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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
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Am krassesten ist es natürlich beim »herrlichen« Wetter und der »dämlichen« Frage! Neben »weiblich« und »männlich« gibt es die Varianten »weibisch« (eher negativer Beigeschmack!) und »mannhaft« (als durchaus positives Attribut); die schon erwähnten Begriffe »Herrin«, »Frauchen« und »Weiblein« sind wohl auch kaum wertfrei, oder?
    Ich finde es verblüffend, dass gerade Deutsch einerseits so »unsystematisch« bzw. »unsymmetrisch« und andererseits so »frauenfeindlich« ist. Im Englischen zum Beispiel scheint dieses Phänomen viel weniger aufzutreten. Dort entsprechen die Wortpaare »Lady – Gentleman«, »Sir – Dame«, »Mr. – Mrs.« und »Boy – Girl« einander recht gut, obwohl eine Ungleichbehandlung ansatzmäßig wohl auch bei »Miss«, »Ms.« oder bei »Dear Sirs« in einer Briefanrede festzustellen ist.

    5.3 Deutsche Sprache – seltsame Sprache

    Unsere Sprache, wie wohl jede andere, ist voll von Absonderlichkeiten, deren Wurzeln oft viel über die Entstehung der betreffenden Kultur aussagen.
    Wenn man hungrig ist, dann isst man und fühlt sich anschließend satt. Wenn man durstig ist, dann trinkt man etwas und ist anschließend … nicht durstig. Es gibt kein eigenes passendes Wort für den jetzt erreichten Zustand! Das »Nichtdurstig« beschreibt den fast Widerwillen gegen weiteres Trinken genauso schlecht, wie »Nichthungrig« das Völlegefühl von »Ich bin satt« zum Ausdruck bringt! Wieso gibt es im Deutschen die Entsprechung »satt« für den Prozess »trinken« nicht? Vermutlich, weil Durst (trinken) in Europa (wo es überall, wo Menschen lebten, immer genug Wasser gab) im Vergleich mit Hunger nie ein wirkliches Problem gewesen ist!
    Die Mehrzahlbildung hat viele Tücken. Die Mehrzahl von »Mann« ist »Männer«; aber von »Kaufmann« ist sie nicht »Kaufmänner«, sondern »Kaufleute«. Die Mehrzahl von »Eltern« gibt es nicht (da »Eltern« bereits selbst ein »Mehrzahlwort«, ein »Pluraletantum«, ist). Salz, Zucker, Mehl haben alle keine richtige Mehrzahl (»das Mehl« – »die Mehlsorten«; »die Mehle« gibt es nicht) und das wird auch in jeder Grammatik erläutert: »Amorphe, nicht abzählbare Substanzen haben keine Mehrzahl« (darum hat »Stein« eine Mehrzahl, »Fleisch« aber nicht!).
    Interessant wird es bei menschlichen Organen: »das Herz – die Herzen«, »die Lunge – die Lungen«, aber: »der Darm – das Gedärm«! Eines unserer wichtigsten Organe hat keine Mehrzahl: die Leber! Obwohl es in Analogie zu »die Feder – die Federn« wohl »die Leber – die Lebern« heißen müsste, existiert »die Lebern« nicht. Warum eigentlich? Jeder Mensch hat eine Leber, sie sind also abzählbar (ja auch transplantierbar). Aber: Ursprünglich wurde Leber (beim Fleischhauer!) eher als amorphe Masse (wie Fleisch) angesehen, nicht als Einzelorgan. Darum fällt sie in die oben erwähnte Kategorie »amorphe Substanzen«. Chirurgen, die für weitere Transplantationen noch fünf »Leber(n)« brauchen, werden wohl allmählich eine Mehrzahl für dieses heute noch ohne Mehrzahl existierende Organ einführen … und der Duden-Verlag (Hüter der deutschen Sprache) wird, wie in ähnlichen Fällen, irgendwann das neue Faktum anerkennen!
    Deutsche Sätze bestehen bekanntlich immer zumindest aus einem Satzgegenstand und einer Satzaussage. In »Ich schreibe«, »Der Baum blüht« usw. sind Satzgegenstand und Satzaussage immer »sinnvoll«. Wussten Sie, dass wir manchmal einen künstlichen Satzgegenstand konstruieren (der überhaupt keinen Sinn macht), nur damit alles grammatikalisch in Ordnung geht, ohne dass uns dieser eigentümliche Vorgang bewusst wird! Das klassische Beispiel dafür ist: »Es blitzt.« Wer oder was (die übliche Frage nach dem Satzgegenstand) blitzt? Offenbar »es«. Und was soll dieses »es« sein? Offenbar ein künstlich geschaffener »Füller«, weil eben »nicht sein kann, was nicht sein darf« (nach W. Busch): Es darf einen Satz ohne Satzgegenstand nicht geben, also muss ein künstliches »es« einspringen!
    Kommentar von Peter Lechner:
    Über das »Verlegenheits-»es« hat sich schon Karl Kraus unheimlich aufgeregt. Erreicht hat er damit nichts ... kaum war er bestattet, haben seine Freunde, bei einem sprachlichen Fauxpas ertappt, stereotyp geantwortet: »Es - ist mir wurscht – jetzt, wo der Kraus tot ist!«.Wirklich bedauernswert ist hingegen der Umstand, dass es von der Leber nur die Einzahl gibt. Aber weniger in sprachlicher Hinsicht. Mit zwei

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