Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
über ihn und über mich. Ich war selbst verantwortlich. Kein Opfer mehr. Nicht länger eine Ratte, nicht länger gefangen zwischen den Eisenstäben eines mentalen Käfigs.
„Verschwinde“, befahl ich Reyads Geist. Als er sich mit schockierter Miene in Nichts auflöste, empfand ich eine unbeschreibliche Freude.
Aber Freude war wie ein Schmetterling auf der Hand – ein kurzer Moment der Ruhe, bevor er weiterflatterte.
„Janco ist verletzt.“ Irys’ besorgte Stimme meldete sich in meinem Kopf. „Wir brauchen einen Arzt. Komm schnell.“
Ich nahm einem der toten Wächter die Handschellen ab und fesselte Brazell an das wuchtige Bett. Dann stürmte ich aus dem Zimmer und eilte über die Korridore. Er darf nicht sterben, dachte ich. Nicht Janco. Ich würde seinen Tod nicht ertragen. Schreckliche Bilder schossen mir durch den Kopf. Sie beanspruchten mich so sehr, dass ich Valek und Mogkan in die Arme lief, ohne sie wahrzunehmen.
Die beiden duellierten sich mit Schwertern. Und sofort wurde mir klar, warum ich die Situation zu nächst nicht klar erkannt hatte. Mogkan hatte die Oberhand. Valeks bleiches Gesicht sah müde aus. Er schwang sein Schwert wie eine schwere Bürde. Nichts war zu spüren von seiner angeborenen Leichtigkeit. Er kämpfte mit unkonzentrierten, fahrigen Bewegungen. Mogkan dagegen bewegte sich rasch und geschickt, technisch perfekt, aber ohne Stil.
Ungläubig und mit zunehmender Verzweiflung sah ich den Kämpfenden zu. Was war bloß mit Valek los? War es Mogkans Zauberkraft? Nein, dagegen ist er immun, überlegte ich. Dann ging mir ein Licht auf. Valek hatte mir gesagt, dass er sich in der Nähe eines Magiers wie durch zähflüssigen Sirup bewegte. Im Zimmer des Commanders hatte er noch sieben Wächter besiegt, obwohl er zwei Tage ohne Nahrung und Schlaf im Kerker verbracht hatte. Doch jetzt verlangte die Erschöpfung ihren Tribut.
Mogkans Grinsen wurde breiter, als er mich entdeckte. Blitzschnell führte er ein Täuschungsmanöver aus, ehe er einen Satz nach vorn machte. Valeks Schwert fiel klirrend zu Boden, und über seinen Arm zog sich eine leuchtend rote Schnittwunde.
„Was für ein unglaublicher Tag!“, rief Mogkan erfreut. „Ich töte den berühmten Valek und die berüchtigte Yelenazur gleichen Zeit.“
Ich ließ die Klinge meines Schnappmessers hervorschnellen. Doch Mogkan lachte nur hämisch und befahl mir mittels seiner Zauberkraft, die Waffe fallen zu lassen.
In selben Moment, als ich seinem Befehl Folge leistete, vernahm ich erneut Irys’ Stimme in meinem Kopf. „Yelena, wo bleibst du? Hast du einen Arzt verständigt?“
„Ich brauche Hilfe“, rief ich stumm. Sofort spürte ich, wie sich Kraft in mir sammelte und mit aller Gewalt hinausdrängte. Mit dem Finger deutete ich auf Mogkan, und prompt fiel ihm das Schwert aus der Hand. Entsetzen zeichnete sich in seiner Miene ab, als ihn die magische Kraft umhüllte und sich wie ein Schlinge um ihn zusammenzog. Wie gelähmt verharrte er auf seinem Platz.
„Du verdammtes, hinterhältiges Miststück“, tobte er. „Du bist ein Fluch für diese Erde. Der Inbegriff der Hölle. Du bist genau wie all die anderen. Das Blut der Zaltana sollte verbrannt, vernichtet und für alle Ewigkeiten unschädlich gemacht werden …“
Mogkan randalierte weiter, aber ich hörte nicht länger zu. Seine Flüche wurden noch lauter und unflätiger, als Valek mein Messer aufhob und auf ihn zutrat. Eine rasche Bewegung, ein lauter Schmerzensschrei, und Mogkan verstummte für immer. Er fiel zu Boden und blieb rührte sich nicht mehr.
Valek reichte mir das blutige Messer. Mit einer matten Verbeugung sagte er: „Für Euch, meine Geliebte.“
32. KAPITEL
D ie Erinnerung traf mich wie ein Blitz. „Janco!“ Ich packte Valek am Arm und zog ihn mit mir, wobei ich ihm atemlos erklärte, was geschehen war. Noch immer in der Uniform von Brazells Leuten, die inzwischen zerrissen und blutdurchtränkt war, weckten wir den Arzt auf, der mit aufreizender Halsstarrigkeit auf Protokoll und rechtmäßiger Befehlsausgabe beharrte, bis Valek sein Messer zog.
Mein Magen hob sich, als wir Reyads Flügel betraten. Der Gang, der zu den Kerkerzellen führte, bot einen entsetzlichen Anblick. Der Korridor war übersät mit toten Soldaten. Abgehackte Beine und Arme lagen kreuz und quer verstreut, als hätte sich jemand einen Weg durch menschliches Dickicht geschlagen. Die Wände waren blutbespritzt, und auf dem Boden hatten sich rote Pfützen gesammelt.
Als der Arzt sich
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