Yvonne Lindsay
Wut. Wie konnte sie es wagen, ihm solche Dinge an den Kopf zu werfen? Als sie die Haustür öffnete, vernahm er die Stimmen von Blake und Kim. Schnell schob er den Umschlag in die Hosentasche und ging ins Wohnzimmer.
Rachel stand an der Haustür, beugte sich jetzt vor und nahm Blake auf den Arm. Sie küsste ihn auf die Wangen und setzte ihn dann wieder ab.
„Dann fliegst du jetzt schon wieder nach Auckland zurück?“, hörte Matt Kim fragen.
„Ja. Ich habe die Möglichkeit, morgen Abend über Los Angeles nach London zu fliegen. Und da ist noch einiges zu erledigen, bevor ich Auckland endgültig verlasse. Aber jetzt muss ich los. Der Portier hat mir ein Taxi bestellt.“
Matt überlief es plötzlich eiskalt. Was? Sie hatte das alles geplant? Sie kehrte nach England zurück? Offenbar fiel es ihr schwer, sich von Kim und Blake zu verabschieden, denn sogar auf die Entfernung konnte er Tränen in ihren Augen schimmern sehen. Er war wie erschlagen. Genau das, was sie sich vorgenommen hatte, hatte sie auch durchgezogen. Es war wirklich kein Trick gewesen, um ihm eine Liebeserklärung abzuringen. Sie verließ Neuseeland. Für immer.
Was sollte er tun? Er wusste, er konnte sie davon abhalten. Nur drei kleine Worte, und sie würde bleiben. Aber er hatte sich geschworen, einer Frau nie wieder diese Worte zu sagen. Sollte er trotzdem …? Doch bevor er noch zu einer Entscheidung gekommen war, fiel die Tür ins Schloss.
Nach wenigen Schritten stand Kim vor ihm. „Was hast du denn jetzt wieder angestellt? Siehst du nicht, dass sie dich liebt?“
Matt löste den Blick von der zugefallenen Tür und sah Kim kühl an. „Wie ging es denn in der letzten Nacht mit Blake? Hat er sich gut benommen?“
Unwillig zog Kim die feinen Augenbrauen zusammen. „Dann willst du nicht darüber sprechen?“ Und als Matt schwieg, fuhr sie mit einem nervösen Lachen fort: „Okay. Ja, alles hat gestern prima geklappt. Blake ist ein Engel.“ Liebevoll fuhr sie dem Kleinen durchs Haar.
Blake hob die Ärmchen und trampelte auf der Stelle. „Arm, Daddy, ich will auf den Arm!“, bettelte er.
Sofort hob Matt ihn hoch und drückte den kleinen Körper an sich, während Blake ihm aufgeregt von all dem erzählte, was er am Vortag erlebt hatte. Es tat so gut, dass der Sohn wieder bei ihm war. Obgleich das Kind ja noch viele Jahre bei ihm bleiben würde, bis es alt genug war, um in die Welt hinauszugehen, hätte Matt am liebsten die Zeit angehalten. Jeden Augenblick mit seinem Sohn wollte er ganz bewusst genießen. Wie hatte er Blake nur so vernachlässigen können, nachdem Marise gestorben war? Sicher, er hatte für ihn gesorgt, und dem Kind hatte es in Bezug auf materielle Güter an nichts gefehlt. Und hatte er nicht Rachel engagiert, damit sie seinem Sohn die notwendige Wärme und emotionale Zuwendung geben konnte?
Aber die Liebe der Eltern war eben doch das Wichtigste für ein Kind und konnte durch nichts ersetzt werden. Erst mit Rachels Hilfe hatte er das begriffen. Zwar hatte er sich dagegen gewehrt, denn er hasste es, von anderen belehrt zu werden, aber Rachel hatte in diesem Punkt nicht nachgelassen. Und so hatte er schließlich die Wahrheit erkannt. Das wäre nie geschehen, wenn sie nicht so hartnäckig gewesen wäre.
Als Blake anfing, sich in Matts Armen hin und her zu drehen, ließ der Vater ihn wieder auf den Boden, worauf der Kleine gleich in seinem Zimmer verschwand.
„Weißt du, Matt“, fing Kim jetzt wieder an, „früher warst du nie so verschlossen, so voller Ärger und Frust. Ich hatte so sehr gehofft, dass wir uns wieder annähern könnten, du und ich. Ich meine, wo doch nun die Sache mit Marise und Howard geklärt ist und du auch wieder die fünf Steine der Blackstone Rose besitzt. Ich muss oft an dich denken, Matt. Du fehlst mir, und ich sehne mich nach unserer alten Vertrautheit zurück. Wir waren doch mal gute Freunde. Kannst du mir immer noch nicht verzeihen, dass ich dich im Januar verlassen habe und nach Sydney gegangen bin?“
Unwillkürlich musste Matt daran denken, was er eben empfunden hatte, als er Blake in den Armen hielt. Dieses enge Band zwischen Eltern und Kindern, das mit den Jahren nur noch fester wurde. Und das er fast gelöst hätte, wenn Rachel nicht eingeschritten wäre. Plötzlich konnte er verstehen, dass Kim nicht bei ihm hatte bleiben können, als sie hörte, dass ihr Vater mit dem Flugzeug abgestürzt war.
Sie war nach Neuseeland gekommen und hatte für das House of Hammond gearbeitet, weil sie
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