach Worten und antwortete dann bedächtig. Miro war froh, dies zu sehen – sie war ein Mensch, der nicht zurückschoß, ohne vorher nachzudenken. Sie war lernfähig. »Ich sehe ein, daß es eine Zeit geben könnte, wenn dem so sein wird, falls die Ereignisse einen ganz bestimmten möglichen Verlauf nehmen – aber das ist sehr unwahrscheinlich. Zuerst einmal… nachdem die Schwarmkönigin das alles weiß, ist es unwahrscheinlich, daß sie Sternenschiffe bauen wird, die die Descolada von Lusitania verschleppen werden.«
»Kennst du die Schwarmkönigin?« fragte Miro. »Verstehst du sie?«
»Selbst wenn sie so etwas tun würde«, sagte Valentine, »deine Mutter und Schwester arbeiten doch daran, oder? Wenn wir Lusitania erreichen – wenn die Flotte Lusitania erreicht –, haben sie vielleicht schon eine Möglichkeit gefunden, die Descolada ein für alle Mal zu kontrollieren.«
»Und wenn«, sagte Miro, »sollen sie sie auch anwenden?«
»Warum denn nicht?«
»Wie könnten sie den gesamten Descolada-Virus töten? Der Virus ist ein integraler Bestandteil des Lebenszyklus der Schweinchen. Wenn die Körperform der Pequeninos stirbt, ermöglicht der Descolada-Virus die Umwandlung in den Baumzustand, den die Schweinchen das dritte Leben nennen – und nur im dritten Leben können die männlichen Schweinchen die Gattinnen befruchten. Wenn es den Virus nicht mehr gibt, gibt es auch keinen Übergang ins dritte Leben mehr, und diese Schweinchen-Generation ist die letzte.«
»Das macht es nicht unmöglich, sondern nur schwerer. Deine Mutter und Schwester müssen eine Möglichkeit finden, die
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