Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zaehme mich

Zaehme mich

Titel: Zaehme mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Maguire
Vom Netzwerk:
genau sah, dass sie das sauer machte, aber … Verdammt, er packte es nicht mehr. Scheiße.
    »Geh nach Hause, Jamie.«
    »Sarah, wie kannst du …«
    »Geh nach Hause.«

8
    Die letzten Monate des Jahres hatte Sarah immer viel zu tun. Sie musste die fälligen Hausarbeiten abgeben, Prüfungen vorbereiten und ablegen und nebenher auch noch möglichst viele Überstunden im Steakhouse abschuften. Ihre einzige Entspannung war der Sex mit Mike, der jeden zweiten Abend bei ihr aufkreuzte, ob sie ihn darum bat oder nicht. Sie beklagte sich nicht, denn es passte ihr ganz gut. Sie hatte weder Zeit noch Kraft, um Männer aufzureißen. Mike machte die Tür auf, machte es ihr und machte sich wieder vom Acker.
    Für den Moment der perfekte Mann.
    Jamie dagegen wollte sie anscheinend unbedingt für den großen Fehler bestrafen, dass sie mit ihm geschlafen hatte. Er redete nur mit ihr, wenn sie ihn anrief, und selbst dann war er kalt und abweisend. Wenn sie sich in Gesellschaft anderer sahen, war er freundlich wie früher, doch sobald sich die Gelegenheit zum Alleinsein ergab, zog er sich unter einem Vorwand zurück. Wenn sie den Gedanken daran zuließ, empfand sie unerträgliche Trauer über den Schaden, den sie Jamie zugefügt hatte, und über den Schaden, den er ihrer Freundschaft zufügen wollte. Zum Glück kam sie in dieser Zeit kaum zum Nachdenken, und der Schmerz, der ihr fast das Herz zerriss, bedrängte sie nur selten und immer nur für kurze Zeit.
    Am Heiligen Abend ging sie nach der Arbeit zum Leagues Club, um sich einen jungen Hengst zu suchen, doch dann kam sie mit einem Türsteher namens Bob ins Gespräch, der ihr anvertraute, dass er freiwillig die ganze Weihnachtszeit durcharbeitete, weil das immer noch besser war, als allein zu sein. Sarah war ganz platt vor Mitgefühl und Ekel vor sich selbst. Die ganze Nacht blieb sie vor dem Eingang stehen und redete mit ihm, ohne die entstellende Akne auf seinem Gesicht und seinen dicken Hals zu beachten. Nachdem er am Weihnachtsmorgen um drei Uhr früh mit der Arbeit fertig war, setzten sie sich in sein Auto, und Sarah blies ihm einen. Er weinte.
    Das Restaurant war bis Neujahr geschlossen, die Uni fing erst wieder in eineinhalb Monaten an, und alle Leute, die sie kannte, verbrachten die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr bei ihrer Familie. Sie wäre gern durch die Clubs gezogen, aber sie war pleite und auch –
    jetzt, da sie etwas langsamer trat, fiel es ihr allmählich auf
    – erstaunlich müde. Also schlief sie zwölf, dreizehn, vierzehn Stunden am Tag, sehnte sich nach Jamie, dachte darüber nach, ob sie jemals aus Sydney herauskommen würde, und las alle ihre Bücher noch einmal, was nicht so besonders lang dauerte, weil sie nur die dreiundzwanzig besaß, die sie schon beim Auszug von zu Hause gehabt hatte.
    Und als sie so las – ohne Termin, ohne bestimmte Absicht –, fiel ihr wieder ein, warum sie Literatur so sehr liebte. Es war, als würde sie mit einem fremden Mann schlafen, in dem Wissen, dass er andere Frauen zum Orgasmus gebracht hatte, dass es aber eine unteilbare, unübertragbare Lust war, wenn sie selber kam. Sie öffnete sich ihren Büchern, und die Worte drangen in sie ein wie ein Liebhaber, der sie zum Wahnsinn trieb.
    Als sie von Emma Bovary las, sie war in eine Wunderwelt eingetreten, in der alles Leidenschaft, Verzückung und Rausch war, musste Sarah an ihre eigene Hoffnung denken, durch sexuelle Leidenschaft ihrer Existenz zu entfliehen, und im Geist sah sie wieder vor sich, wie Mr. Carr in dem schäbigen Motelzimmer über sie hergefallen war. Sie fühlte sich, als wäre ihr eine Hautschicht abgerissen worden, und so zerrte sie sich die Pyjamahose herunter und fickte die Ecke des gebundenen Buches, bis es ihr wieder besser ging.
    Zur Erholung griff sie nach Huckleberry Finn, doch das Bild des pubertierenden weißen Jungen und des kräftigen schwarzen Sklaven, die nackt auf dem Floß dahintrieben, zwang sie auf alle viere, und sie rieb sich wie verrückt die buchwunde Klitoris. Die Lieder und Gedichte von Donne danach waren so unerträglich erotisch, dass sie sie wieder weglegen musste, bevor sie sich ernsthaft verletzte. Als Nächstes schlug sie Jane Eyre auf und kam auch ganz gut durch bis zu den letzten Seiten, die sie in Zuckungen versetzten. Wenn es in der Literaturgeschichte etwas Erotischeres gab als den Augenblick, in dem Jane Rochesters erblindete Augen küsst, war es ihr noch nicht begegnet.
    Dann beim Lesen der Szene in König Richard

Weitere Kostenlose Bücher