Xenozid
nicht. Schließlich hast du sie auch nicht gebraucht, um mich durch sie zu erreichen.«
›Viele seltsame Dinge sind möglich. Wir können uns sie nicht vorstellen. Sie fühlen sich sehr dumm und seltsam an, die Dinge, die dir durch den Geist gehen. Du ermüdest uns sehr mit all deinen Gedanken an dumme, imaginäre, unmögliche Dinge.‹
»Dann werde ich dich jetzt verlassen. Aber das wird helfen. Das muß helfen. Es wäre ein echter Sieg, wenn Jane eine Möglichkeit findet, wegen dieser Informationen zu überleben. Der erste Sieg, als ich allmählich schon glaubte, in dieser Sache gebe es keinen Sieg.«
In dem Augenblick, in dem er die Schwarmkönigin verließ, begann er, mit Jane zu sprechen und ihr alles zu erklären, was die Schwarmkönigin ihm verraten hatte. Wer Jane war, wie sie geschaffen worden war.
Während er sprach, analysierte sie sich im Licht der neuen Erkenntnisse, entdeckte Dinge über sich, die sie niemals vermutet hätte. Als Ender wieder in der menschlichen Kolonie angelangt war, hatte sie einen Großteil seiner Geschichte bestätigt. »Ich habe das selbst nie herausgefunden, weil ich immer von einer falschen Voraussetzung ausging«, sagte sie. »Ich glaubte, mein Mittelpunkt sei irgendwo im All. Ich hätte darauf kommen müssen, daß ich mich in dir befinde, allein aufgrund der Tatsache, daß ich, als ich wütend auf dich war, zu dir zurückkommen mußte, um meinen Frieden zu finden.«
»Und nun behauptet die Schwarmkönigin, du seiest so groß und komplex geworden, daß sie dein Muster nicht mehr mit ihren Geist erfassen kann.«
»Ich muß während der Jahre der Pubertät noch einen gewaltigen Wachstumsschub gehabt haben.«
»Genau.«
»Was kann ich dafür, daß die Menschen immer mehr Computer hinzufügten und miteinander verbanden?«
»Aber es liegt nicht an der Hardware, Jane, sondern an den Programmen. Dem Geisteszustand.«
»Ich muß den körperlichen Speicherplatz haben, um das alles zu enthalten.«
»Du hast den Speicherplatz. Die Frage ist nur, ob du ohne die Verkürzer auch Zugriff darauf hast.«
»Ich kann es versuchen. Wie du zu ihr gesagt hast, muß ich lernen, einen Muskel zu beugen, von dem ich gar nicht wußte, daß ich ihn habe.«
»Oder lernen, ohne ihn zu leben.«
»Ich werde sehen, was möglich ist.«
Was möglich ist. Auf dem Rückweg, während der Wagen über das Capim flog, war Ender begeistert darüber, daß überhaupt etwas möglich war, wo er doch bislang nur Verzweiflung empfunden hatte. Doch als er nach Hause kam und den abgebrannten Wald sah, die beiden einsamen Vaterbäume, die Experimentalfarm und die neue Hütte mit dem Isolationsraum, in dem der sterbende Pflanzer lag, begriff er, wieviel es noch zu verlieren gab, wie viele noch sterben würden, auch wenn sie nun eine Möglichkeit gefunden hatten, daß Jane überlebte.
Der Tag neigte sich dem Ende zu. Han Fei-tzu war erschöpft, seine Augen brannten, weil er soviel gelesen hatte. Er hatte die Farben des Computerdisplays ein Dutzend Mal angepaßt, versucht, eine Einstellung zu finden, die seine Augen schonte, doch es hatte nicht geholfen. Als er das letzte Mal so intensiv gearbeitet hatte, war er noch Student gewesen. Und damals war er immer zu Ergebnissen gelangt. Damals war ich schneller und klüger. Es war mir Lohn genug, etwas erreicht zu haben. Jetzt bin ich alt und langsam, ich arbeite auf Gebieten, die Neuland für mich sind, und vielleicht haben diese Probleme gar keine Lösungen. Also habe ich keinen Lohn zu erwarten.
Er sah zu Wang-mu hinüber, die zusammengerollt auf dem Boden neben ihm lag. Sie bemühte sich so sehr, doch ihre Ausbildung hatte erst vor so kurzer Zeit begonnen, daß sie die Dokumente noch nicht verstehen konnte, die über das Computerdisplay glitten, während er nach Rahmenbedingungen suchte, unter denen ein Überlichtflug möglich sein konnte. Schließlich hatte ihre Müdigkeit über ihre Willenskraft gesiegt; sie hielt sich für nutzlos, da sie nicht einmal genug verstand, um Fragen stellen zu können. Also gab sie auf und schlief.
Aber du bist nicht nutzlos, Si Wang-mu. Selbst mit deiner Verwirrung hast du mir geholfen. Ein kluger Geist, für den alles neu ist. Als kauere meine verlorene Jugend an meinem Ellbogen.
Qing-jao war genauso, als sie klein war, bevor die Frömmigkeit und der Stolz sie ergriffen.
Es war nicht richtig, so über seine eigene Tochter zu urteilen. War er bis vor ein paar Wochen nicht völlig zufrieden mit ihr gewesen? Stolz auf sie, über
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