Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
Sie eben.« Sie griff hinter sich und zog eine kleine hölzerne Kniebank aus der Ecke des Raums. »Und setzen Sie sich darauf.«
Er nahm die Bank entgegen, wobei er sorgfältig darauf achtete, dass er ihre Finger nicht berührte. »Ganz schön viel Aufwand dafür, dass man einfach nur denken will.«
»Wir werden das von jetzt an ein paar Mal täglich tun, daher sollen Sie sich daran gewöhnen«, gab sie zurück. »Sobald Sie Zazen beherrschen, werden wir versuchen, uns wieder zu berühren.«
Er grinste. »Ist das Ihre Art, mir zu gestehen, dass Sie nicht genug von mir bekommen können?«
Ihre Miene blieb unbewegt. Kein Lächeln.
»Kommen Sie schon. Geben Sie’s zu«, fuhr er aufgestachelt fort. »Sie haben genau dasselbe gefühlt wie ich, als wir uns berührt haben, und Sie würden alles tun, um es noch mal zu fühlen.«
Sie blinzelte.
»Das heiße Rauschen des Blutes durch Ihre Adern, das Hämmern Ihres Herzens gegen den Brustkorb, das unruhige, kaum zu ertragende Verlangen. Sie erinnern sich sehr gut daran, wie es war, nicht wahr?«
»Kaum.«
»Lügnerin!«
»Mein Ziel ist es, den Punkt zu erreichen, an dem es keine Reaktion welcher Art auch immer hervorruft, wenn ich Sie berühre«, entgegnete sie knapp.
»Keine Reaktion welcher Art auch immer?«
»Keine.« Sie senkte den Blick. »Sind Sie bereit?«
»Nein.« Er kniete sich auf die Bank und lehnte sich zurück. Diese Haltung war bemerkenswert bequem, selbst für seine kriegsversehrten Knie. »Warum kümmert es Sie, was geschieht, wenn wir uns berühren? Sobald Sie mir den Schleier aushändigen, gibt es keinen Grund mehr, dass wir uns jemals wiedersehen.«
Sie kniff flüchtig die Lippen zusammen. »Die Gefühle, die mich bedrängen, wenn wir uns berühren, stehen meinem Wunsch nach innerer Ruhe und Erleuchtung im Wege. Deshalb versuche ich, sie zu zügeln.«
Er starrte sie einen Moment lang an. »Ich dagegen mag die Gefühle, die Sie in mir wecken. Wenn es da nicht dieses kleine Problem mit meinem Berserker gäbe, würde ich jetzt gleich über Sie herfallen. Und ich würde Sie nicht eher wieder loslassen, bis Sie Ihre Lust in den Himmel hinaufschreien und ein riesengroßes Lächeln im Gesicht haben. Es gibt mehr als einen Weg, zur inneren Ruhe zu finden.«
Sie hob den Blick, bis er seinem begegnete, und wurde puterrot. »Sagen Sie immer, was Sie denken?«
»Aye. Das spart Zeit.«
Die nachklingende Kühle der Novemberluft heizte sich unter ihrer beider Blicken auf. Es war ein Moment unerschrockener Ehrlichkeit, ohne jede Heuchelei oder Verstellung. Sie wollten sich beide.
Und sie beide wussten, dass es unmöglich war.
»Dieses kleine Problem mit Ihrem Berserker ist der Grund, warum wir hier sind«, sagte sie endlich, während sie die Augen niederschlug und um Fassung rang. »Die Disziplin des Zazen kann Ihnen helfen, den Kontrollverlust zu vermeiden, den Sie erlebt haben. Wir werden anfangen, indem wir uns zunächst auf Ihre Atmung konzentrieren.«
»Nur damit Sie es wissen«, gab er trocken zurück, »es waren vor allem leere Gedanken und die absolute Fixierung auf das Körperliche, die meinen Berserker die Kontrolle haben gewinnen lassen.«
»Sie sollen Ihre Gedanken nicht leer werden lassen. Im Zazen geht es darum, ganz in der Welt zu sein, und nicht darum, einen leeren Kopf zu haben. Wir konzentrieren uns nur aufs Atmen, um alle Ablenkungen auszublenden.«
»Gut.«
»Augen auf«, mahnte sie. »Halb geschlossen ist am besten. Suchen Sie sich einen Punkt auf dem Boden etwa einen Meter vor sich und schauen Sie darauf.«
»Mädchen, Ihr Schoß ist ungefähr einen Meter vor mir. Wie soll ich mich auf meine Atmung konzentrieren, wenn ich die ganze Zeit auf genau das starre, was mich ablenkt?«
»Konzentrieren Sie sich! Sie wissen doch, wie man sich konzentriert, oder?«
Murdoch straffte die Schultern. »Sarkasmus steht Ihnen nicht.«
»Konzentrieren Sie sich, Murdoch. Bedecken Sie Ihre schwächere Hand mit der stärkeren. Dann legen Sie die Daumen aneinander und formen Sie ein Oval. Halten Sie den Kopf hoch und strecken Sie die Wirbelsäule. Nun atmen Sie tief. Aus dem Bauch heraus.«
So etwas Simples: die Anrede vor seinem Namen wegzulassen. Kaum das Seufzen wert, das er unterdrückte. Doch diese stillschweigende Vertrautheit gefiel ihm ungemein. Den Blick auf den weißen
gi
vor sich gerichtet, holte er tief Luft.
»Atmen Sie nun langsam aus. Spüren Sie, wie der Atem Ihre Lungen verlässt, jeden Muskel, Ihren Körper. Holen Sie erneut
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