Zaehme mich
Stimme vordringen zu lassen.
»Ja, du weißt schon. Hier mal ein Kuss, da mal ein bisschen Gefummel. Sie macht mich an, hat mich in der Mangel.«
Jamie schlürfte sein Bier. Er wollte Mike nicht sehen lassen, wie erschüttert er war. Außerdem erzählte Mike wahrscheinlich sowieso nur Scheiß.
»Ehrlich gesagt, ich bin völlig hilflos. Sie hat mich …«
Mike machte eine Geste, als würde er eine Angel auswerfen und sie wieder einziehen. »… einfach am Haken, mein Freund. Ich bin ihr total ausgeliefert. Sie muss nur die Schnur einziehen, und ich mache alles, was sie von mir verlangt. Und das weiß sie ganz genau, das durchtriebene Luder.«
Jamie hätte sich am liebsten übergeben. Wirklich unangenehm, wie ihn Sarah immer wieder fast zum Kotzen brachte. »Hast du keine Schuldgefühle wegen Jess?«
»Doch.« Mike rieb sich über die Stirn. »Irgendwie schon. Ich meine, Jess ist ein Engel, aber diese Sarah, Mann. Diese verdammte Sarah Clark! So einer Gelegenheit kehrt man doch nicht den Rücken zu.«
»Hast du was zu rauchen?«, fragte Jamie, und Mike gab ihm eine Schachtel Zigaretten. Jamie zündete sich eine an und ignorierte die unmittelbar folgende Beklemmung in seiner Brust.
Auch Mike steckte sich eine an und inhalierte tief.
»Also, was ich dir erzählen wollte. Gestern Abend bei dir, da haben wir voll die Sau rausgelassen, direkt vor allen anderen. Und keiner hat was gemerkt!«
»Bei mir?« Jamies Gesicht lief rot an. »Was erzählst du denn da?«
»Ich und Sarah, wir haben es miteinander getrieben, direkt beim Essen.«
Beim Essen. Jamie ließ im Geist das Band zurückspulen.
Beim Essen war überhaupt nichts passiert. Davor hatte Sarah Jamie geküsst und mit Mike geflirtet. Danach hatte Shelley Mike und Jess nach Hause gefahren, und Sarah hatte … Scheiße! Wovon redete Mike eigentlich?
»Da sitze ich und verspeise das tolle Essen, das deine wunderbare Frau gekocht hat, und plötzlich ist mein Hosenschlitz offen, und eine Hand liegt auf meinem Pimmel.« Mike schüttelte den Kopf, als könnte er es noch immer nicht fassen. »Da sitzt Sarah und plaudert angeregt über variable Zinsen oder so was, und die ganze Zeit holt sie mir unter dem Tisch einen runter. Aber ich habe ihr Kompliment erwidert. Als ich mir nach dem Essen die Finger abgeleckt habe, hab ich nicht nur Huhn geschmeckt, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Entschuldige, ich muss …« Jamie stürzte zum Klo und schaffte es gerade noch rechtzeitig, um alles auszukotzen, was er je in seinem Leben gegessen und getrunken hatte –
zumindest fühlte es sich so an. Nach einigen Minuten hörte es auf, und er hockte sich auf die Fersen, um nach Luft zu schnappen. Da fiel ihm ein, was sie gesagt hatte: Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so feucht.
Wieder hob es ihm den Magen.
Mit sechzehn sehnte sich Jamie danach, eines Morgens aufzuwachen und zu entdecken, dass er wie durch Zauberhand in seinen Bruder verwandelt worden war.
Brett war alles, was Jamie nicht war. Stark und muskulös, während Jamie schwach war und dazu neigte, sich etwas zu brechen. Sonnengebräunt und robust, während Jamie blass und sommersprossig war und mattes Haar hatte, das ihm immer abstand, egal, wie viel Gel er sich hineinschmierte. Brett war ein Sportass, während Jamie wegen seines Asthmas für immer vom Sportunterricht befreit war. Und Brett liefen die Mädchen nach. Er konnte mit ihnen reden, ohne zu stottern und auf seine Füße zu starren, und konnte sie mit schlauen Bemerkungen dazu bringen, dass sie lachten und mit verträumten Augen zu ihm aufblickten. Jamie dagegen wurde von Mädchen nur voller Mitleid betrachtet. Manchmal nannten sie ihn niedlich und so einen netten Kerl, und das war natürlich der Todeskuss für jeden gestandenen Australier, der rau, hart und grob zu sein hatte.
Durch Brett erfuhr Jamie auch von Sarah Clarks Doppelleben. Bretts Meinung nach war es höchste Zeit, Jamie mitzuteilen, dass seine kleine Freundin der beste Fick von ganz Sydney war. Er fand es jämmerlich, dass Jamie wie ein liebeskranker Welpe vor sich hin schmachtete, während es Sarah jedem Kerl besorgte, der sie zweimal ansah. Mit einem breiten Grinsen gestand ihm Brett, dass er selbst schon in einer Nacht dreimal bei ihr Maß genommen hatte. Sarah Clark war, erklärte er, eine Wildkatze. Total hemmungslos, unglaublich sexy, einfach wild. Wollte nichts wissen von diesem Scheiß von wegen miteinander reden, Bindung und führ mich zum Essen aus, mit dem andere
Weitere Kostenlose Bücher