Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
Vom Netzwerk:
Luft. Spüren Sie, wie der Atem kühl durch Ihren Rachen streicht, wie sich Ihre Lungen weiten, wie sich Ihr Zwerchfell hebt.«
    Nachdem er sich einmal auf die Übung eingelassen hatte, folgte er eifrig Kiyokos Anweisungen und richtete seine Aufmerksamkeit auf den stetigen Rhythmus, in dem sich sein Brustkorb bewegte. Der Klang ihrer Stimme verschwand nicht aus seinem Bewusstsein, aber er ließ sich an einem wohltuenden Punkt außerhalb seines Körpers nieder. Beim vierten Atemzug waren seine Seelenwächtersinne vollkommen gegenwärtig. Er konnte nicht nur die Bewegung jedes eingeatmeten Luftmoleküls verfolgen, er spürte auch den hauchzarten Druck, den die Luft auf jeden Zentimeter seiner Haut ausübte. Er wusste, welche langsamen Verwirbelungen von draußen gekommen waren und welche Kiyokos erhitzten Körper passiert hatten, bevor sie ihn erreichten.
    Sie fuhr fort zu sprechen, doch ihre Worte verloren an Bedeutung.
    Bei jedem langsamen, tiefen Atemzug inhalierte er Kiyokos Geruch. Den blumigen Duft ihres Shampoos, die frische Sauberkeit ihrer mit Seife gereinigten Haut, selbst den Hauch grünen Tees in ihrem Atem. Er nahm all das intensiv wahr.
    Und sein Berserker merkte es sich.
    Unter seinem Brustbein regte es sich, es war das Rühren der Bestie, das sich mit Hunger vergleichen ließ. Die ersten Anzeichen der Verwandlung zeigten sich – seine Temperatur stieg, das Muskelgewebe schwoll leicht an, Sauerstoff gelangte rasch in die entlegensten Körperregionen –, und Murdoch sah sich gezwungen, sie zu unterdrücken. Nichts sollte die berauschende Freude an Kiyokos Gegenwart stören, denn er würde einer Berührung wahrscheinlich niemals näher kommen als in diesem Augenblick. Es war sonderbar befriedigend. Jedenfalls so lange, bis ihm eine würzige Duftnote von ihrer linken Schulter in die Nase stieg. Zitronig. Kompliziert. Teuer.
    Watanabes Parfum!
    Er nahm die Kniebank weg und kam auf die Füße.
    »Ich bin fertig.« Den Berserker im Zaum zu halten, kostete ihn große Anstrengung, so dass seine Worte gepresst klangen. Zur Hölle! Sie war erst vor kurzem mit dem Kerl zusammen gewesen, in einem geschlossenen Raum, irgendwo, wo sein Duft sie einhüllen und sich an ihr festkrallen konnte. Watanabe hatte sie
berührt.
    Sie runzelte die Stirn. »Sie haben doch gerade erst begonnen.«
    »Meine Sinne sind schärfer als die eines Menschen«, ewiderte er, »und empfindlicher. Glauben Sie mir, es ist klug, an dieser Stelle aufzuhören.«
    Bevor jemand Schaden nahm.
    Er holte tief und bebend Luft.
    Verdammt! Das sah ihm so gar nicht ähnlich. Normalerweise war er nicht eifersüchtig. Nicht, wenn es um Frauen ging. Sich an sie zu binden – zuzulassen, dass ihr Leben sich mit seinem verband –, ging nie gut aus, daher traf er sich ein oder zwei Mal mit einem Mädchen und verabschiedete sich dann. Eifersucht passte nicht in das Leben, das er führte. Aber die verrückte Zuneigung, die sein Berserker zu Kiyoko hegte, folgte keinen Regeln.
    Es ging um Wollen und
Brauchen.
    »Ihre Selbstkontrolle ist sehr streng«, sagte Kiyoko. Auch sie stand auf und kam quer über die Matte auf ihn zu. »Aber das steht Ihnen bei der Meditation nur im Weg. Sie müssen mit Ihrer Umwelt in Verbindung treten und dürfen nicht auf Distanz zu ihr gehen.«
    Er sah auf sie herab. Sie reichte ihm nur bis zur Schulter. »Sie wollen doch nicht vorschlagen, dass ich loslasse, oder? Damit der Berserker hochkommt?«
    »Etwas muss nachgeben. Sie schleppen eine Mauer mit sich herum.«
    Er schnaubte. »Was neulich im Dōjō geschehen ist, war nur eine Kostprobe dessen, wozu mein Berserker imstande ist. Wenn ich ihm freie Hand ließe, würden wir es alle bereuen. Glauben Sie mir.«
    Ihre Finger streiften über den losen Stoff seines T-Shirts am Bauch und schickten einen durchdringenden Schauer der Wahrnehmung durch seinen Körper. »Ich sage ja nicht, dass Sie die Kontrolle vollkommen abgeben sollen. Sie sollen nur zulassen, dass Ihr Körper kontrolliert in Kontakt mit der Außenwelt treten kann. Ob Sie es glauben oder nicht, man kann Kraft aus der Welt um sich herum ziehen. Selbst der mächtigste Baum muss seine Wurzeln in den Boden versenken und sich mit der Erde verbinden, oder er hat schon die nächste Windböe zu fürchten.«
    Murdoch zwang sich zu atmen. Wie leicht es war, sich vorzustellen, dass diese schmalen Finger über sein nacktes Fleisch tanzten und ihn zur Raserei trieben. Wie leicht, sich auszumalen, sie an seine Brust zu reißen und zu

Weitere Kostenlose Bücher