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Zärtlicher Hinterhalt

Zärtlicher Hinterhalt

Titel: Zärtlicher Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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den besten Jahren, aber zweifellos dem Alkohol ergeben und übertrieb es mit der Reinlichkeit nicht unbedingt – soweit man die geschwollene Nase und die schmuddeligen Kleider als Indizien nahm. Hannah konnte nur hoffen, dass ihm ihr Anblick eine Inspiration war; das schickliche schwarze Reisekleid und die aufrechte, in jeder Hinsicht untadelige Haltung.
    »Miss Setterington?«, fragte er schließlich.
    »Ja, das bin ich.«
    Im seltsamen Dialekt Lancashires erwiderte er. »Ich soll Sie nach Raeburn Castle bringen.«
    Hannah starrte die Karre mit den zwei Holzrädern an, die zersplitterten Seitenwände und das vermoderte Heu hinten auf der Ladefläche, und wusste sofort, wie wenig ihr neuer Arbeitgeber von ihr hielt. Hätte sie, wie die meisten anderen Gouvernanten, keine andere Wahl gehabt, als diese Geringschätzung hinzunehmen, hätte sie sich bestimmt geängstigt. Aber sie war Miss Hannah Setterington von der Vornehmen Akademie der Gouvernanten. Überall in ganz England fände sie eine Anstellung und hatte außerdem ein Guthaben bei der Bank von England, das ihr gestattete, diesen Ort auf der Stelle zu verlassen.
    Nicht, dass sie das vorgehabt hätte. Nicht nachdem sie sich diese kleine Ecke in Lancashire mit Bedacht auserkoren hatte – was ihr Arbeitgeber aber nicht zu wissen brauchte.
    Für heute wollte sie nur noch eine heiße Mahlzeit und einen warmen Platz zum Schlafen. »Und wer sind Sie?«, fragte sie.
    Der herrische Tonfall ließ ihn den Kopf heben. Er linste durch die grau-braunen Zotteln, die ihm in die Augen hingen. »Ich bin Alfred.«
    »… der Unpünktliche!« Sie wies die Stufen hinauf. »Mein Gepäck steht auf dem Bahnsteig. Ein Korb und eine Reisetasche. Holen Sie es – aber beeilen Sie sich, damit wir uns endlich auf den Weg machen können.«
    Er starrte sie so lange mit offenem Mund an, bis sie ihn angeiferte: »Bewegen Sie sich!«
    Alfred reagierte, wie ein Hund auf ein scharfes Kommando reagiert; er zog die Lippen hoch, zeigte kurz trotzig die Zähne und stieg dann gehorsam von seinem Karren. Während sich ihr Kutscher mit hängenden Schultern zum Gepäck schleppte, raffte Hannah die Röcke, kletterte hoch und nahm auf dem Holzbrett Platz, das den Fahrersitz bildete. Vom hinteren Ende des Karrens ertönte das erbärmliche Geschnaufe Alfreds, der gerade ihre Reisetasche auf den Heuhäufen hievte, in dem hoffentlich kein Ungeziefer hauste. Hannah nahm sich vor, ihre Garderobe zu untersuchen, falls sie irgendwann ihr Zimmer auf Raeburn Castle erreichte. Was aber, so träge wie Alfred sich bewegte, vielleicht niemals der Fall war.
    »Jetzt aber los! Wir wollen den Herrn nicht ewig warten lassen.«
    Die aufmunternden Worte führten zu keiner merklich erhöhten Geschwindigkeit. Ihr blieb noch Zeit genug, den Rock zurechtzuzupfen und sich mit Bedacht ans äußerste Ende der Bank zu setzen, bevor er sich neben ihr hochzog und eine neue Ladung Ale- und Körpergeruch verströmte. Er füllte mehr als seine Hälfte der Bank aus, nicht etwa, weil er korpulent gewesen wäre, sondern seiner breiten Schultern wegen. Zudem fielen ihr die breiten Hände auf, als er die Zügel hob, um das Pferd anzutreiben – eine Schindmähre von derselben mutlosen Müdigkeit wie ihr Kutscher. Das Tier lehnte sich ins Zaumzeug und zog den Karren ein Stück, dann erst folgte langsames Hufgeklapper.
    »Er ist nicht mein Herr«, sagte Alfred.
    »Wie bitte?« Hannah begriff, dass die Worte ihrer Bemerkung von zuvor galten. »Sie arbeiten nicht für den Earl of Raeburn?«
    »Ich arbeite auf Raeburn Castle. Schon mein ganzes Leben lang. Aber der Herr, den wir jetzt haben, ist nicht der, unter dem wir angefangen haben, und wird auch nicht der sein, der am Ende bleibt.«
    Sie ging den mürrischen Kommentar in Gedanken noch einmal durch, bevor sie erwiderte: »Ich würde sagen, das ist auf Erbschlössern immer der Fall.«
    »Der vierte Lord in genauso vielen Jahren.«
    »Gütiger Himmel!« Als sie oben auf dem Hügel anlangten, streifte eine leichte Brise ihre Wange, und vorübergehend sah sie die dunklen Umrisse von Bäumen, die sich zu ihr herunterbeugten. »Welches Unglück ist für all diese Veränderungen verantwortlich?«
    »Verflucht!«
    Der Nebel erhob sich abermals und ließ die Bäume verschwinden.
    »Wie bitte?«
    Alfred warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Die Familie ist verflucht.«
    »Ach!« Hannah konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er war anscheinend einer dieser sonderbaren Männer, die ihren Spaß daran

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