Yakuza-Rache
Yakuza-Bosse so etwas wie Freude. Sie fielen sich zwar nicht um den Hals, verbeugten sich aber voreinander, eine Geste des Respekts und ein Zeichen, daß sie zufrieden waren. Einer von ihnen sprach aus, was die anderen beiden dachten. »Europa, jetzt nimm dich in acht!«
Gemeinsames Nicken, dann wurden die Leibwächter geholt. Es waren nur mehr fünf.
Keiner stellte eine Frage, das waren sie nicht gewohnt. Auch den Aschehügel bedachten sie kaum mit einem Blick. Sie gingen einfach weiter und hielten dort an, wo die schweren Limousinen aus Deutschland standen. Wie immer öffneten sie ihren Bossen die Türen, die sich noch einmal zum Abschied verneigten.
Im Abstand von jeweils zehn Sekunden rollten die Limousinen davon, als wäre nichts geschehen…
***
Beine — er sah nur Beine!
Man nannte ihn Köbes, weil er vor Jahren einmal in einem Lokal in der Altstadt gekellnert hatte, aber das war lange her. Eine Schlägerei mit einem Gast hatte ihn einen Arm gekostet. Den Beruf als Kellner konnte er nicht mehr ausüben.
Deshalb hatte Köbes umgesattelt und war etwas anderes geworden — nämlich Bettler oder Schnorrer. Er bettelte nicht irgendwo, sondern dort, wo Düsseldorf am elegantesten, am feinsten und auch am hochnäsigsten war. Auf der Königsallee, kurz Kö genannt!
Dort hockte er zwischen einer Einkaufspassage und einem Kino, spielte hin und wieder auf seiner Mundharmonika und genoß die warmen Strahlen der Aprilsonne, die wenige Tage vor dem Monatswechsel schon kräftig schien.
Er saß auf seiner alten braunen Decke, auf der auch Platz für seinen verbeulten Hut war, und konnte mit der bisherigen Einnahme zufrieden sein.
Das Wetter machte die Leute high. Es törnte sie an, es lockerte ihre Laune, es beschleunigte ihren Kreislauf. Jetzt gaben sie auch lieber und befanden sich in einer swingenden Laune, wie sie Köbes eigentlich nur aus der Vorweihnachtszeit her kannte. Da wollten dann einige Menschen ihr schlechtes Gewissen beruhigen.
Beine, nichts als Beine!
Nylons, Stretchröcke, manche davon verboten kurz, aber mit einem tollen Inhalt.
Köbes konnte bereits am Gang der Menschen erkennen, wer oder was sie waren.
Wenn sie daherschaukelten und nur hin und wieder einen Blick in die teuren Auslagen der Geschäfte warfen, gehörten sie bestimmt zu den mit Bussen angekarrten Touristen, die zumeist aus den nahegelegenen Niederlanden kamen und einmal den Hauch der Kö einatmen wollten. Die gaben nichts, die hatten auch kaum einen Blick für den Bettler, nicht einmal einen der Vei achtung.
Dann gab es noch die Beine der Männer. Umhüllt von teurem Tuch oder einem engen Jeansstoff. Es kam darauf an, wer sie waren oder was sie vorgaben.
Die Banker und Geschäftsleute hatten es immer eilig. Sie schritten schnell aus, wobei der Hosenstoff oft fahnenhaft um ihre Beine flatterte. Anders die Jeansträger. Sie swingten über die Kö, gaben sich locker, sie hatten Zeit.
Dann gab es noch die Beaus, die ›beautiful people‹, die ihre neuen Leinenhosen aus den Schränken geholt hatten und umherstolzierten wie gestylte Dressmen aus den Katalogen, die überall in den teuren Geschäften verteilt wurden.
Wenn Köbes hoch in ihre Gesichter blickte, las er nichts anderes als Verachtung für ihn, der weniger hatte und vom Schicksal arg gebeutelt worden war. Aber die hatte er schon in seinem Job als Kellner kennengelernt. Die Sonne blieb über Düsseldorf. Es sah aus, als wollte sie es gerade mit der Kö besonders gut meinen, und ihre Strahlen spiegelten sich auf dem Lack der teuren Automobile wider, die am Straßenrand abgestellt worden waren.
Hin und wieder fielen die Münzen klimpernd in den Hut. Diejenigen, die öfter gaben, brauchten sich nicht erst zu bücken. Sie hatten bereits das Zielen gelernt, wie dieser ältere Herr, der stets im Nadelstreifen-Anzug über die Kö schritt und Direktor einer Bank war.
Er gehörte zu denjenigen, die Köbes sogar begrüßten wie einen alten Freund und sich schon bei ihm erkundigt hatten, wie es ihm ging, wenn er mal während des schlechten Wetters nicht an seinem Platz gewesen war.
Nur war dieser Mann kein Deutscher, sondern Japaner!
Und Japaner gehörten zum Düsseldorfer Straßenbild wie die Niederländer während der Ferienzeit auf den Autobahnen. Köbes hatte nichts gegen Japaner, er hatte überhaupt nichts gegen Ausländer, sie aber waren eine Gruppe, die sehr geschlossen, beinahe schon enklavenhaft lebte, dabei immer eine freundliche Distanz wahrten und sich nie mit den
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