Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
Vom Netzwerk:
wieder böse Missverständnisse auftreten: Die Frau, die sagt: »Mir ist nicht gut, ich bin ein bisschen krank«, ist enttäuscht, wenn der Mann darauf antwortet: »Soll ich dich zum Arzt bringen?« Ihre Aussage erfordert keine Tat (aber bei Männern steht das Tun, die Aktion stark im Vordergrund), ihre Aussage will nur Anteilnahme, ein Gespräch bewirken!
    All dies sind Beispiele und Tatsachen, die jeder kennt, der sich mit dem Verstehen (der Semantik) einer (beliebigen) Sprache beschäftigt. Ich behaupte, dass nicht nur verschiedene Menschen Worte verschieden verstehen, sondern dass wir alle andauernd Worte verwenden, die wir selbst nicht verstehen!
    Ich denke etwa an das klassische Beispiel Gorbatschow, der auf die Frage eines Journalisten, er solle Kommunismus definieren, nicht recht wusste, was er sagen sollte. Aber, Hand aufs Herz, können Sie Kommunismus vernünftig definieren? Wissen Sie, ob Kommunismus Planwirtschaft bedeutet oder das nur zufällig in Russland so gewesen ist usw.? Wer hat nicht schon von den »Neonazi« in den USA gehört und weiß, was damit gemeint ist? (Nicht nur Sie wissen das nicht, seien Sie getrost, auch die Journalisten, die es verwenden, wissen es genauso wenig.) Wenn Sie von Rauschgift reden, was rechnen Sie dazu, was nicht? Tee, Kaffee, Nikotin, Alkohol, Haschisch? Was bedeutet Rasse, Nation, Volk (um einige Worte zu wählen, über die wütende Gespräche oder Klagen geführt werden, und keiner weiß, was die andere Person überhaupt damit gemeint hat). Wenn Sie von rohem Fleisch reden, meinen Sie ungekochtes oder nur unbehandeltes? Für manche Menschen sind Salzheringe, Speck, Bündnerfleisch usw. roh, da ungekocht; für mich nicht.
    Damit es nicht zu langweilig wird, höre ich hier mit den Beispielen auf. Es gibt Abertausende, oft recht subtile. Darum bekenne ich öffentlich: Ich verstehe Deutsch nicht!
    Nur, die Konsequenz dieser Aussage ist furchtbar. Wenn wir schon selbst nicht mehr verstehen, was wir selbst sagen, wie soll dann noch eine vernünftige Kommunikation mit anderen Menschen möglich sein?

    5.2 Die Weib

    Es ist verblüffend, wie eigentümlich die Bezeichnungen für die Vertreter der beiden Geschlechter in Deutsch sind, nämlich vor allem wie unsymmetrisch! Da sagt man doch: »Meine Damen und Herren«, d. h., man hat das Gefühl, dass »Dame« das Gegenstück zu »Herr« ist. Wieso sagt man dann »Herr Müller«, aber »Frau Meier« (müsste doch dann »Dame Meier« heißen!) – gehören also etwa »Herr« und »Frau« zusammen? Wohl kaum: Wir sprechen doch immer von »Frauen« und »Männern«, nicht von »Frauen« und »Herren«. Demnach sind »Mann« und »Frau« zueinander passend? Leider nicht wirklich. Wir sprechen von »männlichen« und »weiblichen« (nicht von »fraulichen«!) Eigenschaften. Hier also treffen plötzlich »Mann« und »Weib« zusammen … Und es ist besonders eigentümlich, dass Weib nicht weiblich, sondern sächlich ist: Das Weib, nicht die Weib, heißt es! Das halte ich übrigens für eine gewisse Abwertung des Wortes Weib und ich bin daher dafür, dass in Zukunft der weibliche Artikel die für Weib verwendet wird. Es scheint so, als gäbe es mehr Ausdrücke für weibliche Menschen als für männliche. Während wir einerseits nur »Mann« und »Herr« haben, gibt es ja neben »Frau«, »Dame« und »Weib« noch Varianten wie »Fräulein« (»Männlein« ist wohl kaum vergleichbar damit) oder wie »Jungfrau« u. Ä., ohne wirkliche männliche Äquivalente (»Jungmänner« gibt es als Wortneuprägung nur beim Bundesheer und »Jüngling« ist wohl auch nicht ganz das Äquivalent von »Jungfrau«!). Interessant ist, dass bei jungen Menschen einem Wort für die weibliche Variante »Mädchen« (und dieses ist eigentümlicherweise wieder sächlichen Geschlechts: das Mädchen! Wieso?) mehrere für junge Männer gegenüberstehen: »Bub«, »Bursch«, »Jüngling« und »Knabe«. Auch »Kavalier«, »Grandseigneur« oder »Hühne« haben keine weiblichen Entsprechungen! Umgekehrt, wo sind die Gegenstücke zu »Herrin«, »Frauchen« und »Weiblein«?
    Dass unsere Sprache oder jedenfalls unser Sprachgebrauch nicht nur männlich orientiert, sondern manchmal ausgesprochen frauenfeindlich ist, steht außer Zweifel. Wir verwenden »man« statt »frau«, noch deutlicher »Jedermann« statt »jederfrau« oder »jedermensch«, »Weib« klingt leicht abwertend und »Weibsbild« erst recht, während »ein echtes Mannsbild« eher positiv bewertet ist.

Weitere Kostenlose Bücher