You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
seine Bedeutung ging weit über Verkaufszahlen und Rekorde hinaus: Es war Michaels musikalische Krönung. Nicht nur in Amerika, sondern in der ganzen Welt. Joseph hatte stets gehofft, wir würden eines Tages Musik für ein breites Publikum machen, und ich denke, dass wir schon mit den Jackson 5 einige Rassenschranken überwanden. Aber Thriller stellte alles vorher Dagewesene in den Schatten – Jung und Alt, Männer und Frauen, Schwule und Heteros, Schwarze und Weiße liebten dieses Album. Ihm gelang genau das, worum es in der Musik immer geht: Thriller überwand Unterschiede und vereinte die Menschen.
Seit wir in Gary die ersten Karriereschritte unternommen hatten, waren beinahe 18 Jahre vergangen, und 25 Jahre war es her, dass Mr. Gordy in Detroit sein Label gründete. Um dieses silberne Jubiläum angemessen zu feiern, plante der Fernsehsender NBC die Show Motown 25: Yesterday, Today, Forever.
Suzanne de Passe zählte zu den Produzenten des Programms, sie rief mich an und schlug vor, dass die Jackson 5 aus diesem Anlass und als Verneigung vor Mr. Gordy einen Reunion-Auftritt geben könnten. Eine phantastische Idee, jedenfalls auf dem Papier. Mich machte allein der Gedanke ganz kribblig, wieder einmal mit meinen Brüdern auf einer Bühne zu stehen. In den letzten sechs Jahren hatte ich immer wieder geträumt, dass ich mit ihnen auftrat: Ich zählte die Beats bis zu meinem Einsatz, und immer dann, wenn ich eigentlich an der Reihe war, wachte ich auf. Mein Unterbewusstsein quälte mich schon viel zu lange mit dieser Vorstellung. Aber jetzt sollte es wieder Realität werden, und ich konnte es kaum erwarten.
Unwillkürlich ging ich davon aus, dass es Michael genauso empfand. Nicht umsonst rückte die Bildergalerie auf dem Dachboden gerade diese Phase seiner Karriere so in den Mittelpunkt, und außerdem wusste ich, wie sehr er Mr. Gordy schätzte. Aber in der Musikindustrie ist es nun einmal so, dass die Berater eines Künstlers dessen Meinung beeinflussen, und in seinem Lager war man auf die Marke „Michael Jackson“ konzentriert, nicht auf die Jackson 5. Ihnen ging es um die Zukunft, nicht um die Vergangenheit. Und nun, da Thriller in aller Munde war, wollte ihn wohl niemand mit einer solchen Nostalgiegeschichte belämmern. Seine Leute betrachteten die Sache so: Natürlich würde ein solcher Auftritt Mr. Gordy und den Jackson-Brüdern nutzen, aber was konnte Michael sich davon erhoffen? Davon abgesehen hegte mein Bruder eigene Bedenken. Aber auch wenn später kolportiert wurde, er habe einfach nicht mit seinen Brüdern auftreten wollen, ging es ihm doch niemals darum. Sein Widerstand entsprang vielmehr der Überlegung, dass er überhaupt nicht ins Fernsehen wollte. Ihm hing immer noch die CBS-Serie The Jacksons nach, die ihm nie gefallen hatte, und mehr denn je war er überzeugt, dass Fernsehauftritte seine Karriere eher behindern als befördern konnten.
Wir anderen waren überzeugt, dass er einen Fehler machte, und Mutter war die Erste, die ihn bat, seine Haltung noch einmal zu überdenken. „Motown hat dir und deinen Brüdern den Start ermöglicht“, erinnerte sie ihn, „und du würdest mit allen großen Stars auf einer Bühne stehen, die du als Kind bewundert hast.“
Er sagte, dass er darüber nachdenken wolle, aber sein Zögern gefiel mir nicht. Ich rief ihn zu Hause an. Zwar spürte ich gleich, als ich seine Stimme hörte, dass ihm das Thema zum Hals heraushing, aber ich war überzeugt, dass er die ganze Sache von einem falschen Standpunkt aus betrachtete oder auf schlechte Berater hörte, und ich nahm mir das brüderliche Recht heraus, Michael zu sagen, dass er möglicherweise falschlag. „Guck mal, es würde doch ein Riesending, wenn wir wieder zusammen wären“, sagte ich. „Unsere Fans werden uns feiern, und es wird garantiert ein magischer Auftritt – das kommt im Fernsehen mit Sicherheit gut rüber und wird keine schlechte Promotion sein.“ Dann erinnerte ich ihn daran, wie er den Robot-Tanzschritt in der Show Soul Train eingeführt und wie sehr uns dieser Auftritt vorangebracht habe. Die Hälfte aller Kids in L.A. hatte danach versucht, so zu tanzen wie er, und auch ihm hatte es einen mächtigen Schub gegeben.
„Das war etwas anderes“, wehrte er ab. „Das war damals. Heute will ich nicht mehr im Fernsehen auftreten. Ich will Musikvideos drehen und Konzerte geben. Auf diese Sachen, wie sie auch die Osmonds machen, habe ich keine Lust mehr.“ Er war ganz ruhig, aber auch sehr
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