Xenozid
um und verließ die Schule. Er war sich nicht sicher, wohin er ging, nur, daß er dorthin mußte.
»Es tut mir leid«, sagte Jane leise.
»Ja.«
»Wenn ich tot bin«, sagte sie, »wird Novinha vielleicht zu dir zurückkommen.«
»Wenn ich es verhindern kann, wirst du nicht sterben.«
»Aber du kannst es nicht. Sie werden mich in ein paar Monaten abschalten.«
»Halt den Mund«, sagte er.
»Es ist nur die Wahrheit.«
»Halt den Mund und laß mich nachdenken.«
»Was ist, willst du mich retten? Du hast in letzter Zeit nicht viel Erfolg damit, den Retter zu spielen.«
Er antwortete nicht, und sie schwieg den Rest des Nachmittags über. Er ging durch das Tor, wanderte aber nicht in den Wald. Statt dessen verbrachte er den Nachmittag im Grasland, allein, unter der heißen Sonne.
Manchmal dachte er nach, versuchte, sich mit den Problemen zu befassen, die noch über ihnen schwebten: die Flotte, die gegen sie zu Felde zog, der Tag, an dem man Jane abschalten würde, die ständigen Versuche der Descolada, die Menschen von Lusitania zu vernichten, Kriegmachers Plan, die Descolada in der gesamten Galaxis zu verbreiten, die heikle Lage in der Stadt, nun, da die Schwarmkönigin ständig Wache über den Zaun hielt, und ihre bittere Buße, die sie an den Mauern ihrer eigenen Häuser reißen ließ.
Und manchmal war sein Geist fast bar aller Gedanken, während er im Gras saß oder lag, zu betäubt, um zu weinen, während ihr Gesicht durch sein Gedächtnis glitt, seine Lippen, die Zunge und die Zähne ihren Namen bildeten, er stumme Bitten an sie richtete und doch wußte, daß sie ihm, selbst wenn er rief, selbst wenn sie seine Stimme hören sollte, nicht antworten würde.
Novinha.
Kapitel 13
Freier Wille
›Einige von uns glauben, man sollte die Menschen daran hindern, über die Descolada zu forschen. Die Descolada ist das Herz unseres Lebenszyklus. Wir befürchten, daß sie eine Möglichkeit finden werden, die Descolada auf der ganzen Welt zu töten, und das würde uns in einer Generation vernichten.‹
›Und wenn es euch gelänge, die Menschen an der Forschung über die Descolada zu hindern, wären sie mit Sicherheit innerhalb von ein paar Jahren ausgemerzt.‹
›Ist die Descolada so gefährlich? Warum können sie sie nicht weiterhin so im Zaum halten, wie es jetzt der Fall ist?‹
›Weil die Descolada nicht nur zufällig mutiert. Sie ist intelligent und paßt sich an, um uns zu vernichten.‹
›Uns? Dich?‹
›Wir kämpfen schon die ganze Zeit über gegen die Descolada. Nicht in Laboratorien, wie die Menschen, aber in uns selbst. Bevor ich Eier lege, durchlaufe ich eine Phase, in der ich ihre Körper darauf vorbereite, alle Antikörper herzustellen, die sie im Lauf ihres Lebens brauchen werden. Wir erkennen, wenn die Descolada anfängt, sich zu verändern, weil dann auch die Arbeiter zu sterben anfangen. Dann bildet ein Organ in der Nähe meiner Eierstöcke neue Antikörper, und wir legen Eier für neue Arbeiter, die der veränderten Descolada widerstehen können.‹
›Also versuchst auch du, sie zu vernichten.‹
›Nein. Unser Prozeß läuft völlig unbewußt ab. Er findet ohne bewußte Einmischung im Körper der Schwarmkönigin statt. Wir können nicht mehr tun, als der derzeitigen Gefahr zu begegnen. Unser Immunitätsorgan ist viel wirksamer und anpassungsfähiger als irgend etwas im menschlichen Körper, doch auf lange Sicht werden wir dasselbe Schicksal wie die Menschen erleiden, wenn die Descolada nicht vernichtet wird. Der Unterschied ist, falls wir von der Descolada ausgemerzt werden, gibt es keine andere Schwarmkönigin im Universum mehr, die das Bestehen unserer Rasse gewährleisten könnte. Wir sind die letzte.‹
›Dann ist dein Fall noch verzweifelter als ihrer.‹
›Und wir sind sogar noch hilfloser dagegen. Wir haben keine Wissenschaft der Biologie, die über Begriffe der simplen Landwirtschaft hinausgeht. Unsere natürlichen Methoden waren bei der Krankheitsbekämpfung so effektiv, daß wir niemals den gleichen Drang wie die Menschen hatten, das Leben zu verstehen und beherrschen.‹
›Dann gibt es also keine andere Möglichkeit? Entweder wir werden vernichtet, oder ihr und die Menschen werdet vernichtet. Wenn die Descolada bestehen bleibt, tötet sie euch. Wenn sie aufgehalten wird, sterben wir.‹
›Das ist eure Welt. Die Descolada ist in euren Körpern. Wenn die Zeit kommt, zwischen euch und uns eine Wahl zu treffen, werdet ihr es sein, die überleben.‹
›Du sprichst
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