YANKO - Die Geschichte eines Roma
er zum Zelt und schlüpfte ungesehen hinein.
Irgendwie hatte er geahnt ihn dort zu finden. Yanko lag auf dem Rücken in der Manege und trank aus der Flasche. Keithlegte sich leise und wortlos daneben, und Yanko reichte ihm die Flasche rüber. Keith nahm sie und trank. Als er sie ihm zurückgab, schauten sie sich beide an, ihre Hände berührten sich, und sie grinsten zufrieden.
„Warst du eigentlich mal mit einer Romafrau zusammen?“, fragte Keith ganz leise in die Stille, und Yanko sah ihn nur grinsend an und antwortete: „Nein, darüber hab ich mich aber auch schon gewundert.“
Sie lagen noch eine ganze Weile schweigend im Sägemehl und genossen die für sie so entspannende und heilsame Energie der Manege.
Ihrer Manege.
A n diesem Nachmittag glühte die Sonne fast unerträglich, und der Wind war offensichtlich irgendwo zwischen dem Pazifik und Colorado stecken geblieben.
Viele Wohnwagen standen schon um das Zirkuszelt herum, und ein paar Männer waren dabei SAN DANA Schriftzüge an die Längsseiten der Wohnwagen anzubringen.
Yanko putzte mit einem langen Schrubber seinen Wohnwagen von außen, und Ron und Roger standen vor ihrem Gastronomiewagen und überlegten sich, wie sie ihn gestalten wollten. Manuel rannte mit einigen Kindern über den Platz und kickte einen Fußball vor sich her.
Keith saß mit einem Elektriker an einem provisorischen Tisch über einen Schaltplan gebeugt, und Yankos Pinto streunte frei über den Platz und schnupperte neugierig an allem herum.
Da kam Dolores angefahren. Sie stieg aus und hatte ein paar Flaschen Wasser mitgebracht, die sie bei Keith auf den Tisch stellte. Keith nickte dankend und nahm sich eine. Er öffnete sie durstig und trank einen großen Schluck. Er bot dem Elektriker auch eine an, der sie dankend annahm. Dolores nahm dann eine der Flaschen und ging damit über den Platz zu Yanko.
„Hallo Yanko! Das sieht ja alles schon recht gut aus!”, begrüßte sie ihn. Yanko dreht sich zu ihr um. „Hi Dolores! Ja, geht gut voran! Sollte es ja auch! In vier Wochen geht’s los!“ „Hier, ich habe dir Wasser mitgebracht.“ Yanko stellte den Schrubber an den Wohnwagen und nahm die Flasche Wasser entgegen und trank. „Danke! Willst du dich nicht setzen?” Er machte eine einladende Bewegung auf einen der Plastikklappstühle vor dem Wohnwagen, und Dolores setzte sich. Yanko ließ sich auf die Wohnwagentreppe nieder und wischte sich den Schweiß mit einem Handtuch ab. Sie blickten über den Platz und beobachteten die anderen, als plötzlich derPinto vorbei getrottet kam. Yanko grinste. Er fand, dass dieses Pferd genau zu diesem Zirkus passte. Sein Schwarzer damals, der hätte das nicht ausgehalten. Der wollte immer frei sein, trotz dass er ihm freiwillig gefolgt war. Irgendwann hatte er wieder in die Freiheit zurück gewollt, und Yanko hatte ihn schweren Herzens laufen lassen. Dieser Hengst war wunderbar gewesen, aber er war immer wild geblieben und hatte nur Yanko auf seinem Rücken geduldet. Für das, was er hier jetzt vorhatte, war der Pinto jedenfalls absolut der Beste.
„Das wird mal ein wunderschöner Zirkus!“, stellte Dolores fest. „Ja... Glaub’ ich auch! Wir haben auch schon gute Leute und ein interessantes Programm! Vor allem finde ich es gut, dass wir als Tiernummern nur die Pferde haben. Ich hasse es Tiere in Käfigen zu halten.”, sagte Yanko und nahm noch einen kräftigen Schluck Wasser. „Ja, das finde ich auch!”, stimmte Dolores ihm zu.
Da entdeckte Manuel plötzlich seine Mutter und rannte zu ihr. Sie küsste ihn zur Begrüßung, und dann wetzte Manuel schon wieder zu den anderen zurück. „Er fühlt sich hier auch schon wie zu Hause!” „Ja...“, sagte Dolores leise. „Yanko... Ich... Wir können nicht sofort mitgehen.“, fügte sie noch vorsichtig hinzu. „Wieso denn nicht?“ Yanko sah sie fragend an. „Ich habe doch diese Arbeit im Blumenladen angefangen. Die Besitzerin hat zwar vollstes Verständnis und würde mich auch sofort aus dem Vertrag lassen, aber sie findet so schnell keinen Ersatz. Ich will sie nicht im Stich lassen... Und Manuel könnte das Schuljahr noch fertig machen... Verstehst du?”, sagte sie und hoffte, dass Yanko es nachvollziehen konnte und nicht traurig sein würde. Es war das Beste so, obwohl sie nichts lieber getan hätte, als sofort mitzugehen. „Ja... Janina kommt auch nicht mit...“, sagte Yanko traurig. „Wir kommen ganz bestimmt! Ich würde ja am liebsten sofort, aber ich bin ihr sehr dankbar!“
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