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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
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    Berichterstatter?

    Blättert man in Zeitungen und Zeitschriften bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts, so macht man eine interessante Beobachtung: Beiträge weisen nie einen Verfasser auf und versuchen eine einigermaßen objektive Berichterstattung zu liefern. Oft ist sie vielleicht eingefärbt durch die »ideologische Ausrichtung« der Publikation: klerikal, national, kommunistisch oder was auch immer.
    Zwischen den Weltkriegen beginnt sich die Situation allmählich zu ändern. Es tauchen erstmals regelmäßig »Leitartikel« auf, die nicht mehr anonym sind, sondern deren Autoren stolz ihre Namen darunter setzen.
    Diese Tendenz hat sich ungebrochen weiterentwickelt. Nimmt man heute eine Zeitung oder gar ein Wochenmagazin wie »Spiegel«, »Profil« oder »Times« in die Hand, sind viele Beiträge als Aufsätze von klar erkennbaren Autoren ausgewiesen, wird auch immer weniger versucht, einen objektiven Überblick zu geben. Man findet sogar Ausdrücke wie »meiner Meinung nach«, »ich glaube« usw. Wir lesen nicht mehr Berichterstattungen, sondern Glaubensbekenntnisse der Journalisten: Diese versuchen gar nicht, objektiv zu berichten (das wäre zu langweilig), sondern geben eine kräftig persönlich eingefärbte Meinung von sich, die schon manchmal nur deshalb geschrieben wird, weil sie originell klingt, nicht weil die Autoren sie glauben!
    Ich verstehe das alles ganz gut. Ich schreibe ja diese Beiträge auch so! Und alle, die meine Meinungen (oder meine Gedankenspielereien, das ist der bessere Ausdruck!) nicht interessieren, sollen sie nicht lesen!
    Aber wenn ich ein »Nachrichtenmagazin« lese, dann interessiert mich nicht die Meinung der Autoren (egal, wie immer sie heißen mögen), ich möchte eine möglichst vielseitige und umfassende Berichterstattung.
    Schade, dass diese Art des Journalismus verloren gegangen ist. Und vielleicht ist das der Grund, warum ich eine Zeitung wie die »Züricher« so gerne habe. Da wird (fast) alles so geschildert, wie es halt ist: grau in grau, Argumente in alle Richtungen, weder die Serben noch die Kroaten, noch die Bosnier sind immer die »Bösen«: Bei allem gibt es Plus und Minus.
    Die »neue« Art des (wie ich es nenne) »Meinungsjournalismus« hat noch eine andere fatale Auswirkung: Niemand wagt es mehr, zu irgendeinem Thema eine »neutrale« (= lauwarme) Haltung einzunehmen: ganz dafür oder ganz dagegen … Alles andere ist langweilig!
    Der MUPID (der von Posch und mir entwickelte Prä-WWW Netzwerkcomputer) wird von Journalsiten immer gesehen als entweder der größte Flop der Computerentwicklung in Österreich (weil er nicht wie Apple die Welt eroberte, sondern nach fünf Jahren ganz guten Erfolges friedlich oder nicht so friedlich entschlief) oder er wird gesehen als der größte Erfolg in der österreichischen Computergeschichte (weil nie vorher eine originelle österreichische Computerentwicklung in Stückzahlen von mehreren Zehntausend – davon immerhin fast 15.000 ins Ausland – verkauft wurde) und weil aus der ursprünglichen Firma mehr als ein Dutzend neue entstanden von denen heute einige grösser sind als MUPID Ges.m.b.H. es je war. Wie immer stimmen beide Extrempositionen nicht, sondern ist die Wahrheit eine laue, langweilige Mischung in der Mitte. Und weil so etwas niemand liest, hat sich die Berichterstattung gewandelt zu einer Sensationsberichterstattung, in der alles, von der Qualität der Politiker bis zum ökologischen Phänomen, von der wissenschaftlichen bis zur wirtschaftlichen Entwicklung, nur noch die Urteile »sehr gut« oder »nicht genügend« erhält.
    Was können wir tun, dass eine »sokratische« Diskussion aller Vor- und Nachteile wieder üblicher wird, in der man wenigstens versucht, alle Standpunkte zu erwähnen?
    5.6 Alles, was in den Zeitungen steht, ist falsch!

    Wie jeder Mensch kenne ich mich nur in einigen Spezialgebieten gut aus: in Teilen der Mathematik, der Computerwissenschaften, gewisser Aspekte Nordamerikas usw.
    Jedes Mal, wenn ich einen detaillierten Bericht in einer Zeitung oder Zeitschrift zu einem dieser Themen lese (auch wenn ich selbst interviewt wurde oder Material zur Verfügung stellte), stelle ich fest, dass der Bericht gravierende Fehler enthält; Fehler, die nur Fachleuten auffallen, Laien (auch gebildeten Laien) wohl kaum.
    Ich muss daraus schließen, dass alle Berichterstattungen zu komplexeren Themen solche Fehler enthalten, mir nur die meisten nicht bewusst werden, weil ich vom entsprechenden

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