Zärtlichkeit des Lebens
das vermutet?«
Sie drehte sich um. In ihren Augen lag Trauer und Bedauern.
»Ich wollte, daß er mir das Gegenteil versicherte, daß er sagte:
›Sarah, ich liebe dich. Du bedeutest mir mehr als irgendwelche Anteile oder Haladay.‹ Und als er das nicht tat, fragte ich ihn nach seiner Auseinandersetzung mit Max. Ich wollte ihn aufrütteln, ihm irgendeine Gefühlsregung entlocken. Er hatte sich seit Max’ Tod völlig verschlossen – keine Trauer, nichts, und hat mir nur erklärt, seine Gefühle gingen mich nichts an. Da erkannte ich, daß ich nicht mit einer Beziehung fortfahren wollte, in der ich nie Nähe spüren kann, nie eine wirkliche Verbindung. Liebe allein reicht nicht. Mir jedenfalls nicht.«
»Und was willst du jetzt tun?«
»Ich habe noch nicht alle nötigen Entscheidungen getroffen«, meinte sie. »Ich brauche wohl etwas Zeit. Vor meiner Abreise aus Phoenix habe ich den Anwalt aufgesucht und Byron meinen Anteil an Haladay übertragen.«
»Wolltest du das denn?«
»Ja.« Sie holte tief Luft. »Ja, der Anteil könnte für Byron wichtig sein. Mir bedeutet er nichts.«
»Und was wünschst du dir für dich selber, Sarah?« Er stand auf und ging zu ihr. »Was ich mir immer gewünscht habe: Bauen. Erfolgreich sein. Ich will auch Byron. Aber das wird wohl kaum möglich sein. Nicht so, wie ich es will. Also muß ich mich auf meine ersten beiden Wünsche konzentrieren.« Sie schluckte und sank ihm dann wieder in die Arme. »Aber im Augenblick fühle ich mich nicht sehr stark. Ich fürchte, ich finde mich bald im Flugzeug nach Phoenix wieder, wo ich bereitwillig alles hinnehme, was er mir zugesteht. Ich liebe ihn sehr, Benedict. Doch ich werde mich dafür hassen, wenn ich wieder zu ihm zurückkehre.«
»Sarah.« Er rückte ein wenig ab, damit er ihr in die Augen schauen konnte. »Laß dir ein wenig Zeit. Du gewinnst wieder an Kraft. Dann wirst du die richtige Entscheidung treffen, wie immer sie auch ausfallen mag.«
»Meinst du wirklich?« fragte sie, wobei ihr ein mattes Lächeln glückte.
»Ja, ich kenne dich doch. Gönne dir etwas Schönes. Verreise für einige Zeit. Bleib nicht hier, nicht in New York. Das birgt zu viele Erinnerungen für dich.«
»Ja«, stimmte sie zu. »Das habe ich auch schon gemerkt.«
»Warum gehst du nicht zum Skifahren? Du bist doch eine begeisterte Skiläuferin.«
»Zum Skifahren?« Sie dachte eine Weile darüber nach, dann wurde ihr Lächeln intensiver. »Ja, das würde ich gern. Aber um diese Zeit liegt in Vermont nicht genug Schnee.«
»Du bist ein paar Wochen zu früh dran.« Benedict küßte sie freundschaftlich auf die Nase. »Fahr doch nach St. Moritz.«
»St. Moritz?« Sarah lachte. »In die Schweiz?«
»Warum denn nicht?«
Sie machte den Mund auf, aber es fiel ihr kein Grund ein, der dagegen sprach. »Ja, warum eigentlich nicht?«
Sarah glitt sicher den Hang hinunter. Sie genoß die Geschwindigkeit und das Prickeln des Windes im Gesicht. Die Welt erschien ihr weiß, offen und frei. Ihre trainierten Muskeln reagierten schnell, waren auf jede Drehung, jede Kehre vorbereitet. Ihr Atem stieg als Dampfwolke auf und verlor sich hinter ihr. Am Ende der Abfahrt bremste sie im hoch aufstiebenden Schnee. Lachend schob sie sich die Schneebrille hoch.
»Angeberin.« Dallas kam auf sie zu. »Es gibt nichts Ekelhafteres als Angeber, vor allem dann, wenn sie tatsächlich was können.«
»Hallo.« Sarah bückte sich, um die Bindung aufzumachen.
»Ich dachte, du hättest heute vormittag Unterricht bei diesem blonden Hünen gehabt.«
»Hatte ich auch. Wir sind schon fertig.« Sie schaute zu, wie Sarah mit Ski und Stöcken hantierte. »Du bist drei Stunden auf der Piste herumgedüst.«
»Ach, das tut mir leid.« Sarah drehte den Kopf und warf Dallas einen Blick zu. »Das habe ich gar nicht gemerkt.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Jens hat mich schon beschäftigt. Weißt du…«, sie atmete die dünne, klare Luft tief ein. »Mir ist schon immer eine furchtbar reiche Freundin abgegangen. Es ist so nett, wenn jemand aus heiterem Himmel anruft und sagt: ›Pack deinen Koffer, wir fahren nach St.
Moritz.‹« Dallas grinste. »Irgendwie peppt das einen ganz schön auf.«
»Eine nette Abwechslung von Sonne und Kakteen.« Sarah schulterte die Ski und wies mit dem Kopf in Richtung auf ein kleines Cafe. »Was hältst du von einer heißen Schokolade? Hast du’s heute geschafft, dich auf Skiern fortzubewegen?«
»Nur mit Müh und Not.« Sie wartete, bis Sarah
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