You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
will etwas ausprobieren, das vielleicht klappen könnte.“ Und dann verloren wir ihn aus den Augen. Er … verschwand einfach. Sicher war er für eine halbe Stunde weg.
„Wo warst du denn?“, fragte ich, als er wieder in unserer Garderobe erschien.
Er kicherte, und dieses typisch mutwillige Grinsen zog über sein Gesicht. „Ich war in Dianas Garderobe … Mann, die hat vielleicht einen Haufen Koffer!“
Moment mal, Diana Ross habe ich doch gerade eben noch gesehen … und da warst du nicht bei ihr.
Er sah mich an. Ich guckte zurück, und dann klappten wir vor Lachen fast zusammen.
„Du hast in Dianas Sachen rumgestöbert!“ Das sollte also einen Teil der Frage beantworten. Was trieb Michael vor dieser Show? Er schnüffelte in der Garderobe seiner großen Mentorin herum und guckte, was sie alles dabeihatte!
Während der Generalprobe nahm er das Produktionsteam immer wieder in die Zange und wollte die kleinsten Einzelheiten wissen. Jeder Künstler muss vorab bei der Abstimmung der Kameraeinstellungen mitwirken, damit der Regisseur den Einsatz der einzelnen Perspektiven testen kann, aber Michael wollte wissen, wie diese Einstellungen genau aussahen, wie viele Kameras verwendet wurden und welche Blickwinkel sie abdeckten. Und dies, schon bevor die Show überhaupt geschnitten wurde! Aber das gehörte eben zu seiner systematischen Herangehensweise – und sagte auch eine Menge über sein Bedürfnis nach Kontrolle aus.
Seine Einstellung dazu erklärte er wohl am besten in einem Interview mit der Zeitschrift Ebony von 2007, und das, was er sagte, traf auch auf jeden Auftritt und jedes Musikvideo zu, das er jemals drehte: „Egal, über welche Art der Performance wir hier reden – wenn man sie nicht ordentlich einfängt, dann bekommen die Leute sie nie zu Gesicht. Es wird genau das gefilmt, was die Leute sehen sollen; das wird dann in genau dem richtigen Augenblick und auf genau die richtige Weise gezeigt und mit genau den richtigen Bildern kombiniert. Die Aufnahmen müssen das Feeling dessen, was da präsentiert wird, genau auf den Punkt bringen … denn ich weiß ganz genau, was ich sehen will. Ich weiß, was ich dem Publikum geben will. Ich weiß, was ich gern vom Publikum zurückbekommen würde.“
Für mich war der perfekte Augenblick gekommen, als wir in der Originalbesetzung als Jackson 5 die Bühne betraten und sich der Zauber und die altvertraute Chemie zwischen uns ganz von selbst wieder einstellten. Es hatte sich nichts geändert, sah man davon ab, dass wir keine Kinder mehr waren, und verdammt, wir hatten so viel Spaß an diesem Abend. Das Gefühl des „Wir sind wieder da!“ überwältigte mich, auch wenn es eine einmalige Sache war. Mir war das egal. Tief in mir hatte ich immer gewusst, dass wir diesen Augenblick erleben würden, und nun genoss ich einfach nur das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. Ausgerechnet, als bei unserem Medley mein Part bei „I’ll Be There“ kam, versagte mein Mikrofon. Michael, der genau auf jeden Beat achtete, merkte das; er sah, dass meine Lippen sich zwar bewegten, aber kein Ton zu hören war, und kam sofort zu mir herüber, hielt mir sein Mikro hin und legte den Arm um mich, als ich weitersang. Es gibt ein wundervolles Bild von diesem Augenblick, auf dem wir beide lächeln. Ich glaube, viele Leute dachten, es sei geplant gewesen, dass wir beide in sein Mikrofon sangen, es handelte sich jedoch tatsächlich um eine technische Panne, die wir schnell überbrückten. Aber es ist dieses Bild, das ich von diesem denkwürdigen Abend ganz besonders in Erinnerung behalten habe.
Am Ende unseres Medleys kam Randy ans Mikrofon, damit auch sein Beitrag zum Werk der Jacksons gewürdigt wurde, und wir verbeugten uns. Das Publikum erhob sich von den Sitzen, und dieser Beifall bedeutete uns unendlich viel. Wir umarmten einander, bevor wir von der Bühne gingen und Michael das Spotlight überließen.
Jetzt war er an der Reihe, er allein. „Ich muss sagen“, wandte er sich an die Zuschauer, „das waren schöne Zeiten. Ich liebe diese Songs. Es waren magische Augenblicke an der Seite meiner Brüder, Jermaine eingeschlossen, aber … ähm … das waren gute Songs … und ich mag sie wirklich sehr, aber ganz besonders mag ich …“
Die Menge fing an zu kreischen, und jemand schrie: „Billie Jean!“
„… die neuen Songs!“ Und damit begann er seine virtuose neue Tanzshow, mit den typischen Kicks, dem Sich-Auf-die-Zehenspitzen-Stellen und den schnellen Drehungen. Er
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