Zähmung der Wildkatze
von Marie die neuesten Waren zeigen. Sie schätzte ihn auf maximal Anfang zwanzig. Seine azurblauen Augen, sein sanftes, jungenhaftes Lächeln, dazu die blonden, schulterlangen Locken, ließen ihn wie einen Engel wirken, dem man alles durchgehen ließ, wenn man naiv genug war, diesem charmant wirkenden Eindruck zu glauben. Allerdings war deutlich ersichtlich, dass ihm die Welt gehörte und alles, was sich in ihr befand. Der Berufssohn war scheinbar nie der Highschool entwachsen und benahm sich noch immer wie ein Teenager, der glaubte, jede Frau in sein Bett zu bekommen. Entsprechend benahmen sich auch seine Freunde, doch sie waren gute Kunden der Boutique und Marie zwang sich, freundlich zu sein,auch wenn es oft schwerfiel. Ihre Väter waren anerkannte und gute Geschäftsmänner, die ebenfalls viel Geld im Laden ließen und mit dieser Sorte Reichtum legte man sich besser nicht an.
Auch diesmal bestand Jamie auf Maries Beratung und ignorierte Paul. Er hatte nur Augen für sie und schien an ihren Lippen zu kleben, während sie ihm verschiedene neue Modelle aus New York präsentierte.
„Den nehme ich.“ Jamie drehte sich mit einem süffisanten Lächeln in dem dunkelblauen Zweireiher vor dem großen Spiegel hin und her und sah Marie an.
„Er steht Ihnen ausgezeichnet, passt perfekt zu Ihrer schlanken Figur und lässt Sie sehr elegant wirken. Gibt es einen besonderen Anlass, zu dem Sie ihn tragen möchten?“
„Eine Party mit Geschäftsfreunden der Familie.“
Marie nickte unbeeindruckt von dem Wink mit dem goldenen Zaunpfahl und nahm die Kleidungsstücke entgegen, während Jamie sich hinter einem Vorhang wieder umzog. Das Licht durchschien den hellen Stoff und ließ die schlanken und muskulösen Körperkonturen erahnen. Es fiel Marie schwer, nicht doch einen kleinen Blick zu riskieren, denn schließlich war dieser straffe Körper eine echte Augenweide, wenn man von den charakterlichen Defiziten einmal absah.
„Eine Dinnerparty oder eher ein offizielles Meeting?“
Er trat aus der Kabine und blieb so nah vor ihr stehen, dass kaum mehr ein Blatt Papier zwischen ihnen Platz fand. Ein seichtes, wohliges Kribbeln breitete sich in Maries Bauch aus, das sie ungern zuließ.
„Sowohl als auch. Was machst du heute Abend, Schönheit?“
Er roch unverschämt gut, aber dieser musternde Blick, der ihr Gesicht studierte, gefiel ihr ganz und gar nicht. Schweigend wollte sie sich abwenden, als er nach ihrem Arm griff.
„Geh mit mir Essen, Süße. Ich verspreche dir, das wirst du nicht bereuen. Futtern, ein bisschen Tanzen und dann runden wir das Ganze in meinem Bett ab.“
Sie räusperte sich, fühlte, wie sich seine Hüften wie zu einem unhörbaren Takt bewegten, und unterdrückte den Impuls, mit den Augen rollen zu wollen. Marie spürte, wie ein Teil in ihr auf dieses hübsche Gesicht und den festen starken Körper reagierte und niedere Instinkte weckte. Würde man ihm vielleicht den Mund zutackern und wäre er etwas älter, wäre er vielleicht eine Sünde wert. Marie suchte nach einer höflichen und in Watte gepackten Abfuhr.
„Mr. Manson, Sie …“
„Nenn mich Jamie, Baby.“
Sein Lächeln erreichte nicht seine Augen, aber ihr Herz setzte für einenMoment aus, schlug wild weiter und Ungeduld erhitzte ihr Gemüt.
Reiß dich zusammen, Marie. Du liebst deinen Job und er ist es nicht wert
. Einerseits zuckte es in ihren Fingern, ihm eine Ohrfeige zu verpassen, anderseits hätte sie ihm viel lieber eine ordentliche Standpauke gehalten. Jamie Manson ging ihr nicht nur auf die Nerven, er war einfach ungehobelt, unverschämt und schlicht und ergreifend ein Großkotz. Sie nahm einen tiefen Atemzug, um ihr aufgewühltes Gemüt zu beruhigen. Jamie hingegen verstand es wohl zu gern falsch und beugte sich zu ihr herab.
„Ich weiß genau, was eine Frau wie du braucht.“
Diese Zweideutigkeit in seiner Stimme kostete sie fast ihre Beherrschung. In ihr kämpfte die Professionalität mit der Impulsivität. Letztere war eindeutig dafür, diesem Möchtegerncasanova direkt vor die Füße zu kotzen. Schon zu ihrer Highschoolzeit hasste sie diese Art von Typen, die glaubten, unwiderstehlich zu sein.
Lass dich nicht zu etwas hinreißen, was du später bitter bereust. Er ist es wirklich nicht wert, deinen Job zu riskieren
.
Marie lächelte freundlich, straffte ihre Schultern und sah dem jungen Mann ins Gesicht.
„Jamie, Sie sind sehr nett und ein guter Kunde, aber die Firmenpolitik verbietet es einfach.“
„Süße, du machst
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