Xperten - Der Paradoppelgänger
verhaftet, die ersten Aussagen reichen dafür. Die Geschäftsleitung von Stern wird beigezogen: Mit ihnen und mit den Listen der geraubten Objekte wird noch in der Nacht festgestellt, dass man die gesamte Beute gefunden hat - mit einer pikanten Ausnahme: Es fehlt ein mit teuren Edelsteinen besetzter Damen-Slip.
Am nächsten Tag wird die Polizei für die Aufklärung des Falles in den Medien überschwänglich gelobt. Es wird erwähnt, dass alle gestohlenen Objekte bis auf eines sichergestellt werden konnten. Auf eine Beschreibung des fehlenden Objektes wird auf Vorschlag des Hauses Stern verzichtet, weil es sich doch um ein nicht »ganz seriöses Kunstwerk handelt, das wir nicht unbedingt in Zusammenhang mit unserem Hause erwähnt haben wollen«.
Die 20 Millionen Dollar Belohnung werden der Polizei für die »anonymen Informanten« übergeben. João und Barry erhalten je die Hälfte, aber ihre Namen werden nie erwähnt. Die Verhöre und Untersuchungen dauern länger, da vermutet wird, dass nicht nur die Familie um Alfredo und die in der Nacht Festgenommenen an dem Einbruch bei Stern beteiligt waren und dass man vielleicht auch andere Straftaten aufdecken würde können. Tatsächlich weitet sich der Kreis der Angeklagten und der von ihnen ausgeführten Verbrechen noch stark aus. Selbst Mitarbeiter bei Stern und der Polizei werden belastet.
Am Rande erfährt Barry, dass sogar er zwischendurch verdächtigt wurde, weil er so erstaunlich genaue Informationen hatte; dass man Julia (Alfredos letzte Freundin) genau verhörte, aber sie nichts mit den Verbrechen zu tun hatte. Aber erst als sich herausstellt, dass das Antiquitätenhaus durch dramatische Fehlspekulationen vor dem finanziellen Ruin stand, wird Barry klar, warum selbst so »kleine Fische« wie Viktoria und er Ziel von Überfällen wurden.
All das interessiert Barry eigentlich wenig, denn nur zwei Tage nach der denkwürdigen Nacht, zwei Tage, die kaum genug Zeit zum Ausschlafen, Ausrasten und für ein großes Fest bei João bieten, geschieht gerade während des Festes etwas, das Barrys Leben langfristig viel mehr beeinflussen wird, als er zunächst ahnt. Während es nämlich bei João hoch zugeht und sich Barry entspannt und gut unterhält, ziehen ein Gewitter und ein Sturm auf.
Das Fest wird vom Garten in die Villa verlegt. Barry sieht João mit ernstem Gesicht beim Fenster stehen und das aufziehende Unwetter beobachten.
»João, du scheinst dir Sorgen wegen des Gewitters zu machen? Warum? Sind wir denn hier nicht so sicher, wie wir uns fühlen?« João dreht sich nachdenklich zu Barry.
»Barry, wir sind hier ganz sicher. Aber während draußen der Sturm toben wird und wir hier weiterlachen und weiterfeiern werden, wird es in den großen Favelas 5 um Leben und Tod gehen. Ich liebe dieses Land und unser schönes Leben. Aber in solchen Situationen wie heute, und grade sind wir beide wieder um vieles reicher geworden, da kann ich dann doch mein eigentlich schlechtes Gewissen nicht ganz unterdrücken. Angela hat heute unseren Hund operieren lassen, eine teure Sache, denn wir haben keine Krankenversicherung für ihn abgeschlossen«, lächelt João.
»Aber sag mir, wieso machen wir das für unseren Hund und helfen nicht oder nur sehr bescheiden den armen Menschen in unserer schönen Stadt?«
Natürlich weiß Barry das alles - welcher Mensch weiß das nicht? -, aber er hat es immer verdrängt, er besonders, er, der eigentlich immer nur an sich gedacht hat. Er will sich auch jetzt nicht beunruhigen lassen.
»João, der Sturm wird doch auch nicht so einen Unterschied machen!«
»Hast du eine Ahnung, Barry. Der Sturm wird nicht nur viele Wellblechhütten zerstören. Die Blechstücke werden mit großer Geschwindigkeit durch die Luft fliegen, Menschen verletzen, Gliedmaßen wie mit einer Axt amputieren und kein Arzt wird sich darum kümmern. Und nichts wird in den Medien morgen berichtet werden, außer ein großer Baum stürzt auf die Villa einer reichen Familie oder so was.«
Die Mischung von Zorn und Verzweiflung seines Freundes trifft Barry.
»Also gut, dann lass uns hier nicht weiterfeiern, sondern helfen. Organisiere du auf unsere Kosten eine Reihe von Rettungsfahrzeugen und fahr mit ihnen zum unteren Ende der Favela oberhalb des Sees. Du weißt, welche ich meine?« João nickt.
5 Favelas sind die Armenviertel von Brasilien, in denen Kisten und mit Wellblech verstärkte Kartons schon als komfortable Unterkunft gelten.
»Ich werde versuchen, den Leuten in der
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