Xperten - Der Paradoppelgänger
aus und ein Stück hinunter. Na, ist nicht so schlimm.«
5 Der Haidsteig, einer der bekanntesten Klettersteige im Raxmassiv, gehört zu den kühnsten Steiganlagen in Österreich. Der Steig überwindet in sehr exponierter Linienführung das Preinerwandmassiv und gehört zu den größten Klettersteigabenteuern im Ostalpenraum. Die zwei Steigbäume, schon legendäre Objekte, halten der Witterung schon seit 1913 stand und stammen aus der Hand des Kunstmalers Gustav Jahn, der das künstlerische »Projektmanagement« damals innehatte. Die alten Steigbäume und Eisenklammern sind noch in recht gutem Zustand, was bei manchen anderen Klettersteigen leider nicht mehr der Fall ist. Es ist dies jedenfalls eine Klettersteigbergtour die man auf jeden Fall, sofern man das Können besitzt, gemacht haben muss!
Marcus schaut sich Ruth genauer an. Sie hat sich ärger verletzt, als sie noch unter Schock stehend wahrhaben will. Am Oberarm hat sie einige kleine Abschürfungen. Aber als er ihren rechten Unterschenkel durch die Jeans abtastet, zuckt sie zusammen und er merkt eine Erhebung, die nicht da sein sollte.
»Ruth, raus aus der Hose, ich muss schauen, was dir da unten passiert ist.«
Ruth gehorcht, ohne zu zögern. Marcus ignoriert den kleinen Slip, den Ruth trägt und der durch die Nässe ganz durchsichtig ist. Während Stephan den Mädchen heißen Tee gibt, den sie dankbar trinken, sieht Marcus, was sich Ruth getan hat. Sie muss bei ihrem kleinen Unfall mit dem Schienbein seitlich hart auf einen Stein gefallen sein. Dadurch ist irgendwo ein größeres Blutgefäß geplatzt, das nun einen ständig größer werdenden Bluterguss verursacht. Die Beule ist schon fast kinderfaustgroß und wächst weiter. Ruth sieht die Verletzung, die sie bisher noch gar nicht registriert hat, mit Entsetzen.
Marcus beruhigt sie: »Das ist nicht so schlimm, wie es aussieht«, und handelt rasch. Er holt aus seiner Erste-Hilfe-Packung eine Binde und legt damit einen starken Druckverband an, damit der Bluterguss nicht weiterwächst. Dann verarztet er den Arm..
»Habt ihr etwas Trockenes zum Anziehen?«, fragt Marcus. Die Ausbeute ist bei beiden gering, die Mädchen hatten ihre Reservekleidung ohne weiteren Schutz im Rucksack, sodass sie nun auch feucht bis ganz nass ist. Marcus, nun ganz in der Samariterrolle, nimmt aus seinem Rucksack ein trockenes Flanellhemd und eine trockene Trainingshose.
»Raus aus den nassen Sachen. Zieh das an, auch wenn es nicht neueste Damenmode ist. Du musst alles Nasse ausziehen, auch die Unterwäsche und was du sonst anhast, sonst wird es zu kalt. Zum Weitergehen reichen die Trainingshose und das Hemd, wenn es oben ebener wird, musst du vielleicht noch einen Pullover überziehen.«
Stephan gibt wortlos und unaufgefordert der zierlicheren Cindy seine Trainingshose und ein Hemd. Jetzt geht es Ruth und Cindy besser. Sie bekommen noch eine Hand voll »Studentenfutter« und einen Schluck Tee zur Stärkung.
»Wir müssen weiter, sonst wird es spät. Von hier aus hinauf zur Hütte ist es leichter als zurück hinunter. Wir haben nur diesen einen Felsen zu bezwingen und dann einige steile Leitern. Dann gibt es nur noch eine sanfte Hochtal- und Almenwanderung bis zur Hesshütte. Stephan, du leitest uns, ganz langsam. Nach dir kommt Cindy, hilf ihr ein bisschen, mit ihren Schuhen wird sie jetzt sehr rutschen. Nach Cindy kommst du, Ruth, und ich werde ganz knapp hinter dir bleiben und auf dich aufpassen.«
Marcus und Stephan nehmen jeder zwei Rucksäcke, damit die Mädchen ungehindert klettern können. Das nächste Stück, keine hundert Höhenmeter, man braucht dafür im Normalfall nur eine Viertelstunde, wird schwierig. Obwohl Marcus mit seiner T-Kraft verstohlen versucht, die Schuhe von Ruth und Cindy zu stützen, rutschen beide immer wieder aus, werden dadurch noch unsicherer und verzweifelter. Als sie schließlich die letzten sehr steilen Leitern vor sich sehen, verlieren beide endgültig die Nerven.
»Wir schaffen das nicht«, schluchzen sie. Marcus weiß, dass sie nur mehr eine gute Stunde Licht haben. Sie müssen bis dahin bei der Hesshütte sein! Er meint zu Stephan: »Ich glaube ich muss eingreifen.« Stephan versteht.
»Steig du zügig hinauf. Wenn du oben bist, schicke ich die Mädchen. Gib ihnen dann oben einen Schluck von deinem Tee, aber lass mich noch ein bisschen Pulver hineingeben ... Du kannst dann besser von meinem trinken«, sagt Marcus.
Stephan kennt das Pulver. Er klettert nun die Leitern rasch und
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