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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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Aufgeräumtheit, die Sherlock mit dem Süden Englands verband, hin zu einer eher ursprünglicheren, von wilderer Vegetation geprägten Form zu verändern. Selbst die Kühe sahen allmählich anders aus: nicht schwarz und weiß mit kurzem Fell, sondern braun und zottelig und mit ausladenden gekrümmten Hörnern. Zwei- oder dreimal überquerten sie Brücken, die über breite Flüsse führten, und Sherlock musste unversehens an die Holzbrücke denken, die Virginia, Matty und er überquert hatten, als sie in Amerika auf der Flucht vor Duke Balthassar gewesen waren.
    Virginia. Allein an ihren Namen zu denken versetzte ihm einen Stich ins Herz. Er konnte nicht leugnen, dass er etwas Starkes für sie empfand … etwas, das er für niemanden sonst verspürte. Aber er konnte es nicht beschreiben. Er wusste nicht, um welches Gefühl es sich handelte oder was es bedeutete. Er war nicht an die Vorstellung gewöhnt, dass jemand anderes ein Teil seines Lebens war. Er war immer ein Eigenbrötler gewesen, sowohl zu Hause als auch in der Schule. Er hasste das Gefühl, von jemandem abhängig zu sein. Doch genau das war es, was er nun empfand, und in gewisser Weise konnte er sich ein Leben ohne Virginia nicht mehr vorstellen.
    Der Zug hielt in Newcastle, um frisches Wasser und Kohle aufzunehmen. Die drei nutzten die Gelegenheit, um sich auf dem Bahnsteig die Beine zu vertreten und sich erneut etwas zu essen zu besorgen, was man im Gehen zu sich nehmen konnte. Dieses Mal handelte es sich um Äpfel, die in Teig gewickelt und kochend heiß gegart worden waren. Kleine Dampfkringel kräuselten sich empor, Miniaturversionen des Dampfes, der dem Schornstein der Lokomotive entwich. Nach einer Weile begab sich Sherlock zu ihrem Abteil zurück, obwohl der Zug erst in ein paar Minuten abfahren würde. Sein Bedürfnis, den Bahnsteig auf und ab zu gehen, war rasch gestillt. Die Vorstellung, sich zu bewegen um der Bewegung willen, war noch nie reizvoll für ihn gewesen. Er ließ sich auf den gepolsterten Sitz plumpsen und starrte die gegenüberliegende Wand an. Zugreisen, so kam er zum Schluss, waren außergewöhnlich langweilig. Seereisen dauerten länger, aber dafür gab es mehr zu sehen und mehr zu unternehmen. Auf Schiffen gab es Bibliotheken, Spielsalons, Restaurants und, nicht zu vergessen, die ganze, unterhaltsame Schiffsroutine. In Zügen jedoch gab es nichts dergleichen.
    Während er so vor sich auf die Abteilwand starrte und die Minuten bis zur Abfahrt herunterzählte, wurde ihm schleichend bewusst, dass er vom Bahnsteig aus beobachtet wurde. Es war nichts Übernatürliches, was ihn zu der Schlussfolgerung gelangen ließ, kein Kribbeln im Nacken oder ein Schauder, der ihm den Rücken hinablief. Es war etwas Einfacheres, Nüchterneres: ein blassroter Flecken am Rande seines Blickfeldes, der sich beharrlich nicht von der Stelle rührte. Ein Gesicht. Mit zwei blauen Augen, die unverwandt auf Sherlock gerichtet waren.
    Ohne sich, etwa durch eine abrupte Kopfbewegung, anmerken zu lassen, dass er den Beobachter bemerkt hatte, versuchte er, möglichst viele Details aufzunehmen, aber der Körper der Person wurde von mehreren Kisten verdeckt, die sich auf einem Transportkarren stapelten.
    Nachdem er auf diese Weise das an Informationen aus der Szene gewonnen hatte, was möglich war, beschloss er, doch richtig hinzusehen.
    Ohne Vorwarnung blickte er abrupt nach rechts. Geradewegs in die Augen eines Mannes, den er zu kennen glaubte.
    Für einen Moment hatte Sherlock das Gefühl, als würde ihm das Herz stehen bleiben.
    Er starrte auf Mr Kyte, einen Mann, der Sherlock einst als Intendant einer Theatergesellschaft in Whitechapel vorgestellt worden war, sich dann jedoch als Agent der Paradol-Kammer entpuppt hatte. Der Mann war Teil einer Attentatsverschwörung gegen einen russischen Grafen gewesen, der zugleich Mycrofts Freund war. Kyte war ein Bär von einem Mann mit einem Brustkorb wie ein Fass, einer roten Haarmähne, die sich über seinen Kragen ergoss, und einem buschigen roten Bart, der seinen Hals bedeckte und wie ein Wasserfall bis auf seine Brust hinabfiel.
    Das letzte Mal, als Sherlock ihn auf den Straßen von Moskau gesehen hatte, war der Mann in einen erbitterten Kampf mit Rufus Stone verwickelt gewesen. Er war jedoch entkommen und hatte Rufus Stone schwer blutend, wütend und Rache schwörend zurückgelassen.
    Die Haut um Mr Kytes Augen und auf den Wangen, so erinnerte sich Sherlock, war von Hunderten kleiner Kratzer übersät. Kratzer,

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