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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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das Glas, trank den Inhalt und kehrte schnellen Schrittes zum Haus zurück. Die alte Mu-pao begrüßte ihn an der Tür. »Meister Han«, sagte sie. »Ich wußte nicht, wo Ihr wart. Und Wang-mu ist auch fort.«
    »Sie wird eine Weile fort sein«, sagte er. Dann trat er sehr nahe an die alte Dienerin heran, um ihr ins Gesicht zu atmen. »Du warst meinem Haus treuer ergeben, als wir es je verdient hatten.«
    Ein Anflug von Furcht erschien auf ihrem Gesicht. »Meister Han, Ihr wollt mich doch nicht entlassen, oder?«
    »Nein«, sagte er. »Ich wollte dir nur danken.«
    Er ließ Mu-pao stehen und streifte durch das Haus. Qing-jao war nicht in ihrem Zimmer. Das war keine Überraschung. Sie verbrachte die meiste Zeit damit, Gäste zu unterhalten. Er fand sie im Morgenzimmer mit drei sehr würdevollen, gottberührten alten Herren aus einer zweihundert Kilometer entfernten Stadt.
    Qing-jao stellte sie einander höflich vor und nahm dann die Rolle der unterwürfigen Tochter ein. Meister Han verbeugte sich vor jedem der Herren, doch dann ergab sich die Gelegenheit, die Hand auszustrecken und jeden von ihnen zu berühren. Jane hatte ihm erklärt, daß der Virus höchst ansteckend war. Die bloße körperliche Nähe reichte normalerweise aus; eine Berührung machte es viel sicherer.
    Und nachdem er sie begrüßt hatte, wandte er sich an seine Tochter. »Qing-jao«, sagte er, »würdest du ein Geschenk von mir annehmen?«
    Sie verbeugte sich und antwortete höflich: »Was immer mein Vater mir gebracht hat, werde ich dankbar entgegennehmen, obwohl ich weiß, daß ich seiner Aufmerksamkeit nicht würdig bin.«
    Er streckte die Arme aus und zog sie an sich. Sie war steif und unbeholfen in seiner Umarmung – seit sie ein kleines Mädchen gewesen war, hatte er sich vor Würdenträgern nicht mehr so impulsiv verhalten. Doch er drückte sie dennoch fest an sich, denn er wußte, daß sie ihm niemals für das vergeben würde, was aus dieser Umarmung kam, und es daher das letzte Mal war, daß er seine ›Strahlend Helle‹ in den Armen hielt.
     
    Qing-jao wußte, was die Umarmung ihres Vaters bedeutete. Sie hatte beobachtet, wie ihr Vater mit Wang-mu in den Garten ging und das Sternenschiff am Flußufer erschien. Sie hatte gesehen, wie er von dem Fremden das Reagenzglas bekam und daraus trank. Dann war sie hierher gegangen, um Besucher ihres Vaters zu empfangen. Ich erfülle meine Pflicht, mein geehrter Vater, obwohl du mich betrügen willst.
    Und selbst jetzt, obwohl sie wußte, daß seine Umarmung die grausame Methode war, sie von der Stimme der Götter zu trennen, empfing sie, was er ihr geben wollte. War er nicht ihr Vater? Sein Virus von der Welt Lusitania mochte ihr die Stimme der Götter stehlen oder auch nicht, doch wenn sie ihren Vater zurückwies und ihm nicht gehorchte, würden die Götter sie mit Sicherheit bestrafen. Es war besser, sich der Götter weiterhin als würdig zu erweisen, indem sie ihrem Vater den gebührenden Respekt und Gehorsam erwies, als ihm im Namen der Götter den Gehorsam zu verweigern und sich daher als ihrer Gaben unwürdig zu erweisen.
    Also nahm sie seine Umarmung hin.
    Nachdem er kurz mit den Gästen gesprochen hatte, ging er. Sie hielten es für eine große Ehre, daß er sie persönlich empfangen hatte; Qing-jao hatte die verrückte Rebellion ihres Vater gegen die Götter so sorgfältig verborgen, daß Han Fei-tzu noch immer als einer der größten Männer von Weg angesehen wurde. Sie sprach leise mit ihnen, lächelte freundlich und schickte sie dann ihres Weges. Sie gab ihnen nicht den geringsten Hinweis, daß sie eine Waffe mitnehmen würden. Warum sollte sie auch? Menschliche Waffen konnten gegen die Macht der Götter nichts ausrichten, wenn die Götter es nicht wollten. Und wenn die Götter nicht mehr mit den Menschen von Weg sprechen wollten, mochte dies durchaus die Tarnung sein, die sie für ihr Vorgehen ausgewählt hatten. Sollen die Ungläubigen doch annehmen, Vaters Lusitania-Virus habe uns von den Göttern getrennt; ich hingegen weiß, wie alle anderen loyalen Männer und Frauen, daß die Götter sprechen, zu wem sie wollen, und kein Menschenwerk sie davon abhalten kann. All ihr Handeln war Selbstgefälligkeit. Soll der Kongreß doch glauben, er habe die Götter veranlaßt, zu Weg zu sprechen. Sollen Vater und die Lusitanier doch glauben, sie hätten die Götter zum Verstummen gebracht. Ich hingegen weiß, daß die Götter zu mir sprechen werden, wenn ich mich nur als würdig erweise.
    Ein

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