Yoga als Therapie

damit nicht vorhandene Fähigkeiten kompensieren. Ohne Hilfsmittel könnten viele überhaupt nicht mehr üben. Hilfsmittel ermöglichen es auch, eigenständig Übungen auszuführen, die sonst nur mit Hilfe eines Lehrers oder Therapeuten möglich wären. Außerdem wird die Ausführung vieler Āsanas durch den Einsatz von Hilfsmitteln wesentlich präziser, die Haltungen können länger eingenommen werden und das Selbstvertrauen des Übenden wächst.
    Schon immer wurden im Yoga Hilfsmittel verwendet. Früher wurden dafür Gegenstände wie Steine und Äste eingesetzt. In den 1970er Jahren, als Hilfsmittel noch nicht kommerziell hergestellt wurden, haben wir uns beim Maurer Ziegelsteine besorgt und im Teppichgeschäft nach Resten gefragt, um sie als rutschfeste Matten zu verwenden. Wir haben die Gürtel unserer Jeans, Handtücher und verschiedene Möbelstücke in der Wohnung eingesetzt, um Āsanas zu üben, die ohne Hilfsmittel zu schwierig gewesen wären. In dieser Zeit haben wir auch erlebt, wie B. K. S.Iyengar seinen Übungsansatz für Patienten mit diversen Einschränkungen ständig weiterentwickelt hat. Dabei war erkennbar, dass vor allem ältere Menschen von der Verwendung von Hilfsmitteln profitierten.
    Inzwischen gibt es unterschiedlichste Hilfsmittel, für deren Einsatz wissenschaftlich fundierte Darstellungen existieren ( Iyengar 2001b , Steinberg 2006 , Raman 2008 ). In den 1980er Jahren riet uns B. K. S. Iyengar, mit ein paar grundlegenden Hilfsmitteln zu beginnen: mit Matten, Holzklötzen, Decken, Gurten und Stühlen. Andere Gegenstände wie Kissen verschiedener Form und Größe, Holzkeile und Rückenbänke sind hinzugekommen. Für vorliegendes Buch haben wir das Sortiment an Hilfsmitteln auf eine rutschfeste Matte, einen Gurt und einen Kork- oder Schaumstoffklotz beschränkt. Dazu kommen provisorische Hilfsmittel, die man in jeder Wohnung findet, zum Beispiel Stühle, Decken und Kissen. Auch Wände, Ecken, Fensterbretter, Treppenstufen, Türrahmen und Kommoden können sich als nützlich erweisen.
    Manche Autoren schlagen bestimmteÜbungsfolgen vor, um bestimmte gesundheitsfördernde Wirkungen zu erzielen beziehungsweise als primäre oder unterstützende therapeutische Maßnahme. Dabei werden Hilfsmittel verwendet und ein achtsamer, präziser Übungsansatz verfolgt. Klassifiziert werden diese Folgen entweder mit Blick auf verschiedene Körpersysteme oder bestimmte Erkrankungen ( Mehta 2009 , Iyengar 2001b und 2010a, Raman 2008 ). Ein Grundprinzip aller therapeutischen Übungsansätze im Yoga besteht darin, die Körperhaltung zu verbessern, um dadurch eine stabile Basis für die Funktion aller Systeme zu schaffen. Bei geschicktem Einsatz der Hilfsmittel ergibt sich eine unendliche Vielfalt an Möglichkeiten, die genau auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt werden kann.
    Mit dem vorgestellten Übungsansatz erreichbare Ziele
    Um einem therapeutischen Ansatz gerecht zu werden, haben wir eine Reihe von Zielen formuliert, die durch eine gesunde Übungsweise erreicht werden können. Dieses Konzept kann für ein breites Spektrum von Patienten angewandt werden. Die Übungspraxis basiert aufPrinzipien, mit denen Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer, Entspannung, Gleichgewicht, Koordination, Synchronisation und die natürliche Atmung verbessert werden.
    UnsereBausteinübungen sind mit Blick auf die verschiedenen Bereiche des Körpers angeordnet. Für jeden Bereich wird eine Auswahl angeführt, mit der spezifische Ziele erreicht werden können. Zentrale Ziele sind dabei, steife oder hypomobile (zu wenig bewegliche) Bereiche zumobilisieren, während schwache oder hypermobile (überbewegliche) Bereichegekräftigt oder stabilisiert werden. DieAusdauer kann verbessert werden, indem die Zahl der Wiederholungen gesteigert oder die Übung länger gehalten wird.Entspannung kann am Anfang oder am Ende einer Übung stehen oder ein eigenständiges Ziel sein. Bei komplexeren Übungen spielenGleichgewicht,Koordination undSynchronisation eine wichtige Rolle. Eine natürlicheAtmung schließlich gehört zu den Zielen jeder Übung. Übungen, mit denen bestimmte Ziele erreicht werden sollen, richten sich nach der entsprechenden Diagnose.
    Die Grundlage unseres Ansatzes bilden folgende fünfPrinzipien:Achtsamkeit,Präzision,Feinabstimmung, ökonomischesÜben und eine ausreichende Bandbreite anHerangehensweisen. Das wichtigste Prinzip ist das des achtsamen, von Bewusstheit, Gewahrsein und Sensibilität geprägten Übens. Deshalb ist diesem