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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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klaffende Löcher, durch die der Wind blasen und der Regen auf uns fallen kann, während wir beten. Und so wird die Kathedrale bleiben, beschädigt und aufgebrochen, bis diese Kapelle fertiggestellt ist.
    Und wie werden wir sie fertigstellen? Ihr werdet nach Hause gehen und werdet die Mauern eurer eigenen Häuser aufbrechen und die herausfallenden Steine hierher bringen. Und auch ihr werdet eure Mauern aufgebrochen lassen, bis diese Kapelle fertiggestellt ist.
    Dann werden wir Löcher in die Mauern jeder Fabrik reißen, in jedes Gebäudes unserer Kolonie, bis es keins mehr gibt, das nicht die Wunde unserer Sünde zeigt. Und all diese Wunden werden bleiben, bis die Mauern hoch genug sind, daß wir das Dach daraufsetzen können, was aus den versengten Stämmen bestehen wird, die im Wald fielen, als sie versuchten, ihr Volk vor unseren mörderischen Händen zu bewahren.
    Und dann werden wir alle zu dieser Kapelle gehen und sie auf unseren Knien betreten, einer nach dem anderen, bis jeder von uns über die Gräber unserer Toten gekrochen ist, und unter den Leichen dieser uralten Brüder, die als Bäume im dritten Leben lebten, das unser gnädiger Gott ihnen gegeben hatte, bis wir es beendeten. Dort werden wir alle um Vergebung beten. Wir werden beten, daß unser verehrter Vater Estevão für uns spricht. Wir werden beten, daß Jesus unsere schreckliche Sünde in seine Buße einschließt, damit wir nicht die Ewigkeit in der Hölle verbringen müssen. Wir werden beten, daß Gott uns läutert.
    Erst dann werden wir unsere beschädigten Mauern reparieren und unsere Häuser wiederherstellen. Das ist unsere Buße, meine Kinder. Laßt uns beten, daß sie ausreicht.«
     
    In der Mitte einer mit Asche bestreuten Lichtung standen Ender, Valentine, Miro, Ela, Quara, Ouanda und Olhado und sahen zu, wie die geehrteste aller Gattinnen lebendig gehäutet und in den Boden gepflanzt wurde, damit aus dem Leichnam ihres zweiten Lebens ein neuer Mutterbaum wuchs. Als sie starb, griffen die überlebenden Gattinnen in einen Spalt im alten Mutterbaum und holten die Leichen der toten Kinder und kleinen Mütter heraus, die dort gelebt hatten, und legten sie auf den blutenden Körper, bis sie einen Hügel bildeten. Innerhalb von ein paar Stunden würde sich ihr Schößling durch die Leichen erheben und nach dem Sonnenlicht greifen.
    Sie würde rasch wachsen, bis sie dick und hoch genug war, um eine Öffnung in ihren Stamm zu bilden. Wenn sie sich schnell genug öffnete, konnten die wenigen überlebenden Babys, die sich in der klaffenden Öffnung des alten, toten Mutterbaums festklammerten, in den kleinen neuen Hafen übersiedelt werden, den der neue Mutterbaum ihnen anbieten würde. Sollte es sich bei einigen der überlebenden Babys um kleine Mütter handeln, würde man sie zur Paarung zu den überlebenden Vaterbäumen Mensch und Wühler tragen. Sollten in ihren winzigen Körpern neue Babys empfangen werden, würde der Wald, der das Beste und Schlechteste erfahren hatte, was Menschen ihm antun konnten, überleben.
    Falls nicht – falls die Babys alle männlich waren, falls die weiblichen unter ihnen unfruchtbar waren oder falls alle zu stark von den Hitze des Feuers verletzt worden waren oder falls die Tage des Hungers, die sie überstehen mußten, bis der neue Mutterbaum für sie bereit war, sie zu sehr schwächten –, würde der Wald mit diesen Brüdern und Gattinnen sterben, und Mensch und Wühler würden etwa ein Jahrtausend als stammlose Vaterbäume weiterleben. Vielleicht würden andere Stämme sie ehren und kleine Mütter zur Paarung zu ihnen bringen. Aber sie würden keine Väter ihres eigenen Stammes sein, umgeben von ihren Söhnen. Sie würden einsame Stämme ohne einen eigenen Wald sein, die einsamen Monumente der Arbeit, für die sie gelebt hatten: Menschen und Pequeninos zusammenzubringen.
    Was die Wut gegen Kriegmacher betraf, so war sie verebbt. Die Vaterbäume Lusitanias waren übereingekommen, daß jegliche moralische Schuld, die sie durch den Tod Vater Estevãos auf sich geladen hatten, durch das Gemetzel an den Wäldern Wühlers und Menschs mehr als beglichen worden war. In der Tat hatte Kriegmacher viel neue Gefolgschaft für seine Ketzerei gewonnen – denn hatten die Menschen nicht bewiesen, daß sie des Wortes Christi unwürdig waren? Die Pequeninos, so sagte Kriegmacher, waren auserwählt als Gefäße des Heiligen Geistes, während die Menschen eindeutig keinen Teil Gottes in sich trugen. Wir müssen keine weiteren

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