Zaertlich ist die Nacht
aber für die Kamera längst nicht so gut wie die klare Luft Kaliforniens. Nicotera folgte Rosemary zum Wagen und flüsterte ihr etwas zu – sie sah ihn an, ohne zu lächeln, als sie sich verabschiedete.
Dick und Rosemary speisten im »Castelli dei Cesari«, einem grandiosen Restaurant in einer hochgelegenen Villa, die auf irgendwelche Ruinen aus der römischen Dekadenz herabblickte. Rosemary trank einen Cocktail und etwas Wein, Dick schenkte sich so lange nach, bis das Gefühl der Unzufriedenheit ihn verließ. Danach fuhren sie erhitzt und glücklich in einer Art überschwänglicher Ruhe zurück ins Hotel. Rosemary wollte genommen werden, und das wurde sie auch, und was als kindische Schwärmerei am Strand begonnen hatte, wurde nun endlich vollzogen.
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Am Abend musste Rosemary wieder zu einer Verabredung, einer Geburtstagsparty für ein Mitglied des Teams. Dick begegnete Collis Clay in der Lobby, aber er wollte lieber allein essen und behauptete deshalb, er habe im Excelsior eine Verabredung. Er trank nur einen Cocktail mit Collis, und seine vage Unzufriedenheit erwies sich allmählich als Ungeduld. Er hatte keinen guten Grund mehr, sich vor einer Rückkehr in die Klinik zu drücken. Was hier in Rom geschah, hatte nichts mehr mit Liebe zu tun, sondern war nur noch eine romantische Erinnerung. Nicole war sein Mädchen – sie machte ihm oft das Herz schwer, aber trotzdem war sie sein Mädchen. Die Zeit mit Rosemary war ein Sichgehenlassen – aber Zeit mit Collis zu verbringen war einfach gar nichts.
In der Tür des Excelsior wäre er fast mit Baby Warren zusammengestoßen. Sie starrte ihn überrascht und neugierig an. Ihre großen, schönen Augen sahen wie Glasmurmeln aus. »Ich dachte, du wärst in Amerika, Dick! Ist Nicole auch hier?«
»Ich bin über Neapel zurückgekommen.«
Sie sah die schwarze Binde an seinem Arm und sagte: »Das tut mir leid, mit deinem Vater.«
Es war natürlich unvermeidlich, dass sie zusammen zu Abend aßen.
»Erzähl mir alles«, verlangte sie.
Dick teilte ihr seine Version der Tatsachen mit, und Baby runzelte die Stirn. Sie empfand offenbar die Notwendigkeit, einen Schuldigen für die Katastrophe im Leben ihrer Schwester zu finden.
|328| »Glaubst du, dass Professor Dohmler damals die richtige Behandlung für sie gewählt hat?«
»Es gibt keine so großen Unterschiede mehr bei der Behandlung – natürlich muss man sich immer bemühen, die richtige Person zu finden, die einen Fall übernimmt.«
»Dick, ich will dir ja keine Ratschläge geben und verstehe auch nicht viel davon, aber findest du nicht, dass eine Ortsveränderung vielleicht gut für sie wäre – wenn sie aus dieser Atmosphäre von Krankheit herauskäme und wieder in der normalen Welt lebte wie alle anderen?«
»Aber du warst doch ganz wild auf die Klinik«, wagte er sie zu erinnern. »Du hast doch gesagt, du würdest immer Angst um sie haben, solange sie nicht –«
»Das war, als ihr noch dieses Einsiedlerleben auf diesem Berg an der Riviera geführt habt, wo kein Mensch je hinkam. Ich meine nicht, dass ihr dahin zurück sollt. Ich denke eher an London. Die Engländer sind die ausgeglichenste Rasse der Welt.«
»Nein, keineswegs«, widersprach er.
»Doch, das sind sie. Ich kenne sie, weißt du. Ich denke, es könnte schön für euch sein, wenn ihr den Frühling in einem Haus in London verbringt – ich kenne ein richtiges Schmuckstück am Talbot Square, das ihr komplett möbliert mieten könnt. Da wohnt ihr unter lauter vernünftigen, ausgeglichenen Engländern.«
Sie hätte ihm wahrscheinlich noch mehr solche alten Propagandageschichten von 1914 erzählt, wenn Dick nicht gelacht und sie unterbrochen hätte: »Ich lese gerade so ein Buch von Michael Arlen 1* , und wenn das –«
Sie beseitigte Michael Arlen mit einem Wedeln ihrer Salatgabel. »Der schreibt doch bloß über degenerierte Dandys. Ich meine die echten Engländer.«
|329| Nachdem sie auch ihre Bekannten und Freunde auf diese Weise erledigt hatte, wurden sie in Dicks Vorstellung von den fremdartigen, sturen Gesichtern ersetzt, die sich in Europas kleinen Hotels herumdrückten.
»Es geht mich natürlich nichts an«, sagte Baby mal wieder, nur um gleich einen weiteren Vorstoß zu unternehmen, »aber sie in einer solchen Atmosphäre allein zu lassen –«
»Ich bin nach Amerika gefahren, weil mein Vater gestorben ist.«
»Das verstehe ich, und ich hab dir ja auch schon gesagt, wie leid es mir tut.« Sie
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