Zärtlichkeit des Lebens
nicht weggefahren, wenn ich geahnt hätte, daß du kommst.«
»Das weiß ich, Benedict.«
»Ich habe die Zeitungen gelesen.« Er machte es sich in dem Sessel neben ihr bequem. »Bei dir hat sich allerhand getan. Das Delacroix-Kulturzentrum, eine überraschende Blitzheirat mit Byron Lloyd, dann deine gleichermaßen unerwartete Erbschaft.«
»Ein hervorragendes Jahr«, murmelte sie.
»Erzähl mir davon.«
»Ich habe jemanden gefunden, mit dem ich nicht sehr gut harmoniere, Benedict.«
»Meine Glückwünsche.«
Sie lachte und lehnte sich zurück. »Du liebe Güte, deshalb bin ich zurückgekommen. Ich mußte wieder einmal lachen.« Sie beugte sich vor und nahm seine Hände. »Ich liebe ihn, Benedict, und ich glaube – nein, ich weiß, daß er mich auch liebt. Aber irgendwie reicht es nicht.«
»Warum?«
»Er läßt mich nicht an sich heran.« Sie drückte ihm in ihrer Verzweiflung die Hände und ließ sie dann los. »In den ersten paar Wochen nach unserer Hochzeit fing er langsam damit an, sich zu öffnen. Doch dann hat er sich mir wieder verschlossen.
Er stößt mich zurück, er haßt es richtiggehend, mich auch seelisch zu lieben, wenn du das nachvollziehen kannst.
Vielleicht muß man Byron kennen, um das zu verstehen.«
»Du kennst ihn«, sagte Benedict. »Verstehst du es?«
»Ja.« Sarah lehnte sich wieder vor und ließ die Worte aus sich heraussprudeln. »Er ist voller Gefühle, nicht unbedingt nur angenehmen. In ihm ist noch viel Bitterkeit und Wut von seiner Kindheit her angestaut. Viele Jahre über hat er seine Wut gezügelt. Anscheinend durchbreche ich zu oft seinen Panzer.
Byron traut Gefühlen nicht. Er wollte sich nicht in mich verlieben. Das hat er mir selbst gesagt. Eines der schwierigsten Dinge, die er je getan hat, war wohl, seine Liebe zu mir sich selber und dann mir einzugestehen. Damit hat er mir eine gewisse Macht gegeben.«
»Aber er hat es dir gesagt.«
»Ja.« Sarah lächelte in der Erinnerung daran. »Auf seine Weise. Bei Haladay hält er die Macht in Händen, und er weiß sie zu gebrauchen. In unserer Ehe war das Machtverhältnis zwischen uns ausgewogen. Und das hat ihm nicht gepaßt. Er ist ein Mensch, der nicht oft genug lockerlassen kann und der niemandem vertraut. Dennoch kann er zärtlich sein. Ach, Benedict, wenn ich Byron mit einem Wort beschreiben müßte, würde ich ihn als
kompliziert
bezeichnen. Das deckt es weitgehend ab.«
»Du bist doch noch nie vor Schwierigkeiten zurückgeschreckt, Sarah.«
»Vor dieser schon«, sagte sie leise. »Ich bin vor ihr davongelaufen. Am Abend vor Max’ Tod hatten Byron und ich uns sehr böse gestritten. Er verließ das Penthouse. Ich habe später erfahren, daß er in Max’ Büro hinuntergegangen ist und eine Meinungsverschiedenheit mit ihm hatte.« Sie spürte, wie sich ihre Bauchmuskeln verkrampften. Dennoch zwang sie sich, weiterzuerzählen. »Nach der Testamentseröffnung fand ich mich auf einmal als Besitzerin eines Dreißig-Prozent-Anteils von Haladay wieder. Ich forderte Erklärungen. Und mir haben die, die ich bekam, nicht gefallen.«
Sie erhob sich jetzt, weil sie es nicht mehr in ihrem Sessel aushielt. »Byron hatte von dem Anteil gewußt. Nachdem ich eine Weile darüber nachgedacht habe, kann ich Max’ Gedankengang akzeptieren. Was das Geschäftliche betraf, war er ein eigennütziger Mensch. Er wollte, daß auch nach seinem Tod alles in seinem Sinn weiterginge und suchte sich die Leute aus, deren er sicher sein konnte. Wie dem auch sei, ich dachte nicht so logisch, wie ich es hätte tun können. Ich hatte diesen alten Mann aufrichtig gern. Und wie ich diesem blöden Anwalt in seinem dunklen Dreiteiler bei der Testamentseröffnung zuhören mußte… nun ja, irgendwie verankerte sich da eine Idee in meinem Kopf. Und ich habe sie weiterverfolgt. Ich schäme mich einzugestehen, daß ich leicht zu beeinflussen war.«
»Deine Schutzmechanismen waren beeinträchtigt, Sarah. Du bist schließlich nicht unbesiegbar.«
»Ja, das habe ich mir auch gesagt.« Sie starrte zum Fenster hinaus. »Es hat nichts geholfen. Ich habe Byron gegenüber den Anteil erwähnt. Wenn er vielleicht nicht so unbeteiligt getan hätte, wenn er verstanden hätte, wie sehr ich gerade da seine Hilfe brauchte… Aber weder er noch ich haben die Bedürfnisse des anderen wahrgenommen. Das passiert uns oft. Ich habe ihn um ein Haar beschuldigt, daß er geplant hat, die Aktienmehrheit an Haladay mit meinem zusätzlichen Anteil an sich zu reißen.«
»Hast du
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