Zähl nicht die Stunden
überdimensionaler Couch in weichem beigefarbenem Alpaka, der ideale Ruheplatz für den hart
arbeitenden Gatten, wenn er abends müde nach Hause kommt, nur kam
der hart arbeitende Gatte nicht mehr nach Hause.
Wo bist du, Jake Hart?, fragte Mattie stumm, obwohl sie die Antwort wusste. Er war natürlich bei ihr , seiner neuen Liebe, in ihrer Wohnung oder vielleicht auch in einem eleganten Zimmer im Ritz-Carlton, wo die beiden mit Bettgeflüster und Champagner seine neu gewonnene Freiheit feierten und sich königlich amüsierten , während Mattie ziellos durch das große leere Haus draußen am Stadtrand irrte und sich über irgendeine idiotische Untersuchung , bei der ihre Muskeln knistern würden , Gedanken machte.
Sie ging einmal im großen Vestibül im Kreis herum , dann noch einmal , und noch mal und noch mal in immer engeren Kreisen. Meine schrumpfende Welt , dachte sie , während sie mal wieder über ihre Füße stolperte. Würde sie in diesem Haus bleiben können, oder würde ihre
Welt auf eine kleine Drei-Zimmer-Wohnung zusammenschnurren?
Sie schlenkerte ihren prickelnden Fuß hin und her und hüpfte auf
einem Bein zur Treppe gleich rechts von Jakes Arbeitszimmer. Dort
setzte sie sich auf die unterste Stufe und massierte den Fuß, bis das Prickeln aufhörte. »Schlechte Blutzirkulation, das ist alles. Liegt in der Familie.« Stimmt das? Sie blickte nachdenklich zur Küche hinüber,
während sie sich fragte, was sie jetzt tun sollte. »Ich kann tun, was ich will«, verkündete sie dem leeren Haus. »Ich kann mir einen neuen
Gasherd kaufen. Ich kann bis morgens um drei fernsehen. Ich kann die ganze Nacht telefonieren. Ich kann die Zeitung lesen und sie überall auf dem weißen Teppich im Schlafzimmer rumschmeißen. Ich kann sogar
fernsehen und Zeitung lesen zu gleicher Zeit«, fuhr sie lachend fort, »und auch noch telefonieren dazu, wenn ich Lust habe. Keiner kann es mir verbieten. Keiner kann mich dafür ausschimpfen. Keiner kann mich
daran hindern zu tun, was ich will.
Ja, aber was will ich eigentlich?, fragte sich Mattie.
Was wollte sie jetzt, da Jake nicht mehr dazugehörte, mit ihrem Leben anfangen?
Sie hatte gewusst , was die Stunde geschlagen hatte , sobald sie den Kleiderschrank im Schlafzimmer geöffnet und gesehen hatte , dass fast alle seine Sachen fehlten. Und dennoch hatte sie ihren eigenen Augen nicht geglaubt , hatte das Wissen verdrängt, wie sie solches Wissen seit Jahren stets verdrängt hatte, und nach anderen Erklärungen gesucht: Er hatte alles in die Reinigung gegeben; er hatte beschlossen , sich eine ganz neue Garderobe zu leisten; er hatte seine Sachen ins Gästezimmer
verlegt , um ihr mehr Raum zu geben während ihrer Genesung. Die Liste unwahrscheinlicher Erklärungen hatte sie die Treppe hinunter in Jakes Arbeitszimmer begleitet.
»Was geht hier vor , Jake?« , hatte sie gefragt. »Wo sind deine ganzen Sachen?«
Und dann die überflüssigen Schönfärbereien: Keiner hat Schuld – es
geht nicht um Schuld – es tut mir Leid – ich hoffe , wir können weiterhin Freunde bleiben. Ha!
Mattie griff zum Handlauf des Treppengeländers hinauf und zog sich
daran in die Höhe. Vorsichtig belastete sie einen Fuß nach dem anderen und stieg so langsam die Treppe hoch ins obere Stockwerk , wo ihr Schlafzimmer lag. Vielleicht , überlegte sie , als sie den oberen Flur erreicht hatte , würde sie einfach das ganze Haus neu machen lassen. Man könnte die Wände in einem tiefen Orange streichen, der Farbe, die Jake am wenigsten mochte. Das ganze maskuline Leder könnte man durch
etwas Feminineres wie geblümten Chintz ersetzen und an den Fenstern
statt der schlichten hellen Jalousien duftige Wolken aus Spitze anbringen, obwohl sie Chintz und Spitzen hasste. Aber darauf kam es nicht an. Das Entscheidende war, dass Jake solches Gefummel hasste und sie jetzt in diesem Haus tun und lassen konnte, was ihr Spaß machte. Niemand
konnte ihr irgendwelche Vorschriften machen. Am wenigsten Jake. Sie
brauchte keinen um seine Meinung zu fragen. Sie brauchte keine
Kompromisse zu schließen.
Jedenfalls vorläufig nicht. Irgendwann würde Jake natürlich mit einer Liste von Forderungen antanzen, und dann würde man ja sehen, wie
ernst es ihm mit dem schönen Gerede von Freundschaft gewesen war.
Sie dachte an ihre Freundin Terry, der ihr Ex-Mann das Leben zur Hölle gemacht hatte, indem er sich so lange geweigert hatte, das Haus zu
verlassen, bis sie auf den ihr zustehenden Anteil an
Weitere Kostenlose Bücher