Zähmung der Wildkatze
tagelangen Eindruck hinterlassen, was sie obendrein noch eine Art Demütigung nachträglich spüren ließ. Ihr waren recht schnell die Erklärungen ausgegangen, wenn sie sich wieder einmal mit leicht verzerrtem Gesicht irgendwohin setzte und man sie danach fragte. Das hatte sich bisher noch keiner getraut. Nie war ein Mann so forsch und unverschämt mit ihr umgegangen und hatte sich einfach genommen, wonach ihm der Sinn stand. Das Eingeständnis, wie sehr es ihr gefallen hatte, sprach sie niemals aus. Doch selbst jetzt noch spürte Marie ein süßes Ziehen in ihrem Schoß, wenn sie nur daran dachte und ihr Herzschlag beschleunigte sich.
Dich, kleine Zicke, werde ich auch noch zähmen
.
In ihrem Kopf klang das Echo seiner lachenden Stimme, als säße er direkt neben ihr. Ein wohliger Schauer kroch ihr die Wirbelsäule hinunter.
Reiß dich endlich zusammen, der Typ ist ein Perverser
. Bei dem Ausdruck musste sie laut auflachen. Der Master war nicht bis zum Äußersten gegangen, was sie im Nachhinein betrachtet bedauerte. Während des kleinen Intermezzos hatte sie deutlich seine Härte gespürt, prall, dick und zuckend. War das typisch für BDSM? Hatte er nur seinen Sadismus gestillt? Oder war es seine Art Spiel, den Sex vorzuenthalten? Auch wenn die Fragen ihr auf der Seele brannten, würde sie garantiert nicht Erica um Rat fragen, denn das würde bedeuten, sich zu outen. Die kleinen Seitenhiebe von eben hatten ihr vorerst gereicht und würden sicherlich noch einige Zeit anhalten. Auch Erica besaß eine fiese kleine sadistische Ader.
Wie fühlt er sich an? Wie es wohl ist, seine nackte Haut auf meinem Körper zu spüren? Er hat so verflucht gut gerochen und …
Marie seufzte verzweifelt, legte ihre Stirn gegen das Lenkrad und schüttelte langsam den Kopf. An dieser inneren Unruhe verzweifelte sie langsam.
Konzentrier dich!
Als sie sich aufrichtete, fiel ihr Blick auf die Uhr im Armaturenbrett. Der Job rief, wenigstens in der Boutique würde sie hoffentlich nicht ständig an ihn denken müssen. Marie stieg aus dem Wagen, blickte zum sonnigen Himmel und hoffte auf verdammt viel Kundschaft.
Bevor sie den Laden des Herrenausstatters betrat, kontrollierte sie ihr schwarzes Kostüm mit dem knielangen Etuirock, der smaragdgrünen Seidenbluse und der Taillenweste. In dem Outfit wirkte ihre Figur noch zierlicher und zerbrechlicher auf einsfünfundsechzig in sieben ZentimeternLederpumps. Sie strich über das glatte kinnlange Haar, das in der Morgensonne dunkel rot leuchtete und wischte sich einen Fussel aus dem Augenlid. Katzenaugen, hatte einer ihrer Verehrer gesagt. Dunkelgrün und mit schwarzem Lidstrich noch deutlicher hervorgehoben. Für einen Augenblick sah sie im Spiegel des Schaufensters den schrillen lila gefärbten Haarschopf, das Lippenpiercing, die abgewetzte Lederjacke und den kurzen Schottenrock mit Overknee Strümpfen in grün und schwarz geringelt. Das Punkmädchen mit dem Hundehalsband aus den Achtzigern war heute eine edel gekleidete, fünfunddreißigjährige Topverkäuferin in einem teuren Herrenausstattergeschäft. Hätte man ihr damals gesagt, dass aus ihr einmal so etwas werden würde, hätte sie demjenigen frech grinsend den Mittelfinger entgegengestreckt. Marie zwinkerte dem Spiegelbild der frechen Punkerin zu, straffte ihre Schultern und betrat den Laden. Innerlich war sie noch immer die Rebellin mit frecher Klappe und aufbrausender Leidenschaft, doch professionell genug, um auf der Arbeit elegant, kompetent und freundlich zu sein.
Sie liebte ihren Beruf, genoss die Aufmerksamkeit der zumeist männlichen Kunden, die ihren fachlichen Rat gern entgegennahmen, wenn es um edle Anzüge, Krawatten oder die Wahl der richtigen Manschettenknöpfe ging. Sie mochte den einfachen und geradlinigen Geschmack der Männer, niemals unentschlossen, genau wissend, was sie wollten. Frauen hingegen gingen oft mit der Idee eines neuen Mantels los und kehrten mit Tüten voller Tops, Röcken, Hosen und vor allem Schuhen zurück. Marie war da keine Ausnahme. Doch Herren bei Kleidungsfragen zu beraten, war völlig anders.
Während Marie mit Paul, dem zweiten Verkäufer, die anstehenden Termine besprach, schlenderte ein junger Mann in Markenjeans, lässigem Armanisakko und teurer Breitlinguhr am Handgelenk ins Geschäft und sah sich um. Paul stupste Marie mit dem Ellbogen an und nickte in die Richtung des Kunden, mit einem speziellen Lächeln.
Seit Wochen kam Jamie Manson regelmäßig in die Herrenboutique und ließ sich
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