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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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würde sie auf ihn hören, wenn sie den Virus einsetzten, wenn die Götter verstummten. Vielleicht konnte er sie dann zur Vernunft zurückführen.
     
    Sie saßen in dem Sternenschiff – es sah eher aus wie zwei Metallkuppeln, eine über die andere gelegt, mit einer Tür in der Seite. Janes Entwurf, sorgfältig ausgeführt von der Schwarmkönigin und ihren Arbeitern, sahen zahlreiche Instrumente auf der Außenseite des Schiffes vor. Doch selbst mit diesem Gewimmel von Sensoren erinnerte es an kein Sternenschiff, das je zuvor erbaut worden war. Es war viel zu klein, und es gab keinen sichtbaren Antrieb. Die einzige Energie, die dieses Schiff irgendwo hin tragen konnte, war die unsichtbare Aiua, die Ender mit sich an Bord brachte.
    Sie saßen sich in einem Kreis gegenüber. Es befanden sich sechs Sessel an Bord, weil die Chance bestand, daß Janes Muster es ermöglichte, das Schiff immer wieder einzusetzen und somit mehr Passagiere von einer Welt zur anderen zu befördern. Sie hatten jeden zweiten Sessel besetzt, so daß sie ein Dreieck bildeten: Ender, Miro, Ela.
    Alle Abschiedsworte waren gesprochen. Schwester und Brüder, andere Verwandte und viele Freunde waren gekommen. Das Fehlen einer Person war jedoch besonders schmerzlich. Novinha. Enders Frau, Miros und Elas Mutter. Sie wollte damit nichts zu tun haben. Das war das einzig echte Leid beim Abschied.
    Der Rest bestand aus Furcht und Aufregung, Hoffnung und Unglaube. Vielleicht waren sie nur einen Augenblick vom Tod entfernt. Vielleicht waren sie nur einen Augenblick davon entfernt, die Reagenzgläser auf Elas Schoß mit den Viren zu füllen, die für zwei Welten die Erlösung bedeuten würden. Vielleicht waren sie die Pioniere einer neuen Art von Sternenflug, die die durch das M.D.-Gerät bedrohte Spezies retten würde.
    Vielleicht waren sie auch einfach nur drei Narren, die auf einer Wiese vor dem Umzäunung der menschlichen Kolonie Lusitanias saßen, bis es so heiß und stickig in ihrem Raumschiff wurde, daß sie es verlassen mußten. Natürlich würde niemand lachen, der draußen wartete, doch in der ganzen Stadt würde es Gelächter geben, Gelächter der Verzweiflung. Es würde bedeuten, daß es keinen Ausweg gab, keine Freiheit, nur immer mehr Furcht, bis der Tod in einer seiner vielen möglichen Verkleidungen kam.
    »Bist du bei uns, Jane?« fragte Ender.
    Die Stimme in seinem Ohr klang gelassen. »Während ich dies tue, Ender, kann ich keinen Teil von mir erübrigen, um mich mit dir zu unterhalten.«
    »Also wirst du bei uns, aber stumm sein«, sagte Ender. »Wie soll ich wissen, daß du noch da bist?«
    Sie lachte leise in seinem Ohr. »Törichter Junge, Ender. Wenn du noch da bist, bin ich in dir. Und wenn ich nicht in dir bin, gibt es auch kein ›dort‹ mehr, in dem du sein kannst.«
    Ender stellte sich vor, wie er in eine Billiarde zusammengesetzter Teile zerbrach und sich im Chaos verstreute. Das persönliche Überleben hing nicht nur davon ab, daß Jane das Muster des Schiffes zusammenhielt, sondern auch, daß er das Muster seines Körpers und Geistes zusammenhalten konnte. Doch er hatte keine Ahnung, ob sein Geist wirklich stark genug war, um dieses Muster aufrechtzuhalten, sobald er dort war, wo die Naturgesetze keine Geltung mehr hatten.
    »Fertig?« fragte Jane.
    »Sie fragt, ob wir bereit sind«, sagte Ender.
    Miro nickte bereits. Ela senkte den Kopf. Nach einem Augenblick bekreuzigte sie sich, umfaßte dann fest das Gestell mit den Reagenzgläsern auf ihrem Schoß und nickte.
    »Wenn wir gehen und zurückkommen, Ela«, sagte Ender, »war es kein Fehlschlag, obwohl du vielleicht nicht den Virus schaffen konntest, den du brauchst. Wenn das Schiff funktioniert, können wir jederzeit zurückkehren. Glaube nicht, daß alles davon abhängt, was du dir heute vorstellen kannst.«
    Sie lächelte. »Ich werde nicht überrascht sein, wenn es einen Fehlschlag gibt, doch ich bin auch auf den Erfolgsfall vorbereitet. Mein Team steht bereit, Hunderte von Bakterien in die Welt freizugeben, wenn ich mit der Recolada zurückkomme und wir die Descolada ersetzen können. Es ist riskant, doch innerhalb von fünfzig Jahren wird diese Welt wieder eine sich selbst regulierende Gaialogie sein. Ich habe eine Vision von Rotwild und Vieh im hohen Gras Lusitanias und von Adlern im Himmel.« Dann sah sie wieder auf die Reagenzgläser auf ihrem Schoß. »Ich habe auch ein Gebet an die Mutter Gottes gesprochen, damit derselbe Heilige Geist, der Gott in ihrem Leib erschuf,

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