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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Aber es ist das Richtige.«
    Jake lächelte, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, sie in die Arme zu nehmen, und dem Impuls, Freudensprünge zu vollführen. Es
    war vorbei, er war frei, und abgesehen von den paar unangenehmen
    Momenten war alles relativ schmerzlos abgelaufen. Natürlich war dies erst der Anfang. Noch hatten sie nicht über Geld gesprochen , über die Aufteilung ihrer Habe. Wer weiß , was geschehen ‘würde , wenn erst die Anwälte mitmischten.
    Anwälte , dachte er , als er aus dem Zimmer trat und quer durch das große Vestibül zur Haustür ging. Entschieden eine Rasse für sich.
    »Ich rufe dich morgen an« , sagte er , als Mattie, die nur ein paar Schritte hinter ihm war, an ihm vorbeihuschte, um ihm die Tür zu
    öffnen, als wäre er ein Gast in ihrem Haus, und ein unwillkommener
    Gast obendrein. Jake hörte die Haustür ins Schloss fallen, noch ehe er bei seinem Wagen war.
    8

    »Du hast ihn einfach gehen lassen? Hast du völlig den Verstand
    verloren?«
    »Lisa, es geht mir gut! Es gab keinen Grund, ihn zu halten.«
    »Keinen Grund, ihn zu halten?« Lisa schob sich mit heftiger
    Handbewegung eine Haarsträhne aus der Stirn. Mattie war klar, dass die Heftigkeit mehr ihrem Ärger über sie – Mattie – entsprang als dem
    Unmut über ihr Haar, das wie immer perfekt saß. »Dass du einen
    schweren Autounfall mit nachfolgender Gehirnerschütterung hattest und gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen worden bist, spielt wohl gar keine Rolle?«
    »Ach, ich komme schon zurecht.«
    »Ja, klar, du kommst zurecht«, wiederholte Lisa verdrossen und stand von ihrem Stuhl am Küchentisch auf, um sich noch eine Tasse Kaffee
    einzugießen.
    Sie war gleich nach ihrer Sprechstunde nach Evanston
    hinausgefahren , um nach Mattie zu sehen , und trug über Pulli und Hose noch den weißen Arztkittel. Mattie hatte Kaffee gemacht , ein paar Preiselbeermuffins aus der Tiefkühltruhe aufgebacken und ihrer
    entsetzten Freundin seelenruhig mitgeteilt, dass sie und Jake beschlossen hatten, sich zu trennen.
    »Was ist, wenn du stürzt?«, fragte Lisa, und Mattie, die seit Jakes Auszug einmal schon einem Sturz nahe gewesen war, musste im Stillen
    zugeben, dass die Frage berechtigt war. Aber Lisa sagte sie nichts davon.
    »Dann steh ich wieder auf«, versetzte sie.
    »Du hast doch immer auf alles eine Antwort.« »Und hör du auf ,
    Quatsch zu reden!«
    Die unerwartete Zurechtweisung traf Mattie wie ein Schlag ins
    Gesicht. Tränen des Zorns schössen ihr in die Augen. Lisa Katzman
    mochte aussehen wie ein zierlicher kleiner Spatz , aber sie konnte zuschlagen wie ein Adler.
    »Sie haben ja eine tolle Art , mit Ihren Patienten umzugehen , Frau Doktor.«
    Lisa verschränkte die mageren Arme über dem flachen Busen , presste kurz die Lippen aufeinander und holte einmal tief Atem. »Ich spreche als Freundin mit dir.«
    »Bist du da sicher?«
    Lisa kam ohne ihre Kaffeetasse an den Tisch zurück. Sie setzte sich und umfasste Matties Hände. »Okay , ich gebe zu , dass meine Besorgnis nicht nur persönlicher Natur ist.«
    »Eben , und genau das verstehe ich nicht«, entgegnete Mattie , die sich nicht sicher war , ob sie sich gerade jetzt auf eine Erörterung dieser Frage einlassen wollte. »Der Neurologe hat gesagt , das MRT sei völlig in Ordnung. Das heißt , mir fehlt nichts.«
    »Das MRT war in Ordnung , ja« , stimmte Lisa zu.
    »Und mir fehlt nichts«, wiederholte Mattie und wartete auf die
    Bestätigung der Freundin.
    »Ich hätte gern, dass du dich noch einer weiteren Untersuchung
    unterziehst.«
    »Was? Wieso?«
    »Nur um ganz sicher zu gehen.«
    »Was soll das heißen? Was ist das für eine Untersuchung?«
    »Ein Elektromyogramm.«
    »Und was ist das?«
    »Eine Untersuchung , um die Aktionsströme der Muskeln zu
    registrieren«, erklärte Lisa. »Leider müssen dazu Elektroden direkt in die Muskeln eingeführt werden , und das kann ein wenig unangenehm sein.«
    »Ein wenig unangenehm?«
    »Es knistert, wenn die Nadeln in die Muskeln eingeführt werden. So
    ähnlich wie beim Popcorn-Braten«, erklärte Lisa. »Das kann etwas
    beunruhigend sein.«
    »Ach, was? Tatsächlich?« Mattie versuchte gar nicht, ihren Sarkasmus zu verbergen.
    »Ich denke, du wirst es aushaken«, sagte Lisa.
    »Ich denke, ich passe.«
    »Ich denke, du solltest es dir überlegen.«
    Mattie rieb sich die Stirn, als könnte sie so den Kopfschmerz
    vertreiben , der sich hinter ihren Augen zusammenzuziehen begann. Sie fand dieses Gespräch noch

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