Zärtlichkeit des Lebens
Kuchen bekommt.«
Verdammt, Sarah. Ich schaue Sie an und erkenne in Ihrem
Ehrgeiz mich selbst wieder.
Sarah konnte Haladay diese Worte sagen hören, als stünde er mit ihnen im Zimmer. Weil plötzlich heftige Trauer in ihr aufstieg, wandte sie sich ab.
»Wenn er mir das doch persönlich gesagt hätte«, murmelte sie. »Wenn er das doch erst mit mir besprochen hätte.«
»Max tat prinzipiell das, was er wollte.«
Sarah nickte, dann drehte sie sich um. »Du wirst jetzt Vorstandsvorsitzender?«
»Der Vorstand wird darüber abstimmen.« Er starrte auf den Brandy. »Doch, ja, sie werden mich zum Vorstandsvorsitzenden wählen.«
»Und mit meinen dreißig Prozent hast du die Aktienmehrheit.«
Er warf ihr einen wachsamen Blick zu. »Diese Rechnung wird manchen Leuten in den Sinn kommen.«
»Ich frage mich, Byron, wie sehr du dir das gewünscht hast.«
Er verstärkte den Griff um das Glas. »Geh ins Bett, Sarah.«
»Hast du Max an dem Abend, bevor er starb, gesprochen?«
Sie sah, wie sich seine Miene veränderte. Aber es ging zu schnell, als daß sie es hätte deuten können. Sein Gesichtsausdruck war wieder verschlossen, als er antwortete.
»Ja.«
Sarah spürte, wie sich der Kopfschmerz als langsames, gleichmäßiges Pochen in ihrem Hinterkopf aufbaute. »Warum?«
»Das geht nur mich etwas an.«
»Hast du dich mit ihm gestritten?«
Byron sagte nichts, hielt ihrem Blick aber stand.
»Verdammt, Byron, sag’s mir. Seine Tabletten steckten noch in seiner Sakkotasche. Wenn er sich mit dir gestritten hat, wenn er sich aufgeregt hat…«
»Ich habe dir gesagt, du sollst ins Bett gehen, Sarah.« Er lockerte den Griff um das Glas, da er wußte, daß es sonst unter dem Druck seiner Finger zerbersten würde.
»Er hat dir alles gegeben!« schrie sie, zornig über seine Reserviertheit. »Du warst für ihn der Sohn, den er sich immer gewünscht hat. Er liebte dich. Kümmert dich das nicht? Hast du denn gar kein Gefühl, Byron?«
»Meine Gefühle gehen dich nichts an, Sarah.«
Wenn er sie geschlagen hätte, wäre das nicht so schlimm gewesen. Byron hörte, wie sie nach Luft schnappte und dann bebend ausatmete. »So ist das also? Mit diesem Wissen kann ich nicht leben. Ich habe es riskiert… und dabei verloren.« Sie atmete noch einmal hörbar aus. »Ich hoffte, du würdest mir allmählich vertrauen, mich mit der Zeit näher an dich herankommen lassen. Aber das war falsch. Mir reicht eine solche Ehe nicht, Byron. Ich will alles – oder nichts.«
Byron zuckte mit den Schultern, dann trank er wieder. »Das ist deine Sache.«
Sie drehte sich um und ging ins Schlafzimmer, um ihre Sachen zu packen. Als sie herauskam, war er nicht mehr da.
30
Sarah stand im zwanzigsten Stockwerk und sah auf das Verkehrsgewühl in den Straßen hinunter. Sie hatte nicht das Gefühl, heimgekommen zu sein, wie sie es gerne gehabt hätte, sondern kam sich vor, als säße sie zwischen zwei Stühlen, als starre sie auf eine Uhr, deren Zeiger sich weder vor noch zurück bewegten.
Wie hatte Dad doch immer gesagt?
Eine stehengebliebene
Uhr zeigt zweimal am Tag die richtige Zeit an.
Diesmal nicht, dachte sie seufzend. Sie hörte nicht, wie die Tür hinter ihr aufging und jemand ihren Namen rief. Erst als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte, wirbelte sie herum.
»Ach, Benedict.« Sie fiel ihm in die Arme und klammerte sich an ihn.
Alles Vertraute an ihm überflutete sie; wie er roch, wie sein Bart an ihrer Wange kratzte, der sanfte Klang seiner Stimme, die noch leicht von der Bostoner Sprechweise geprägt war. Sie wollte in seinen Armen Schutz suchen und alles vergessen.
Doch selbst wenn sie die Uhr bis zum Zeitpunkt ihrer letzten Umarmung hätte zurückdrehen können, so war sie sich doch nicht sicher, ob sie das auch wirklich tun würde.
Langsam löste sich Sarah aus der Umarmung, um ihn anzuschauen. Nachdem sie ihm beide Hände auf die Wangen gelegt hatte, lächelte sie. »Benedict, wie schön, dich zu sehen.
Pat meinte, ich könnte hier auf dich warten.«
»Sarah, seit wann bist du in New York?« Er redete fröhlich drauflos, als er sie zu einem Stuhl führte, aber seinem von Berufs wegen scharfsichtigen Auge war ihre Blässe nicht entgangen. Sie hat auch abgenommen, dachte er.
»Seit letzter Woche. Du warst nicht da.« Sie lächelte noch einmal, als sie sich in einen tiefen, weichen Sessel setzte. »Also habe ich beschlossen, mich an dem Morgen, an dem man dich zurückerwartete, auf deiner Schwelle niederzulassen.«
»Ich wäre
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