Zärtlicher Hinterhalt
ihrem Nacken zu erkunden. Sie beruhigte sich, lag geborgen in seinen Armen und sah ihm ins Gesicht, als fasziniere sie dort irgendetwas.
Gut. Das war sehr gut. Er konnte nicht anders als lächeln, was ihr zu zeigen schien, wie sehr er seinen Triumph genoss, denn nun wandte sie den Blick ab und wand sich in seinen Armen, als wolle sie endgültig fort. Er war dabei, sie zu zähmen, sie handzahm zu machen, was sie bemerkt zu haben schien, so wie sie sich sträubte.
»Sch«, flüsterte er, obwohl sie keinen Laut von sich gegeben hatte.
»Wie haben Sie das gemacht?«, blaffte sie ihn schließlich an.
Er hatte sie für ein Mädchen gehalten; doch offensichtlich war sie eine Frau, denn sie stellte eine dieser Fragen, erwartete eine dieser Antworten, während er nicht die geringste Ahnung hatte, wovon sie sprach.
»Wie machen Sie das, all meine Sinne auszuschalten?
«
, insistierte sie. »Ich kann nichts hören, nichts sehen, nichts riechen, wenn Sie mich berühren. Ich kann nur selber berühren …«,
Ihre Stimme verlor sich, und er murmelte: »Und fühlen auch?«,
»Ja.«, Sie flüsterte wieder. »Und fühlen auch.«
Sie schaute ihm unverwandt ins Gesicht und fuhr mit dem Finger versuchsweise die Linie an seinem Mund entlang, die Narbe unterhalb seines Auges und die samtige Kontur seiner Lippen.
»Und, bist du dir nun über alles klar geworden, meine Süße?
«
, schnurrte Dougald.
»Ja. Ich bin ein liederliches Weibstück.
«
»Das will ich doch hoffen«, neckte er sie.
Ein Fehler. Augenblicklich hingen ihr die Tränen in den Wimpern. Er hatte sich für genial gerissen gehalten, doch dabei vergessen, dass Hannahs Mutter einer Liebschaft wegen in Schande gefallen war. Und dass Hannah vom Tag ihrer Geburt an mit dieser Schande hatte leben müssen. Er strich ihr das Haar aus der Stirn, staunte über die seidige Beschaffenheit der blonden Strähnen und ließ seine Stimme sanft und einschmeichelnd klingen. »Du reagierst mit einer gewissen Empfänglichkeit, aber das ist nichts, dessen du dich schämen müsstest. Die Erlösung, die wir in der Leidenschaft finden, bringt uns unserem Wunsch, uns in die Lüfte zu erheben, so nah wie nichts sonst. Du bist so schön, Hannah. Du rührst an mein Herz und meinen Verstand. Ich habe miterlebt, welchen Schaden ein gedankenloser Gatte einem Ehebund zufügen kann. Warum vertraust du mir nicht? Ich schenke dir meine ganze Aufmerksamkeit, meine aus tiefstem Herzen stammende Hingabe. Ich werde dich nicht hintergehen, weder körperlich noch in Gedanken. Eine Ehe gilt auf ewig, sie ist ein Schwur, den man im Bewusstsein ausspricht, sich daran zu halten. Wir werden glücklich sein. Du hast so vieles, das du mir geben kannst. Deinen Charme, deine Geschicklichkeit im Umgang mit Menschen, deine Freundlichkeit – sie werden mein Leben komplett machen.
«
»Und was werden Sie mir geben?«
Jemine, hörte dieses Mädchen sich wehleidig an! Was bildete sie sich ein? Kamen ihr vielleicht Bedenken? Hatte sie erkannt, dass alles, was er sagte oder tat, akribisch inszeniert war?
Also griff er mit einem Kuss nach ihrer Seele. Ihrer beider Lippen verschmolzen, und er geleitete sie in einen neuen Tanz, einen, den sie nie zuvor getanzt hatte, und er schwelgte i ihrer Sinnlichkeit. Sie stöhnte. Sie schmeckte wie Herbstäpfel und Sommerweizen und Hannah. jede Berührung ihrer Zunge wirbelte ihn der Glückseligkeit näher.
In einem Aufblitzen der Vernunft erschien ihm das falsch. Er löste sich von ihr und blickte auf sie hinab. Diese schimmernden Rehaugen, diese vollen, feuchten Lippen, diese sanft gerundeten Wangen. Er durfte sich nicht so geben lassen. Er war der Ältere, er war der Mann. Doch wenn er Sich nicht in Acht nahm, würde sie ihn umgarnen, wie er sie hatte umgarnen wollen. Was unerträglich gewesen wäre, sogar … unmöglich …. Männer liebten nicht. Jedenfalls nicht, wie Frauen es taten. Wenn er Hannahs Herz erst gewonnen hatte, war sie in seiner Hand. Und so sollte es auch sein. So hatte er es geplant.
Sie schien in seinem Gesicht ein gewisse Bestürzung entdeckt zu haben, denn sie fragte: »Was ist denn los?«
»Nichts.« Nein, er hatte alles richtig gemacht, konnte gar nicht scheitern.
Die Sterne glitzerten. Der Hengst schnaubte. Der Pfad wand sich um eine Baumgruppe herum.
Dougald
hatte
alles richtig gemacht. Dieses junge, süße, unschuldige Mädchen hatte die Leidenschaft zwischen ihnen beiden für Liebe gehalten. Er hatte ihren Irrtum ausgenutzt und mit Bedacht ihre
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